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26.09.2019 1. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 1064/2019

NRW-Behörden warnten früh vor Amri

Berlin: (hib/WID) Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt (LKA) hat Anfang 2016 vergeblich versucht, den späteren Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri hinter Gitter zu bringen, weil ihm nach Einschätzung der Behörde ein Anschlag zuzutrauen war. Seit Ende 2015 sei „zunehmend klar geworden, dass von Amri eine große Gefahr ausgehen könnte“, sagte ein Beamter, der sich als Kriminalhauptkommissar Z. vorstellte, am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss („Breitscheidplatz“). Der heute 50-jährige Zeuge ist seit zehn Jahren mit Verfahren gegen radikalislamische Terroristen befasst und hat seit 2012 mehrere Ermittlungskomissionen geleitet.

Amri sei Ende 2015 im „Dunstkreis“ einer Gruppe aufgefallen, die verdächtig war, Rekruten für den Dschihad in Syrien anzuwerben. Er habe in den Ermittlungen gegen diesen Personenkreis, die das LKA in Düsseldorf unter dem Stichwort „Ventum“ führte, „zunehmend an Relevanz“ gewonnen und sei deswegen als „Nachrichtenmittler“ überwacht worden. Dabei hätten sich Hinweise ergeben, die vermuten ließen, dass Amri sich mit konkreten Anschlagsplanungen trug.

Ende 2015 habe er im Internet nach Bastelanleitungen für Sprengsätze und Handgranaten gefahndet. Im Februar 2016 habe er Nachrichten mit tunesischen Landsleuten ausgetauscht, die offenbar in Libyen für den „Islamischen Staat“ (IS) kämpften. Er habe angekündigt, er wolle „heiraten“, was im islamistischen Sprachgebrauch bedeute, dass er ein Attentat vorbereitete. Auch der Begiff „dugma“ sei gefallen, der gleichbedeutend sei mit „hart zuschlagen“. Sein Kommunikationspartner habe Amri indes empfohlen, er solle noch nicht „heiraten“, sondern Rat bei einem Mentor suchen. Verabschiedet habe er sich mit dem Satz: „Wir sehen uns dann im Paradies.“

Der Zeuge berichtete, er habe daraufhin dreierlei unternommen. Er habe eine Empfehlung formuliert, gegen Amri eine Abschiebungsanordnung nach Paragraph 58a Aufenthaltsgesetz zu erlassen. Zudem habe er Strafanzeige wegen „gewerbsmäßige Betrugs“ bei der Staatsanwaltschaft Duisburg erstattet, verbunden mit dem Antrag, Amri in Untersuchungshaft zu nehmen. Amri habe sich unter verschiedenen Falschnamen allein in Nordrhein-Westfalen Zahlungen in Höhe von 3404,81 Euro nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erschlichen. Darüber hinaus, sagte der Zeuge, habe er Amri weiter observieren lassen.

Paragraph 58a ermächtigt eine oberste Landesbehörde, auch ohne vorherige Ausweisung eine Abschiebungsanordnung gegen einen Ausländer zu erlassen, von dem eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik zu befürchten ist. Er war Anfang 2016 allerdings noch nie angewandt worden. Aus diesem Grund entschied Ende März die zuständige Sicherheitskonferenz in Nordrhein-Westfalen, auch im Fall Amri davon abzusehen und stattdessen zu versuchen, den Mann auf „konventionellem“ Weg durch Ablehnung seines Asylantrags mit anschließender Ausweisung loszuwerden.

Die Anzeige wegen Betrugs hätten er und sein für die „Ventum“-Ermittlungen zuständiger Kollege am 20. April 2016 persönlich überbracht, berichtete der Zeuge. Sie hätten ausdrücklich auf die Gefährlichkeit Amris hingewiesen, um die Dringlichkeit eines Haftbefehls zu unterstreichen. Sie hätten mit Absicht auch nicht bei einem für Betrugsdelikte zuständigen, sondern bei einem mit politischen Strafsachen befassten Staatsanwalt vorgesprochen, von dem sie sich mehr Verständnis erhofft hätten. Ein Haftbefehl sei dennoch ausgeblieben.

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