+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

17.01.2020 1. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 85/2020

Zeugin schildert turbulente Besprechung

Berlin: (hib/WID) Eine Zeugin aus der Generalbundesanwaltschaft hat dem 1. Untersuchungsausschuss („Breitscheidplatz“) einen Konflikt mit dem Bundeskriminalamt über die Bewertung eines Informanten im radikalislamischen Milieu geschildert, der in einem Treffen beteiligter Behördenvertreter am 23. Februar 2016 offen ausgetragen wurde. „In der Besprechung ging es von Anfang an hoch her“, erinnerte sich Oberstaatsanwältin Claudia Gorf in ihrer Vernehmung am Donnerstag. Die heute 48-jährige Zeugin bestätigte auch, noch am selben Abend von einem Vieraugengespräch erfahren zu haben, in dem einer der anwesenden BKA-Vertreter sich auf eine Anweisung von „ganz oben“ berufen haben soll, den Informanten des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes zu diskreditieren.

Der Vorgang war im Ausschuss erstmals am 14. November 2019 beim Auftritt des Kriminalhauptkommissars M. aus dem Düsseldorfer LKA zur Sprache gekommen. M. hatte seit Juli 2015 die Ermittlungskommission (EK) „Ventum“ geleitet, die sich gegen den Deutschen Islamkreis (DIK) des Hildesheimer Hasspredigers Abu Walaa richtet. In diesem Zusammenhang war der von seinen Auftraggebern als außerordentlich zuverlässig eingeschätzte Informant unter der Bezeichnung VP01 tätig. Er berichtete im Spätherbst 2015, dass der spätere Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri Anschluss an die Gruppe um Abu Walaa gefunden hatte, und enthüllte zwei unterschiedliche Anschlagsszenarien, die in dem Kreis angeblich erörtert wurden. Die Plausibilität dieser Angaben wurde im BKA indes als äußerst gering eingeschätzt.

Im zuständigen Referat beim Generalbundesanwalt kam die Sorge auf, dass dadurch die Ermittlungen gegen Abu Walaa gefährdet sein könnten, die zum überwiegenden Teil auf Erkenntnissen der VP01 beruhten. Von der Einladung zu dem Treffen am 23. Februar 2016 erhofften sich die Bundesanwälte eine klärende Aussprache. Der Zeuge M. hatte dem Ausschuss berichtet, nach der Besprechung habe ihm einer der beiden BKA-Vertreter, der Erste Kriminalhauptkommissar Philipp Klein, unter vier Augen anvertraut, die VP01 solle auf Anweisung von oben „aus dem Spiel genommen“ werden. Klein bestreitet das.

Die Zeugin Gorf bestätigte dem Ausschuss, dass Hauptkommissar M. sie noch am selben Abend von dieser Unterredung in Kenntnis gesetzt habe. Einige Staatsanwälte und Polizeivertreter hätten sich noch zum Abendessen in einem Karlsruher Restaurant verabredet. Gleich nach ihrem Eintreffen habe M. sie um ein vertrauliches Gespräch gebeten. Sie seien vor die Tür gegangen, wo M. die Unterredung mit den Worten eröffnet habe: „Sie werden mir nicht glauben, was mir Herr Klein nach der Besprechung gesagt hat.“ Aus seinen anschließenden Ausführungen habe sie noch genau in Erinnerung, dass darin die Rede von einer Anweisung „von oben“ gewesen sei, der zufolge die VP01 „kaputtgeschrieben“ werden solle, weil sie „zu viel Arbeit“ mache, sagte die Zeugin.

Der Begriff „kaputtschreiben“ habe wohl bedeuten sollen, dass die Angaben des V-Mannes in allen BKA-Schriftsätzen systematisch in Zweifel zu ziehen waren. Kriminalhauptkommissar M. habe so „konsterniert“ und „fassungslos“ gewirkt, wie sie ihn noch nie erlebt habe, sagte die Zeugin. Sie kenne M. seit 2015 als „äußerst gewissenhaften“ und „professionellen“, auch „außerordentlich weitblickenden“, ruhigen und besonnenen Beamten, der normalerweise durch nichts aus der Ruhe zu bringen sei. Sie habe ihn gedrängt, auch ihren Referatsleiter Oberstaatsanwalt Horst Salzmann in Kenntnis zu setzen.

Marginalspalte