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10.12.2018 Finanzen — Anhörung — hib 971/2018

Bankensektor hat sich stabilisiert

Berlin: (hib/HLE) Nach Feststellungen der Deutschen Bundesbank hat sich der Bankensektor seit der Finanzkrise 2008 „deutlich stabilisiert“. Dies erklärte Bundesbank-Vorstandsmitglied Professor Joachim Wuermeling in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag. So habe sich die durchschnittliche Kernkapitalquote der deutschen Kreditinstitute seit 2008 von 9,6 Prozent auf 16,8 Prozent fast verdoppelt. Auch der jüngste Banken-Stresstest zeige, „dass die deutschen Banken genügend Kapital haben, um einen erheblichen Einbruch der globalen Konjunktur, der die deutsche Volkswirtschaft stark trifft zu überstehen“. „Ja, die Finanzinstitute sind heute besser aufgestellt“, bestätigte auch Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Nach Ansicht von Professorin Isabel Schnabel (Universität Bonn) können die Eigenkapitalanforderungen weiter erhöht werden, ohne dass dies größere Probleme bereiten würde.

In der von der Ausschussvorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleiteten Anhörung ging es um zwei Anträge von Oppositionsfraktionen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (19/4052) ein Bündel von Maßnahmen, um eine neue Finanzkrise zu verhindern. So soll es eine stärkere Fusionskontrolle geben, damit verhindert wird, „dass Kreditinstitute zu groß zum Scheitern werden. Sind sie bereits zu groß, sollen sie entflochten werden.“ Ein Trennbankengesetz soll dafür sorgen, dass Einlagen- und Handelsgeschäft getrennt werden. Für Banken soll es zudem eine Schuldenbremse geben. Weitere Forderungen sind die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Entschleunigung des Handels, die Schaffung eines geordneten Staateninsolvenzverfahrens sowie die Ausbremsung finanzmarktgetriebener Immobilienspekulationen. Förderpolitik und Kapitalanlagen des Bundes sollen auf die Ziele der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ausgerichtet werden.

Für eine Finanztransaktionssteuer spricht sich auch die Fraktion Die Linke aus. Mit umfangreichen Regulierungsmaßnahmen soll eine erneute Finanzkrise verhindert werden, heißt es in ihrem Antrag (19/4241). Auf EU-Ebene soll sich die Bundesregierung zudem für die Einführung eines Finanz-TÜV für Finanzprodukte einsetzen. Weitere Forderungen betreffen die Einführung einer Millionärssteuer und die Erhöhung der öffentlichen Investitionsausgaben. Die nach Ausbruch der Krise vorgenommen Regulierungen bezeichnet die Linksfraktion als unzureichend. Trotz der Regulierungsankündigungen dürfe an Finanzinstrumenten immer noch ohne vorherige Risikoprüfung alles in Umlauf gebracht werden, was nicht ausdrücklich verboten sei. „Weil sich damit sehr viel Geld verdienen lässt, werden von der Finanzindustrie immer neue und meist komplexe Finanzinstrumente entwickelt und vertrieben“, schreiben die Abgeordneten. So seien allein 2016 in Deutschland rund 3,2 Millionen neue Finanzprodukte im Bereich Schuldtitel, strukturierte Produkte und Zertifikate auf den Markt gebracht worden.

