Asylrechtsänderung umstritten
Berlin: (hib/wid) Die Absicht der Bundesregierung, Asylberechtigte künftig zur Mitwirkung in Verfahren zu verpflichten, die die Aufhebung ihre Flüchtlingsstatus zur Folge haben können, findet überwiegend die Zustimmung der Praktiker in Justiz und Verwaltung. Kritik äußerten dagegen am Montag in einer Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat die Vertreter der Anwaltschaft. Generell haben die Behörden drei Jahre nach einem positiven Asylbescheid zu überprüfen, ob die Voraussetzungen dafür noch vorliegen. Bisher können sie die Betroffenen nicht verpflichten, sie dabei durch eigene Angaben zu unterstützen. Mit einer Änderung des Asylgesetzes (19/4456) will die Bundesregierung hier nun Abhilfe schaffen.
Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Hans-Eckhard Sommer, wies in der Anhörung darauf hin, dass seine Behörde bis Ende 2020 nicht weniger als 773.000 Asylbescheide zu überprüfen habe. Dies sei eine „bis dato einmalige“ Herausforderung, von der zu befürchten sei, dass sich in diesem Zeitraum sämtliche Ressourcen auf Widerrufsverfahren konzentrieren könnten. In dieser Lage sei die geplante Einführung einer Mitwirkungspflicht der Betroffenen ein „wichtiger und zielführender Beitrag“ von „außerordentlicher Bedeutung“ für die Arbeit des BAMF. Die Behörde hätte damit etwa die Möglichkeit, ärztliche Atteste direkt von den Asylberechtigten anzufordern, um Klarheit über mögliche Abschiebehindernisse zu gewinnen.
Von einem „sehr, sehr guten Gesetz“, von dem er sich viel erhoffe, sprach auch der Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Engelhard Mazanke. Er wies darauf hin, dass Asylberechtigte nach drei Jahren einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis stellen können, die ihnen ein dauerhaftes Bleiberecht garantiert. Die zuständigen Ausländerbehörden könnten über solche Anträge aber erst entscheiden, wenn das BAMF ihnen bestätige, dass sich an den Gründen für die Asylberechtigung der Betroffenen nichts geändert habe. Derzeit sei die Nürnberger Behörde aber regelmäßig außerstande, eine solche Überprüfung innerhalb der gebotenen Frist vorzunehmen. Wenn die Einführung einer Mitwirkungspflicht der Betroffenen dazu helfe, die Widerrufsverfahren zu beschleunigen, sei dies zu begrüßen.
Der Leiter der Rechtsabteilung der Berliner Vertretung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Roland Bank, machte geltend, dass aus völkerrechtlicher Sicht der Rücknahme fehlerhafter Asylentscheidungen oder dem Widerruf eines Flüchtlingsstatus nach Wegfall der Voraussetzungen nichts im Wege stehe. Die Genfer Flüchtlingskonvention diene schließlich nicht dem Zweck, „Personen Schutz zu gewähren, die dieses Schutzes gar nicht bedürfen“. Die Mitgliedsstaaten der EU seien europarechtlich sogar verpflichtet, Asylberechtigten den Schutz zu entziehen, wenn die Voraussetzungen dafür nicht mehr gegeben seien. Allerdings sei jeder Widerruf unter den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit eingehend zu prüfen. Eine solche Maßnahme dürfe auch nicht anlasslos, sondern nur bei „konkreten Anhaltspunkten für den Wegfall des Schutzbedarfs“ erfolgen.
Für den Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein wandte sich Berenice Böhlo gegen die Annahme, es habe in den Krisenjahren 2015 und 2016 zahlreiche fehlerhafte Asylbewilligungen gegeben, die nun um der „Befriedung der gesellschaftlichen Verhältnisse“ willen dringend zu korrigieren seien. Böhlo sprach von einer Scheindebatte. Dass damals Asylbewerber eine überforderte Behörde massenhaft getäuscht hätten, treffe nicht zu. Der Anteil der tatsächlich belegbaren Fälle dieser Art liege im unteren einstelligen Prozentbereich. Der gesellschaftlichen Befriedung sei mehr gedient, wenn „Fakten und Tatsachen“ korrekt benannt würden, mahnt Böhlo.
Als „weder notwendig noch geeignet“ kritisierte auch Thomas Oberhäuser vom Deutschen Anwaltsverein den Entwurf. Er sei nicht mehr als ein „monströser Beschäftigungsapparat für das Bundesamt, die Anwaltschaft und die Verwaltungsgerichte“.