Ausschussmitglieder kritisieren Brandner
Berlin: (hib/mwo) Mit Kritik an den Twitter-Aktivitäten des Vorsitzenden Stephan Brandner (AfD) begann die 62. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch. Eine Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlas stellvertretend auch für die Fraktionen SPD, FDP und Die Linke eine Erklärung, wonach die Abgeordneten der vier Fraktionen die Äußerungen des Ausschussvorsitzenden verurteilen. Sie seien „erbärmlich“ und würden ausdrücklich abgelehnt. Brandner habe mit seinen Äußerungen nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle Juden als Feindbild dargestellt und damit die Juden in Deutschland gefährdet. Er habe damit er eine Grenze überschritten und sich vom demokratischen Deutschland getrennt. Brandner sei nicht geeignet, den Rechtsausschuss zu führen, denn er habe die Voraussetzungen für den Vorsitz dieses Gremiums zerstört. Daraus müsse Brandner die Konsequenz ziehen. Es gebe eine „Grenze zwischen ihm und uns“, sagte Rottmann.
Brandner hatte nach dem Anschlag, bei dem zwei vom Täter zufällig angetroffene Passanten starben, über das soziale Netzwerk Twitter zunächst den Tweet eines anderen Accounts weiter verbreitet, dessen Inhaber fragte, warum Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen „rumlungerten“, wenn doch die Opfer des Anschlags letztlich eine „Deutsche“ beziehungsweise ein „Bio-Deutscher“ gewesen seien. In einem weiteren Tweet, den Brandner selbst verfasste, teilte er ein Video des jüdischen Publizisten und Anwalts Michel Friedman und bezeichnete ihn dabei als „deutschen Michel“. Am Dienstag hatten der Deutsche Anwaltverein (DAV) und der Deutsche Juristinnenbund (DJB) in einer gemeinsamen Pressemitteilung Brandners Rücktritt gefordert. In der Sitzung äußerte sich Brandner nicht zu der Kritik.
Der Ausschuss empfahl die Annahme einer Reihe von Gesetzentwürfen und beschloss weitere öffentliche Anhörungen. Gegen die Stimmen der Linken und bei Enthaltung der Grünen votierte das Gremium für den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften über die außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen und zur Änderung weiterer Gesetze (19/10348, 19/10991). Dazu hatte Ende Juni eine öffentliche Anhörung stattgefunden. Mit großer Mehrheit und bei Enthaltung der AfD wurde ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Durchführung der Eurojust-Verordnung (19/13451) angenommen. Nach einer ausführlichen Diskussion wurden ein Gesetzentwurf der Grünen zur Abschaffung der Grundsteuer-Umlagefähigkeit (19/8827) und ein ähnlich gelagerter Antrag der Fraktion die Linke (19/18358) mit großer Mehrheit abgelehnt.
Die Abgeordneten beschlossen die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete (noch ohne Drucksache) am 13. November 2019 sowie dem Grunde nach eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Grünen zur Stärkung der Kinderrechte (19/10552). Zu den bereits terminierten Anhörungen zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer zivilprozessrechtlicher Vorschriften (04.11.2019, 19/13828) und zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Strafverfahrens (11.11.2019, noch ohne Drucksache) wurde die Einbeziehung von Anträgen von FDP und Grünen beschlossen. Weiter befasste sich der Ausschuss mit einer Vielzahl von Unterrichtungen, Gesetzentwürfen und weiteren Vorlagen, bei denen er mitberatend ist. Dabei gab es eine längere kontroverse Diskussion über den Antrag der Bundesregierung bezüglich des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte in Irak und Syrien (19/13290), der schließlich mit der Koalitionsmehrheit angenommen wurde. Das Thema Netzwerkdurchsetzungsgesetz wie auch ein Antrag der AfD für einen Bericht der Bundesregierung zum Thema „Hate Speech“ im Internet sowie der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der DDR wurden von der Tagesordnung abgesetzt.
Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, hat es bei den Mitgliedern des Gremiums erneut einen Wechsel gegeben. Für Katrin Budde rückt Karl Lauterbach (beide SPD) nach.