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10.02.2020 Inneres und Heimat — Anhörung — hib 161/2020

Zuverlässigkeitsprüfung im Luftverkehr

Berlin: (hib/HAU) Über Änderungen bei der Zuverlässigkeitsprüfung im Luftverkehr haben Experten am Montagnachmittag während einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses diskutiert. Grundlage dazu waren ein Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Rahmenbedingungen luftsicherheitsrechtlicher Zuverlässigkeitsüberprüfungen“ (19/16428), die dazu erfolgte Stellungnahme des Bundesrates (19/16717) sowie ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Abschaffung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen für Privatpiloten und Luftsportler“ (19/16481). Mit Blick auf mögliche Angriffe sogenannter Innentäter, die aus Sicht der Bundesregierung eine der größten Bedrohungen für die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs darstellen, sieht der Regierungswurf unter anderem vor, künftig Erkenntnisse aus dem Erziehungsregister und dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister bei der Bewertung der Zuverlässigkeit zu berücksichtigen. Der Bundesrat hält es laut seiner Stellungnahme für sinnvoll, Luftfahrtunternehmen zu verpflichten, die Ausweispapiere der Fluggäste vor Einstieg in das Flugzeug zu prüfen und mit den bei der Buchung angegebenen Daten abzugleichen.

Für Uwe Büchner, Leitender Ministerialrat beim Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, ist die Schaffung eines gemeinsamen Luftsicherheitsregisters die wichtigste Maßnahme. Der aktuell praktizierte Austausch von Negativlisten auf Papier durch die Bundes- und Landesbehörden sei antiquiert, befand er. Auch werde die Mobilität unter den Flughafenmitarbeitern nicht beachtet. Wechsle ein Mitarbeiter vom Flughafen Köln nach München bringe er eine Zuverlässigkeitsbescheinigung mit, die gefälscht oder inzwischen überholt sein könne. Eine Austauschplattform in Form einer Datenbank könne hier hilfreich sein, sagte er. Die vom Bundesrat angedachte Ausweiskontrolle vor dem Boarding hält Büchner aus Flugsicherheitsgründen nicht für notwendig, da die Passagiere die Sicherheitskontrolle dann schon durchlaufen hätten. Mit Blick auf die Kriminalitätsbekämpfung sei der Abgleich dennoch unterstützenswert, sagte der Ministerialrat.

Auch Professor Wolfgang Däubler von der Universität Bremen hält das geplante Luftsicherheitsregister für sehr sinnvoll. Gleiches gelte für die Einschaltung von Bundespolizei und Zollkriminalamt in die Überprüfungen der Zuverlässigkeit. Bedenken mit Blick auf den Datenschutz hat der Arbeitsrechtler nach eigener Aussage hinsichtlich der Möglichkeit, in das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister Einblick nehmen zu können. Der Erkenntnisgewinn durch ein Register, in dem Ermittlungsverfahren aufgeführt sind, sei sehr gering, befand Däubler. Die Gefahr, Unschuldige zu benachteiligen, sei außerordentlich groß, weil die Überprüfungen ein Massengeschäft seien. Mit Blick auf die Einstiegskontrollen kritisierte Däubler, dass ein entsprechender Gesetzentwurf des Bundesrates nicht weiterverfolgt worden sei. Es sei nicht schlüssig, wenn auf der einen Seite die Zuverlässigkeitsprüfungen verstärkt werden, gleichzeitig aber eine andere Sicherheitslücke bleibe.

Frank Dörner, Rechtsanwalt für Luftfahrtrecht, kritisierte das Prinzip der Regelvermutung, wonach Piloten als unzuverlässig gelten, wenn sie wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt wurden. Dörner sprach von einer „Überkriminalisierung“. Straftaten aus dem Insolvenzrecht, dem Sozialrecht oder dem Steuerrecht seien nicht in den Zusammenhang mit Schwerstkriminalität, Terror oder Gewalttaten zu bringen, sagte er. Benötigt werde hier eine Korrektur, die auch zu einer Akzeptanz der Betroffenen führt. Es brauche eine Einzelfallgerechtigkeit statt einer „pauschalen Vermutung, jeder über 60 Tagessätze gehört nicht mehr in die Luftfahrt“.

Arnd Krummen von der Gewerkschaft der Polizei kritisierte als Vertreter der Bundespolizei, dass Sicherheitsaufgaben an Flughäfen in den Händen von privaten Unternehmen lägen. Derartige hoheitliche Aufgaben müssten mindestens von Beschäftigten einer Bundesanstalt für Luftsicherheit ausgeführt werden, sagte er. Es sei zu begrüßen, dass es der Bundespolizei künftig ermöglicht werden soll, die Mitarbeiter zu überprüfen. Krummen sprach sich zudem gegen die Abschaffung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen für Privatpiloten aus. Auch mit kleineren Flugzeugen, so der Polizei-Vertreter, könne sehr wohl großer Schaden angerichtet werden.

Auch Christoph Schaefer, Director Aviation Security bei der Lufthansa, lehnte Ausnahmen für Privatpiloten aus. Die Möglichkeit, Einblick in das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister zu nehmen, begrüßte er ebenso wie das Luftsicherheitsregister. Wirksam könne das aber nur sein, „wenn alle Bundesländer mitziehen“. Der Lufthansa-Vertreter räumte ein, dass die Berufszugangsschranke, die die luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung darstelle, ohne weiteres gerechtfertigt sei, da es um den Schutz hochwertiger Rechtsgüter und insbesondere von Leib und Leben möglicher Anschlagsopfer gehe. Allerdings müsse die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens gewahrt bleiben. In Deutschland habe die Negativquote in den letzten Jahren - obwohl jeder Zweifel ein Ablehnungsgrund sei - nur bei fünf Prozent gelegen. In der aktuellen Situation des Fachkräftemangels in bestimmten Sparten sei es wichtig, dass die Ergebnisse der Überprüfung „zügig zur Verfügung stehen“, sagte Schaefer.

Keine Bedenken gegen den Gesetzentwurf hat Berthold Stoppelkamp vom Bundesverband der Sicherheitswirtschaft. Die Überprüfungen müssten auf fundierter Grundlage in einem vertretbaren Zeitraum erfolgen, forderte er. Mit der Einrichtung eines zentralen Registers verbinde er die Hoffnung auf die Beschleunigung der Prozesse insbesondere auf der Arbeitgeberseite, sagte Stoppelkamp. Sonderregelungen für Privatpiloten lehnte er ab. Es nicht nachvollziehbar, wenn Putzfrauen auf den Flughafen überprüft würden, nicht aber Privatpiloten, die durchaus zur Gefährdung der Luftsicherheit in Deutschland beitragen könnten.

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