Probleme bei der ISDN-Abschaltung
Berlin: (hib/HAU) Die Bundesregierung räumt Probleme im Zusammenhang mit der ISDN-Abschaltung durch die Telekom ein, sieht aber keinen Verstoß gegen die Regelungen zu Universaldienstleistungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Das wurde während der Sitzung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur am Mittwoch deutlich. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Steffen Bilger (CDU), sagte während der Sitzung, es gehe um eine sinnvolle Umstellung, hin zu der modernen, zukunftsorientierten IP-Technologie. Bei der Umsetzung gebe es jedoch Probleme, räumte Bilger ein. Gleichwohl stehe die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde auf dem Standpunkt, dass die Universaldienstverpflichtungen aus Paragraf 78 TKG, die unter anderem einen „funktionalen Internetzugang“ garantieren, eingehalten würden, sagte der Staatssekretär. Mit der Umsetzung des Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation, die bis Ende 2020 erfolgen müsse und die den Zugang zu einem „angemessenen Breitbandinternetzugangsdienst“ fordere, seien derartige Probleme in der Zukunft ausgeschlossen, so Bilger.
Aus dem Kreis der Abgeordneten gab es Kritik am Verhalten der Telekom im Zusammenhang mit der ISDN-Abschaltung ebenso wie an der Bundesnetzagentur und dem BMVI. Die Telekom nehme bei ihren Umschaltplänen keinerlei Rücksicht auf die Kunden, hieß es von Seiten der Unionsfraktion. Zwar gebe es den unternehmerischen Gestaltungsspielraum. Doch müsse man sich fragen, wie weit dieser gehen dürfe und ob die Universaldienstverpflichtungen überhaupt noch Gültigkeit besäßen, sagte der Unionsvertreter.
Der Vertreter der AfD-Fraktion verwies auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage seiner Fraktion, wonach die zuständige Bundesnetzagentur keine Kenntnis darüber habe, wie viele Haushalte als Folge der ISDN-Abschaltung nun überhaupt kein Internet haben. Internet gehöre aber zur Grundversorgung. Daher müssten die Behörden auf diese alarmierende Situation reagieren, forderte er.
Von der SPD-Fraktion hieß es, die Umstellung sei richtig. Es sei nicht nachvollziehbar, die Telekom zu zwingen, eine 25 Jahre alte Technik weiterhin aufrechtzuerhalten, anstatt mit Elan und Förderung des Bundes auf die neue Technik umzustellen. Der Fokus müsse darauf gerichtet werden, für die Kunden, die umstellen müssen, mit Glasfaserkabeln den Zugang zum Netz zu schaffen. In den Fällen, in denen derzeit gar kein Zugang möglich sei, müsse die Bundesnetzagentur nachfassen, forderte der Fraktionsvertreter.
Auch ihre Fraktion wolle die neue Technik, sagte die Vertreterin der FDP-Fraktion. Allerdings stehe diese nicht überall zur Verfügung. Grund dafür sei auch, dass die Telekom viel zu lange in alte Technologien, wie etwa in das Vectoring, investiert habe, statt in Deutschland flächendeckend Glasfaser auszubauen. Die Bundesregierung habe als Mehrheitseigentümerin der Telekom daher eine besondere Verantwortung dafür, eine Mindestversorgung zu gewährleisten.
Die Telekom veralbere ihre Kunden, indem sie nach der ISDN-Abschaltung auf Angebote für Internetzugänge hinweise, die aber vor Ort - gerade im ländlichen Raum - nicht verfügbar seien, sagte die Vertreterin der Linksfraktion. Es sei offensichtlich, dass die Universaldienstverpflichtungen nicht eingehalten würden, betonte sie. Die Telekom, so ihre Forderung, dürfe ISDN erst dann abschalten, wenn andere Angebote tatsächlich zur Verfügung stehen.
Die Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagte, zwar gebe es kein Anrecht auf eine bestimmte Technologie, wie etwa ISDN, aber auf einen funktionalen Internetzugang. Dies sei jedoch im TKG unzureichend geregelt, weshalb ihre Fraktion schon lange einen flächendeckenden Rechtsanspruch auf schnelles Internet fordere, sagte sie. Zu klären sei, wie den Betroffenen jetzt geholfen werden könne.
Staatssekretär Bilger verwies dazu erneut auf die Umsetzung des Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation, die eine Lösung für die Zukunft bringen werde. Aktuell müsse man aber feststellen, dass die Telekom die ISDN-Verträge im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten gekündigt habe und andere Angebote mache, die vielfach jedoch nicht die adäquaten Lösungen darstellten. Die Einflussmöglichkeiten der Bundesregierung auf die Telekom seien in diesem Punkt beschränkt, sagte Bilger. Die Bundesnetzagentur, so fügte er hinzu, kümmere sich um die Einwendungen der Betroffenen und habe die Aufgabe, Lösungen zu finden.