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03.06.2019 Inneres und Heimat — Anhörung — hib 637/2019

Experten für schärfere Ausreiseregeln

Berlin: (hib/wid) Die von Bundesregierung beabsichtigte Verschärfung der Maßnahmen, um abgelehnte Asylbewerber zur Ausreise zu bewegen, stößt unter Fachleuten überwiegend auf Zustimmung. In einer Anhörung des Innenausschusses am Montag mahnten Wortführer kommunaler Spitzenverbände in Einzelpunkten sogar noch strengere Regelungen an. Grundsätzliche Vorbehalte äußerten Vertreter des Paritätischen Wohlfahrtverbandes und des Deutschen Anwaltvereins. Mit dem Zweiten Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (19/10047), dessen Entwurf der Anhörung zugrunde lag, möchte die Bundesregierung unter anderem die Möglichkeiten der Abschiebehaft und der Kürzung von Sozialleistungen ausweiten, um Ausreisepflichtige zur Mitwirkung etwa bei der Passbeschaffung zu veranlassen. Amtsträger, die Betroffene vor Abschiebungen warnen, will sie künftig strafrechtlich verfolgen.

Für den Deutschen Städte- und Gemeindebund nannte der zuständige Referatsleiter Marc Elxnat das Instrument der Rückführung einen „unverzichtbaren Baustein der Migrationspolitik“: „Menschen, deren Asylantrag abgelehnt ist, müssen Deutschland zeitnah verlassen. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir alle Maßnahmen, die dazu beitragen können.“ Elxnat erinnerte daran, dass 2018 in Deutschland 225.000 Menschen lebten, die das Land eigentlich verlassen müssten, unter ihnen 57.000 „sofort vollziehbar“ Ausreisepflichtige. Erstmals seien im vorigen Jahr mehr Rückführungen gescheitert als gelungen. Wesentliche Gründe seien fehlende Reisedokumente und Unklarheit über die Identität der Betroffenen. Angesichts dessen sei es „dringend notwendig“, das Verfahren „besser und rechtssicherer“ zu gestalten.

Der Leiter des bayerischen Landesamtes für Asyl und Rückführungen, Thomas Hampel, betonte, dass es Ausreisepflichtigen selbst zwingend obliege, die Dokumente zu beschaffen, die ihre Abschiebung ermöglichen, und befürwortete für Nachbesserungen des Entwurfs. Von einem eklatanten „Vollzugsdefizit“, dem das neue Gesetz abhelfen könne, sprach der Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Engelhard Mazanke. Nach seinen Worten lebten Ende 2013 in Berlin 5557 Asylsuchende und 4803 Ausreisepflichtige. Im vorigen Jahr habe sich die Zahl der Asylbewerber auf 4628 verringert, die der Ausreisespflichtigen aber auf 12.605 vervielfacht. Das Verhältnis zwischen freiwilligen Ausreisen und Abschiebungen betrage eins zu drei. Überdies scheitere jede zweite Abschiebung daran, dass die Polizei Ausreisepflichtige nicht zu Hause antreffe.

Für den Deutschen Landkreistag nannte dessen Referent für Verwaltungsrecht, Klaus Ritgen, die Ausreise abgelehnter Asylbewerber eine selbstverständliche Rechtspflicht. Am Entwurf bemängelte er unter anderem die Regelung, die es Betroffene ermöglicht, durch eidestattliche Versicherung glaubhaft zu machen, dass sie sich ernsthaft um Passersatzpapiere bemüht haben. Wer sich einer drohenden Abschiebung gegenübersehe, von dem sei anzunehmen, dass er sich nicht durch „große Rechtstreue“ auszeichne, sonst wäre er ja längst freiwillig ausgereist, argumentierte Ritgen. Von solchen Personen seien zutreffende Erklärungen nicht zu erwarten. Ebenfalls positiv über den Entwurf äußerten sich die juristischen Sachverständigen, die Konstanzer Professoren für Öffentliches Recht und Europarecht, Marcel Kau und Daniel Thym.

Entschiedenen Widerspruch formulierte dagegen die Vertreterin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Kerstin Becker. Nach ihren Erkenntnissen verlassen die meisten abgelehnten Asylbewerber Deutschland freiwillig, und es bestehe auch kein Zusammenhang zwischen der Zahl der Fälle von Abschiebehaft und erfolgreich durchgesetzten Ausreisen. Es bedürfe daher keiner Ausweitung von Zwangsmitteln. Statt auf „noch mehr Ausgrenzung, Haft und Sanktionen“ zu setzen, solle die Bundesregierung es den Betroffenen ermöglichen, „selbstbestimmt und in Würde Deutschland zu verlassen“. Für den Deutschen Anwaltsverein wies Rolf Stahmann auf die vielfach diskrimierende Behandlung hin, die Asylbewerber in Botschaften ihrer Heimatländer zuteil werde. In der Regel sei es ihnen also nicht persönlich zuzurechnen, wenn die Beschaffung von Reisedokumente scheitere.

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