Kritik am Aufwand bei der Stromsteuer
Berlin: (hib/HLE) Der hohe administrative Aufwand bei der Stromsteuer ist in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag auf Kritik gestoßen. Der zu treibende Aufwand und im schlimmsten Fall zu befürchtende Sanktionen würden häufig in keinem Verhältnis zu der eigentlichen Steuerlast stehen, erklärte Rechtsanwältin Bettina Hennig (Kanzlei von Bredow Valentin Herz) in ihrer Stellungnahme. „Eine typische stromsteuerrechtliche Beratungssituation ist vielmehr die, dass ein normunterworfenes Unternehmen oder ein normunterworfener Bürger versucht, seinen stromsteuerrechtlichen Pflichten gerecht zu werden, aber weder er noch das zuständige Hauptzollamt genau wissen, wie das im konkreten Einzelfall genau gehen soll beziehungsweise für welche Strommengen genau die Steuer überhaupt in welcher Höhe anfällt“, so die Anwältin. Bisherige Gesetzesänderungen, die für Vereinfachungen und Erleichterungen hätten sorgen sollen, hätten in der Praxis entgegen ihrem eigentlichen Ziel zu einem enormen zusätzlichen Aufwand, häufig zu nicht sachgerechten Ergebnissen und großer Verunsicherung geführt.
Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften (19/8037). Damit soll das Gesetz an EU-Beihilfevorschriften angepasst werden. Außerdem ging es um den Antrag der FDP-Fraktion (19/8268) „Stromsteuer senken - Bürger entlasten“. Die Stromsteuer soll nach Vorstellungen der FDP-Fraktion ab 2021 auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden. Die Finanzierung könne durch steigende Einnahmen aus dem Emissionshandel, insbesondere aufgrund einer Ausweitung des Handels auf die Sektoren Verkehr und Wärme, erfolgen. Nach Angaben der FDP-Fraktion ist Strom für private Haushalte in knapp 20 Jahren um 70 Prozent teurer geworden.
Rechtsanwältin Hennig erklärte, der neue Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalte an vielen Stellen begrüßenswerte Klarstellungen, sei aber nicht ausreichend, um die sich derzeit stellenden Rechtsfragen und Unsicherheiten im Stromsteuerrecht zu beseitigen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertrat die Ansicht, das Ziel, die Regelungen beihilferechtskonform auszugestalten, werde erreicht.
Der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte im Grundsatz den Gesetzentwurf der Bundesregierung, da er für viele Unternehmen die notwendige Rechtssicherheit herstelle, insbesondere für die Klärschlammverbrennung. Zum FDP-Antrag erklärte der BDEW, die Stromsteuer sollte im Rahmen einer generellen Überarbeitung der Steuer-, Abgaben- und Umlagensystematik weitestgehend abgesenkt werden, da die ursprünglich intendierte ökologische Lenkungswirkung nicht mehr eindeutig gegeben sei.
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) kritisierte in seiner Stellungnahme die geplante Abschaffung der Stromsteuerbefreiung für sogenannte Grünstromnetze. Mit einer weitreichenden Auslegung der Stromsteuerbefreiungen könnten insbesondere im Großanlagenbereich Anreize für neue Vermarktungsoptionen geschaffen werden, die einer schnelleren Marktintegration der erneuerbaren Energien zuträglich seien. Grünstromnetze seien gerade durch die Stromsteuerbefreiung ein hervorragendes Instrument bei der Frage des Weiterbetriebs von EEG-Anlagen. Ab 2020 würden jährlich mehrere tausend Windenergieanlagen aus der EEG-Förderung fallen, erinnerte die Organisation.
Für Agora Energiewende bedeutet der Entwurf ein Herumdoktern an einem System, das überholt sei. Strom sei der teuerste Energieträger, werde aber für die Verkehrswende gebraucht. An diese Unwucht im System müsse man heran.