BfV-Zeugin: Mit Amri nicht befasst
Berlin: (hib/wid) Ein weiteres Mal hat eine ranghohe Mitarbeiterin des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) bestritten, vor dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz mit der Person des Attentäters Anis Amri befasst gewesen zu sein. „Amri war in meiner Beschaffungseinheit zu keinem Zeitpunkt Gegenstand nachrichtendienstlicher Aufklärung“, sagte die Zeugin Cordula Hallmann am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss („Breitscheidplatz“) Dies habe die gründliche Überprüfung aller verfügbaren Akten ergeben.
Die heute 47-jährige ausgebildete Juristin war zwischen Februar 2015 und August 2018 Referatsgruppenleiterin in der für „Islamismus und islamistischen Terrorismus“ zuständigen Abteilung 6 des BfV und in dieser Funktion mit „Erhebung und Auswertung von Informationen im Internet“ betraut. Dabei gehe es allerdings weder um eine „anlassunabhängige“ noch „flächendeckende“ Überwachung, betonte die Zeugin. Ihre Mitarbeiter seien lediglich auf Anfrage tätig geworden, wenn zu bestimmten Personen konkrete Verdachtsmomente vorlagen oder wenn die Auswertung öffentlich im Netz zugänglicher Quellen kein klares Bild ergeben habe. In solchen Fällen sei ihre „Beschaffungseinheit“ beauftragt worden, vorliegende Erkenntnisse durch den Einsatz „verdeckter nachrichtendienstlicher Mittel“ zu „verdichten“.
Eine solche Anfrage sei im Fall Amri aber nie an sie herangetragen worden, betonte die Zeugin. Aus ihrer Referatsgruppe habe auch niemand an Besprechungen des Gemeinsamen Terror-Abwehr-Zentrums (GTAZ) der deutsche Sicherheitsbehörden teilgenommen, in denen Amri im Laufe des Jahres 2016 siebenmal zur Sprache kam. Für sie selbst gelte das in jedem Fall, und „es würde mich erstaunen, wenn jemand von meiner Referatsgruppe dazu geladen worden wäre“. Wer mit einem in Rede stehende Fall selber nicht betraut sei, sei bei solchen Besprechungen in der Regel nicht zugegen, „und zum Fall Amri sind wir nicht gefragt worden“.
Einen Grund dafür vermochte die Zeugin nicht zu nennen. Sie erinnerte, wie vor ihr bereits andere im Ausschuss vernommene Verfassungsschützer, lediglich daran, dass ihre Behörde 2016 „viele Fälle in der Bearbeitung gehabt“ habe, und dass Amri unter diesen „keine so herausragende Bedeutung“ zugekommen sei. Auch der Umstand, dass das GTAZ sich mehrfach mit ihm befasst habe, habe Amri aus damaliger Sicht keineswegs über andere vergleichbare radikalislamische Gefährder hinausgehoben. Das sei in vielen Fällen so gehandhabt worden. Die Zeugin wiederholte in diesem Zusammenhang die Aussage anderer Vertreter ihrer Behörde vor dem Ausschuss, Amri sei „durch die Polizeibehörden und flankierend durch das BfV“, genauer gesagt, durch die Referatsgruppe „Auswertung“, bearbeitet worden.
Im übrigen sei es Sache der auftraggebenden Referate gewesen, zu bestimmen, nach welchen konkret Verdächtigen ihre Beschaffungseinheit im virtuellen Raum habe fahnden sollen: „Es ist nicht so, dass wir flächendeckend zu allen Personen in dem Bereich entsprechende Internet-Recherchen machen. Das ist kapazitätsmäßig nicht zu bewältigen“, sagte die Zeugin. „Die komplette Prüfung der Aktenlage führte zu dem Ergebnis, dass die Person Amri jedenfalls nicht Gegenstand der Bearbeitung war.“