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13.12.2019 Verteidigung/Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 1417/2019

Ex-Geschäftsführer beklagt „Hexenjagd“

Berlin: (hib/FLA) Im Eiltempo wollte die damalige Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder 2016 die Heeres-Instandsetzung-Logistik (HIL) an die Industrie verkaufen. Dass bei der Vergabe der Beratungsleistung die Rechtsanwaltskanzlei H. L. bevorzugt worden sei, hat der öffentlich als Zeuge geladene Unterabteilungsleiter Ausrüstung im Verteidigungsministerium, Ewald Günter R, bei seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss des Verteidigungsausschusses bestritten. Bei der Sitzung unter der Leitung von Wolfgang Hellmich (SPD) versicherte er, die Beauftragung der Kanzlei nach einer Ausschreibung sei „regelkonform“ erfolgt.

Er widersprach damit gegensätzlichen Zeugenaussagen aus früheren Sitzungen. So hatte der seinerzeitige Vergabejurist der bundeseigenen HIL GmbH, Norbert D., von einer „getürkten Vergabe im Millionenwert“ gesprochen. Die Gesellschaft mit drei Werken in St. Wendel, Darmstadt und Doberlug-Kirchhain wartet und repariert gepanzerte Rad- und Kettenfahrzeuge des Heeres.

Das Unternehmen habe sich in einer sehr schwierigen Lage befunden, sagte Zeuge R. in der öffentlichen Sitzung. Suder habe ihn im Mai schriftlich angewiesen, die Privatisierung der Werke zu betreiben. Zeitvorgabe: Verträge bis Ende des Jahres, Umsetzung bis Mitte 2017. Zur Rechtsberatung sei eine sehr kompetente Kanzlei nötig gewesen, meinte er. Die Leistungsfähigkeit der Kanzlei H. L. habe er schätzen gelernt, als es um die Sanierung der in eine prekäre Situation geratenen Bekleidungsgesellschaft der Bundeswehr ging.

Ob die Zeitvorgabe zu kurz bemessen war, habe er nicht beurteilen können. In solch komplizierten Verfahren sehe man ohnehin nicht immer auf den Grund. Die Privatisierungsbemühungen zogen sich hin, was auch die Kosten für die Beratung enorm in die Höhe trieb. Kurz nach ihrem Amtsantritt blies Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) das Vorhaben endgültig ab.

Zur Vorbereitung der Privatisierung einschließlich der Ausschreibung für Beratungsleistungen setzte R. eine Task-Force ein, als deren Leiter er einen von ihm als „Herrn K.“ bezeichneten Referatsleiter einsetzte: den ebenfalls in der öffentlichen Sitzung vernommenen Zeugen Gerd K. Die Task-Force führte die Ausschreibung durch. Drei Kanzleien und drei Unternehmungsberatungen seien angesprochen worden - nach „objektiven Kriterien“. Vorgaben habe er nicht erhalten. Ihm sei es völlig egal gewesen, wer den Zuschlag bekomme.

Der öffentlichen Zeugenaussage von Gerd K. war zu entnehmen, dass massive personelle Querelen zeitweise das HIL-Erscheinungsbild beeinträchtigten. Er sprach von einer Kampagne gegen seine persönliche Reputation, bei der Unwahrheiten verbreitet worden seien - begleitet von einer öffentlichen Skandalisierung nach dem Motto: „Man muss nur lange genug mit Schmutz auf eine Person werfen, bis etwas hängen bleibt.“

Zeuge R. erklärte, er habe sich für den Referatsleiter als Leiter der Task-Force entschieden, weil der bereits ab August 2014 für ein halbes Jahr die HIL-Geschäftsführung nach Kündigungen der zwei Vorgänger übernommen hatte. Gerd K. wurde dann ab Ende 2015 wieder zum Geschäftsführer bestimmt. Danach begann dann die von ihm beschriebene Kampagne gegen ihn. Für diese „Hexenjagd“, für dieses „Kesseltreiben gegen mich bis heute“ machte er den Arbeitnehmer-Vertreter und stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden Matthias M. verantwortlich. Der hatte bereits im Juni Vorwürfe über K. als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss geäußert.

K. schilderte nun seinerseits, Matthias M. habe früher durchaus Termine bei der Industrie wahrgenommen, sich dann aber um 180 Grad gedreht. Dem Arbeitnehmer-Vertreter ging es nach seiner Aussage darum, die Privatisierung zu verhindern. Tatsächlich war dies eine Option, die untersucht werden sollte, bis Suder ihre Weisung zum Verkauf an die Industrie erließ. Warum M. seine Meinung geändert habe, sei ihm „unbegreiflich“.

Ein anderer Zeuge war schlecht zu sprechen auf die Amtsführung von Gerd K.- eben jener Norbert D. Dieser hatte zum Beispiel detailliert geschildert, wie der Geschäftsführer in seinem Büro ihm habe untersagen wollen, mit Matthias M. zu einem Termin zum damaligen Parlamentarischen Staatssekretär Ralf Braucksiepe zu fahren und ihn dabei mehrfach an den Händen gefasst habe. Es sei nur um die Fahrkosten gegangen, sagte Gerd K. nun als Zeuge. Und dass er Norbert D. angefasst habe, sei ein „Märchen“. Ob es eine Lüge war, wurde er gefragt. Die Antwort: „Ja“. Zum erkennbaren Unmut von K. sprach eine Abgeordnete dann auch noch an, dass er als Geschäftsführer einen 330 PS-starken Audi als Dienstwagen geordert hatte. Damit sei er innerhalb des vorgegebenen Preislimits von 70.000 Euro geblieben.

Die Äußerungen von K. richtete sich nicht nur gegen Matthias M. und Norbert D., sondern auch gegen das Verteidigungsministerium: „Ich habe erwartet, dass man mich fürsorglich zurücknimmt“, sagte er. Angefragt habe er, nachdem er angesichts des 2018 immer mehr zunehmenden Mobbings bei der HIL festgestellt habe: „Es ging nicht mehr.“ Das Verhalten seines Dienstherrn habe ihn „sowohl erschreckt als auch enttäuscht“.

In der Diskussion um die Ausschreibung sei er zum „Spielball der Interessen“ geworden, der ich bis heute hilflos ausgeliefert bin„, meinte er: “Ich war für das Ministerium ein Blitzableiter und ein nützliches Bauernopfer.„ Doch nur mit Mühe habe er Anfang dieses Jahres als Ministerialrat zurückkehren können. Eine Aufgabe habe er freilich bis heute nicht bekommen. Die Konsequenz: Er scheide Ende des Jahres aus den Diensten des Ministeriums aus.

Ewald Günter R. sagte, er habe zu Gerd K. ein “freundschaftlich-kollegiales Verhältnis„ gehabt, was sich jedoch “in jüngerer Zeit abgekühlt„ habe. Das Verteidigungsministerium überraschte den Ausschuss mit dem Hinweis, dass Protokolle von HIL-Aufsichtsratssitzungen aufgetaucht seien, die nicht mit Schwärzungen versehen waren. Die Aktenordner wurden noch während der Zeugenvernehmungen in den Saal gebracht. Abgeordnete machten kein Hehl daraus, dass es dabei um Tagesordnungspunkte geht, die sich mit Gerd K. beschäftigen. Die nämlichen Papiere mit geschwärzten Stellen lägen ihnen bereits vor. Jetzt könnten sie vergleichen, was ursprünglich verborgen bleiben sollte.

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