Bericht zum „Klimaschutz im Verkehr“
Berlin: (hib/HAU) Der von der Arbeitsgruppe 1 „Klimaschutz im Verkehr“ der Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“ (NPM) vorgelegte Zwischenbericht stößt im Verkehrsausschuss auf Kritik der Oppositionsfraktionen. Das wurde während der Ausschusssitzung am Mittwoch deutlich. Die von der Bundesregierung einberufene Expertenkommission soll Wege zur Erreichung der Klimaziele 2030 im Verkehrssektor aufzeigen.
Die Arbeitsgruppe 1 (AG 1) hat in ihren Zwischenbericht sechs Handlungsfelder identifiziert und mit einer systematischen Abschätzung der jeweiligen CO2-Minderungspotenziale sowie durch Berechnungen von Zielszenarien gezeigt, „dass die Zielgröße des Sektorziels 2030 von 95 bis 98 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Grundsatz erreichbar ist“. So ist dem Bericht zufolge im Handlungsfeld Antriebswechsel „ein Anteil von bis zu 10,5 Millionen E-Pkw im Bestand diskutiert worden“. Was die Effizienzsteigerung bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren angeht, so wird ein Einsparpotenzial von bis zu 30 Prozent im Vergleich zu 2015 gesehen.
Der Einspar-Zielkorridor der regenerativen Kraftstoffe beträgt dem Bericht zufolge für Biokraftstoffe bis zu 16 Prozent und bei strombasierten Kraftstoffen bis zu 8,4 Prozent bezogen auf den gesamten Endenergiebedarf des Verkehrssektors. Gesteigert werden sollen auch die Anteile am Schienenpersonenverkehr (plus 53 Prozent gegenüber 2015), am Bus-, U- und Straßenbahnverkehr (plus 17 Prozent) und am Fuß und Radverkehr (plus 45 Prozent). Die Güterverkehrsleistung soll gegenüber 2015 um 70 Prozent auf der Schiene und 50 Prozent bei Binnenschiffen gesteigert werden. Beim Thema Digitalisierung führt der Bericht die Steigerung des Anteils von Home-Office auf bis zu 30 Prozent der geeigneten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an.
Die AG 1 habe ein Bündel an konkreten Instrumenten erarbeitet, die jedoch nicht ausreichend seien, um das Klimaziel zu erreichen, heißt es im Zwischenbericht. Es bleibe eine Lücke in Höhe von 16 bis 26 Millionen Tonnen CO2. Über Konzepte und deren Ausgestaltung, mit denen die Lücke geschlossen werden könne, gebe es bislang noch keine Einigkeit.
Aus Sicht der Unionsfraktion ist die Arbeit der NPM positiv zu bewerten. Mit ihr gebe es die Chance, einen gesellschaftlichen Konsens über den Weg zu Einhaltung der Klimaschutzziele herbeizuführen. Über die von den Experten auf den Tisch gelegten Instrumente müsse schließlich der Bundestag entscheiden, sagte der Unionsvertreter. Ziel müsse es sein, die Mobilität für die Bürger weiter zu ermöglichen, statt sich nur über Verbote zu unterhalten.
Die NPM sei ein Beleg dafür, „dass die Bundesregierung bemüht ist, einen theoretischen Nachweis dafür zu liefern, dass die Klimaziele erreichbar sind“, sagte der Vertreter der AfD-Fraktion. Unklar bleibe aber beispielsweise wie die Zahl von 10,5 Millionen Elektroautos erreicht werden soll. Nicht nachvollziehbar ist aus seiner Sicht auch die Zahl von 30 Prozent bei der Effizienzsteigerung der Verbrenner. Zu begrüßen sei, dass synthetische Kraftstoffe bei der Zielerreichung eine signifikante Rolle spielen sollen.
Der Zwischenbericht sei deutlich besser als die Berichterstattung darüber, konstatierte der SPD-Vertreter. Gleichwohl seien einige der aufgeführten Werte nicht präzise genug, befand er. Die Vertreterin der FDP-Fraktion begrüßte es, dass inzwischen auch die Opposition des Bundestags in die NPM integriert sei. Zugleich machte sie darauf aufmerksam, dass viele der aufgeführten Vorschläge noch einer Prüfung unterlägen und daher noch gar nicht konkret seien. Aus Sicht der Liberalen ist es sinnvoll, „Dinge in den Fokus zu nehmen, die kein Geld kosten“, betonte sie. Dazu gehöre es, den Diesel zu stärken, der gegenüber dem Benziner CO2-Minderungspotenzial habe.
Aus Sicht der Linksfraktion ist die NPM eine „Industrievertreter-Kommission“. Die Zusammensetzung entspräche nicht der gesellschaftlichen Breite, die benötigt werde, kritisierte die Fraktionsvertreterin. Als besonders bitter bezeichnete sie es, dass der Vorschlag der Umweltverbände, Autos nach Größe und Verbrauch zu besteuern, „vom Tisch gewischt wurde“.
Im Zwischenbericht würden Maßnahmen vorgeschlagen, die nicht finanziert seien, kritisierte ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er habe den Eindruck, dies sei der Versuch, die schwierigen Maßnahmen auf die lange Bank zu schieben. Beleg dafür sei der Plan, dass durch synthetische Kraftstoffe 19 Prozent der Einsparungen erfolgen sollen. Gleichzeitig habe aber die Bundesregierung jüngst mitgeteilt, dass ein Liter synthetischer Kraftstoff mehr als vier Euro koste, sagte der Grünenvertreter.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Steffen Bilger (CDU), sagte vor den Abgeordneten, es handle sich um Vorschläge der Experten, die von der Bundesregierung nun zu bewerten seien und über deren eventuelle Umsetzung schlussendlich der Bundestag entscheiden müsse. Was die Zielsetzungen angeht, so machte Bilger deutlich, dass die Bundesregierung schon jetzt sehr viel zur Stärkung der Elektromobilität unternehme. Ebenso seien für den Ausbau der Schiene deutlich mehr Mittel bereitgestellt worden. Den Vorwurf, die NPM sei eine Industrievertreter-Kommission, wies der Staatsekretär zurück. Die Kommission sei breit aufgestellt. Es würden auch ganz unterschiedliche Ansätze diskutiert. Was die Abbildung der Maßnahmen im Haushalt 2020 angeht, so machte Bilger deutlich, dass die Expertenempfehlungen erst seit wenige Tagen vorlägen, geprüft werden müssten und erst dann im Haushalt abgebildet werden könnten.