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27.06.2018 Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit — Anhörung — hib 463/2018

Echo auf EU-Kohlendioxid-Vorschlag

Berlin: (hib/FLA) Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung zur Verringerung der Kohlendioxidemissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen hat im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine unterschiedliche Bewertung gefunden. Einigen Sachverständigen ging er nicht weit genug, andere kritisierten grundsätzlich den angepeilten Weg. Das ergab eine öffentliche Anhörung unter der Leitung der Ausschuss-Vorsitzenden Sylvia Kottig-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen).

Hubertus Bardt vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln meldete „erhebliche Zweifel an der Effektivität“ des EU-Vorschlags an. Unter anderem kritisierte er, dass nur Neufahrzeuge berücksichtigt würden, „so dass keine Wirkung für aktuelle Bestandsfahrzeuge, das Fahrverhalten oder die Verkehrsmittelwahl erzielt werden kann“. Er kritisierte, dass die vorgesehene Regulierung nur auf die Angebotsseite abhebe: „Die Entscheidung über den Kauf eines Fahrzeugs trifft aber die Nachfrageseite, der Kunde.“ Die wollten aber keine Leistungseinschränkung gegenüber konventionellen Fahrzeugen - von Ladedauer und Ladezeiten über die Reichweite bis zum Wiederverkauf.

Frank Iwer (IG Metall) zeigte sich skeptisch, ob der vorgesehene Zielwert erreicht werden kann. Der sei „ambitioniert“ und beinhalte zahlreiche Voraussetzungen. Iwer rechnete vor, dass entgegen anderen Erwartungen bis 2030 in der Produktion von Antrieben 70.000 Stellen in Deutschland entfallen würden. Wobei schon berücksichtigt sei, dass etwa 30.000 neue Stellen für Komponenten wie Batterien oder Leistungselektronik entstünden.

Prof. Peter Gutzmer (Schaeffler AG) befand, dass batterieelektrische Fahrzeuge „nicht per se“ die Kohlendioxidemissionen senkten: „Entscheidend ist der Strommix bei der Batterieproduktion und bei der Nutzung.“ Eine einseitige Fokussierung auf reine Elektromobilität erfordere „einen zeitgleichen massiven Ausbau der regenerativen Energieerzeugung und entsprechender Infrastruktur, insbesondere Speicherung, Netzausbau und Ladeinfrastruktur“. Synthetische Kraftstoffe, ob gasförmig oder flüssig, böten eine „attraktive Möglichkeit, große elektrische Energiemengen relativ einfach zu speichern“. Ihre Beimischung in den konventionellen Kraftstoff könne die Kohlendioxidemissionen schon jetzt „deutlich reduzieren“. Nach seiner Ansicht ist „eine unnötig verstärkte Fokussierung auf reine E-Mobilität stark gefährdend für stabile Arbeitsplätze in Europa“.

ADAC-Vertreter Reinhard Kolke stufte ambitionierte Kohlendioxid-Grenzwerte als „wichtig für den Schutz von Umwelt und Ressourcen“ ein. Indes bleibe die EU-Kommission mit ihrem Verordnungsvorschlag „hinter den Erwartungen des ADAC zurück“. Er empfehle die „Festschreibung eines absoluten Kohlendioxid-Grenzwertes“. Die von der EU-Kommission vorgeschlagene prozentuale Reduzierung, deren Berechnungsgrundlage erst 2021 auf Basis der 2020er Daten vorliege, liefere „derzeit keinen nachvollziehbaren Zielwert“. Zu einer Reihe von ADAC-Positionen zur Kohlendioxid-Minderung im Straßenverkehr zählt auch der Verweis auf eine kraftstoffsparende Fahrweise. Der verbindliche Einbau von Verbrauchsanzeigern oder Spritspartrainings könnten dabei helfen.

Gregor Kolbe (Verbraucherzentrale Bundesverband) nannte den EU-Entwurf einen „wichtigen Beitrag, den Treibhausgasausstoß des Verkehrssektors zu senken“, der aber hinter den Erwartungen zurückbleibe. So fordere der Verband „ein deutlich ambitionierteres Reduktionsniveau für die Kohlendioxid-Flottenausstoß von 25 Prozent bis zum Jahre 2025 und 45 Prozent bis 2030. Statt eines reinen Bonus-Systems für den verstärkten Absatz von Elektroautos solle ein Bonus-Malus-System eingeführt werden.

Prof. Kurt Kirsten (APL Automobil-Prüftechnik Landau GmbH) stellte fest, dass es auf der Erde keine Energiemengenproblem gebe. Entscheidend sei die Frage des richtigen Mixes. Wenn “Strom in speicherdichterer Form veredelt„ würde - synthetischer Kraftstoff -, dann sei “Kohlendioxid kein Thema mehr„.

Prof. Manuel Frondel (RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung) machte sich dafür stark, die Kohlendioxidemissionen von Autos in den Emissionshandel mit einzubeziehen statt Standards vorzugeben. Auch stellten “Kraftstoffsteuern effektivere Maßnahmen dar, um den Kraftstoffverbrauch zu senken, als Effizienz-Standards„. Mit energieeffizienteren Pkw werde aufgrund der geringeren Kraftstoffkosten pro Kilometer tendenziell mehr gefahren als mit weniger effizienten Pkw. Dadurch werde ein Teil der Sprit-Einsparungen durch höhere Effizienz wieder zunichte gemacht (“Rebound-Effekte„). Zudem verwies Frondel darauf, dass höhere Effizienz-Standards eben “nur für Neufahrzeuge gelten, nicht für die gesamte Fahrzeugflotte„. Hingegen würde höhere Kraftstoffsteuern “bei allen Pkw-Haltern für unmittelbare Anreize sorgen, weniger zu fahren„.

Peter Mock (The International Council on Clean Transportation - icct) legte dar, dass laut Vorschlag der EU-Kommission die durchschnittlichen Kohlendioxid-Emissionen neuer Pkw bis 2025 auf 81, bis 2030 auf 67 Gramm pro Kilometer sinken müssten - durchschnittlich 3,9 Gramm Reduktion pro Jahr. Dabei verlange schon die aktuelle Regelung (2016 bis 2021) eine Minderung von 5,1 Gramm: “Somit ist der Kommissionsvorschlag weniger ambitioniert als die bisherige Regelung, obwohl mit zunehmender Elektrifizierung der Fahrzeugflotte weitaus größere Reduktionen als bislang allein mit Verbrennungsmotoren möglich werden.„

Christian Hochfeld (Agora Verkehrswende) forderte ein “höheres Ambitionsniveau„ bei der Festsetzung der Grenzwerte. Sonst würden auch Innovationen in anderen Ländern geleistet - zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie.

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