Die Deutsche Bundesbank sieht in ihrer Stellungnahme Risiken. Eine „unerwartet starke Eintrübung der wirtschaftlichen Lage“ könnte Verwundbarkeiten im Bankensektor offenlegen. Kleine und mittelgroße Institute könnten insbesondere bei starken Zinsänderungen Risiken ausgesetzt werden. Wie mehrere andere Sachverständige beurteilte auch Bundesbankvertreter Wuermeling die Verbindung von Staatsanleihen und nationalem Bandensystemen in mehreren Ländern als problematisch. Diese Risiken müssten reduziert werden. Dieser sogenannte „Banken-Staaten-Nexus“ sei die wichtigste und nach wie vor ungelöste Herausforderung, urteilte Professor Jörg Rocholl von der European School of Management and Technology in Berlin. Diese wechselseitige Abhängigkeit von Staaten und Banken hätte mit Einführung der Bankenunion 2012 gelockert werden sollen, sei jedoch „heute so eng wie zuvor“. Nach wie vor werde ein zu großer Teil der Verschuldung europäischer Staaten von Banken in diesen Staaten finanziert; eine angemessene Regulierung gebe es nicht. „Banken können demnach prinzipiell unbegrenzt und ohne Eigenkapitalunterlegung in Staatsanleihen investieren“, kritisierte Rocholl. Die von den Oppositionsfraktionen geforderte Einführung einer Finanztransaktionsteuer lehnte er ab, weil die Einführung dieser Steuer mit beträchtlichen negativen Konsequenzen für den Sekundärmarkt von Staatsanleihen verbunden sei. Die Aufhebung der regulatorischen Privilegien von Staatsanleihen bezeichnete Professorin Heike Joebges von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin als nicht sinnvoll. Dadurch würde es zu noch stärkeren Unterschieden bei den Renditen auf Staatsanleihen in Europa kommen, was der Integration von Banken- und Kapitalmarkt entgegenstehen werde. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer hielt Joebges wiederum für sinnvoll. Sie sprach sich zudem für eine Regulierung von Schattenbanken aus. Für eine generelle Finanztransaktionssteuer votierte auch der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister. Er schlug vor, den heutigen Fließhandel an den Börsen durch Auktionen, die etwa alle drei Stunden stattfinden sollten, zu ersetzen. Dann gebe es nur alle drei Stunden Kursdaten, und das „Trading“ werde eingeschränkt

Im Zusammenhang mit der Debatte um Absicherung von Krediten und Anleihen warnte der Deutsche Sparkassen und Giroverband davor, sogenannte „grüne Kredite“, die nach Nachhaltigkeitskriterien vergeben werden, durch eine geringere Eigenkapitalunterlegung zu begünstigen.

Ob die seit der Finanzkrise getroffenen Regulierungsmaßnahmen ausreichen würden, wurde von einigen Sachverständigen bezweifelt. Professorin Dorothea Schäfer von Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sagte, die Politik habe prinzipiell die richtigen Maßnahmen ergriffen. Skeptisch zeigte sie sich, ob die Bankenabwicklung praktikabel sei und ob sich einige Großbanken im Falle eines Falles tatsächlich abwickeln ließen. Angesichts früherer Banken-Rettungsmaßnahmen auf Kosten der Steuerzahler (Bail-out) sprach Nicolas Vernon (Bruegel and Peterson Institute) von einer „Kleinen Revolution“, dass jetzt das Prinzip des Bail-in (Beteiligung zunächst von Aktionären und Gläubigern) gebe. Dass der Verbraucherschutz immer noch unzureichend sei, stellte Dirk Ulbricht vom Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg fest: „Es wird nicht ausreichend kontrolliert, wie den Verbrauchern Finanzprodukte verkauft werden.“ Auch nach der Lehman-Pleite würden Anleger regelmäßig „geprellt und offensichtlich falsch beraten“, sagte Ulbricht mit Blick auf den Container-Verkäufer P&R, durch dessen Zusammenbruch Anleger vermutlich mehrere Milliarden Euro verloren haben.

Professor Gunther Schnabl (Universität Leipzig) sprach sich für eine vorsichtige geldpolitische Straffung durch Zinsanhebungen aus. Dann könne ein „an den Prinzipien der Finanzstabilität ausgerichteter behutsamer Abbau der Regulierung“ erfolgen. Immer stärkere Regulierung könne nicht die Lösung sein. Eine Anhebung der Zinsen könne auch für ein Nachlassen der Spekulation sorgen.

Auf Fragen, inwieweit sich eine mögliche neue Finanzkrise voraussagen lasse, meinte Professorin Martina Metzger (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin), es sei eine Illusion, zu glauben, man könne alles voraussehen. Ähnlich äußerte sich Hufeld. „Es gibt keine absolute Sicherheit“, stellte auch Wuermeling fest.

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