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15.11.2019 1. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 1284/2019

LKA-Beamter erhebt schwere Vorwürfe

Berlin: (hib/WID) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss („Breitscheidplatz“) hat ein leitender Beamter des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts dem Bundeskriminalamt vorgeworfen, die Ermittlungen seiner Behörde gegen den späteren Attentäter Anis Amri faktisch sabotiert zu haben. Dies sei „auf Anweisung von ganz oben“ geschehen, sagte Kriminalhauptkommissar M. am Donnerstag. Nach seinen Worten war auch das Berliner Landeskriminalamt an der Verfolgung Amris nicht wirklich interessiert. Der heute 59-jährige Zeuge hatte am 9. Juli 2015 die Leitung der Ermittlungskommission (EK) „Ventum“ übernommen, die sich gegen den sogenannten Deutschen Islamkreis (DIK) um den Hildesheimer Hassprediger Abu Walaa richtete.

Das Düsseldorfer LKA verfügte in dieser Gruppe über einen Informanten, den sie unter der Deckbezeichnung „VP01“ führte, und dessen „Zuverlässigkeit“ und „Vertrauenswürdigkeit“ der Zeuge in den höchsten Tönen würdigte. VP01 sei damals bereits seit 15 Jahren für das Düsseldorfer LKA in der radikalislamischen Szene unterwegs gewesen und habe bei deren Aufklärung „herausragende Ergebnisse“ geliefert. In der Gruppe um Abu Walaa habe der Informant Zutritt zum „inneren Zirkel“ gefunden. VP01 habe auch frühzeitig gemeldet, dass Amri Mitte November 2015 im DIK auftauchte.

Im Sommer 2015 habe der V-Mann über Pläne berichtet, Anschläge auf Polizeibeamte, öffentliche Einrichtungen und Veranstaltungen zu verüben. Mitte November meldete er, dass in der Gruppe die Rede von einem „kleinen“ und einem „großen Wumms“ sei. Mit dem „kleinen Wumms“ seien Attentate auf einzelne Polizeibeamte gemeint gewesen, mit dem „großen Wumms“ ein „strategischer“ Anschlag im Namen des Islamischen Staates (IS) in Deutschland. Ende November habe VP01 über die Absicht Amris berichtet, Schnellfeuergewehre für ein Attentat zu beschaffen.

Der Zeuge berichtete weiter, er habe am 17. November 2015 im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) der deutschen Sicherheitsbehörden die Erkenntnisse über den „großen“ und „kleinen Wumms“ vorgetragen und zugleich das BKA gebeten, die Ermittlungen zu übernehmen, um seine Behörde zu entlasten. Diese Bitte sei abgelehnt worden.

Am 19. Februar 2016 habe er im GTAZ ein weiteres Mal ersucht, das Bundeskriminalamt möge das Verfahren an sich ziehen, sich aber erneut eine Abfuhr geholt. Stattdessen sei damals bereits seit geraumer Zeit die Glaubwürdigkeit der VP01 aus dem BKA massiv in Zweifel gezogen worden.

Am 23. Februar sei es darüber in einer Besprechung beim Generalbundesanwalt zu einer „konfrontativen“ und „hitzigen“ Aussprache gekommen. Hier hätten die Vertreter des BKA daran festgehalten, der VP01 die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Das „Totschlagargument“ habe gelautet: „Das hat es in der Geschichte noch nie gegeben, dass eine VP zu drei Anschlagsszenarien belastbare Angaben gemacht hat.“ Nach der Besprechung sei einer der BKA-Kollegen auf ihn zugekommen und habe ihm unter vier Augen anvertraut, er handele „auf Anweisung von ganz oben“.

Auf Nachfrage habe er auf den Leiter des Polizeilichen Staatsschutzes Kriminaldirektor Sven Kurenbach und das Innenministeriums verwiesen. Beschlossen sei, das „Problem“ in NRW zu „beseitigen“. Die VP01 müsse „aus dem Spiel genommen werden, die macht zu viel Arbeit, die soll kaputtgeschrieben werden“. Er könne sich das nur so erklären, dass sich die Sicherheitsbehörden durch die Fülle der gelieferten Erkenntnisse überfordert gefühlt hätten, sagte der Zeuge.

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