Fragiler Frieden im Sudan
Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen der sudanesischen Übergangsregierung, die Situation der Menschenrechte nach fast 30 Jahren Diktatur in dem nordostafrikanischen Land zu verbessern. Die von Premierminister Abdalla Hamdok geführte zivile Regierung habe seit ihrem Antritt im August 2019 eine „Wende“ eingeleitet, sagte eine Vertreterin der Bundesregierung am Mittwochnachmittag im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. „Es gibt den Willen, die Lage zu verändern und die Vergangenheit aufzuarbeiten.“ Ein Zeichen für diese Bestrebungen sei unter anderem die Eröffnung eines Büros des UN-Hochkommisariats für Menschenrechte. Dies sei ein wichtiger Schritt, um die Menschenrechtssituation im Land beobachten zu können, sagte die Regierungsvertreterin.
Auch der Zugang zu humanitärer Hilfe habe sich etwas verbessert. Hilfsorganisationen brauchten seit Februar keine permanenten Genehmigungen mehr; sie müssten allerdings anzeigen, in welcher Region sie sich aufhielten. Trotz dieser Fortschritte gelte es aber „wachsam zu bleiben“, erklärte die Vertreterin des Auswärtigen Amtes. Der Transformationsprozess und insbesondere die Machtbalance zwischen zivilen und militärischen Kräften sei weiterhin „fragil“. Das zeige auch der gescheiterte Anschlag auf Premierminister Hamdok am Montag.
Nach der Entmachtung des Diktators Omar al-Bashir im April 2019 hatte zunächst das Militär die Führung des Landes übernommen. Dagegen protestierten große Teile der Bevölkerung und forderten eine zivile Regierung. Dabei kam es in der Hauptstadt Khartoum im Mai unter anderem zu Straßenblockaden, die die Militärführung gewaltsam niederschlug. Im Juli 2019 einigten sich Militär und Vertreter der Protestbewegung nach zähem Ringen unter Vermittlung der Afrikanischen Union und Äthiopiens schließlich auf eine gemeinsame Übergangsregierung. Ein oberster Rat, besetzt mit Mitgliedern der Streitkräfte und Vertretern der Zivilgesellschaft, soll das Land für drei Jahre bis zu den demokratischen Wahlen führen.
Dem Ökonomen Hamdok komme seither die schwierige Aufgabe zu, den Sudan nach dem blutigen Konflikt in der Region Darfur und Grenzstreitigkeiten in den Nuba-Bergen zu befrieden sowie Auswege aus der schweren Wirtschaftskrise zu finden. „Die Währung befindet sich im freien Fall, die Inflation steigt und es mehren sich die Berichte, wonach die Menschen nur noch eine Mahlzeit pro Tag zu essen haben“, berichtete die Vertreterin der Bundesregierung. Das bewege die Menschen vor Ort derzeit besonders - mehr als eine mögliche Auslieferung des ehemaligen Machthabers al-Bashir an den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, sagte die Regierungsvertreterin auf Nachfrage der Abgeordneten.
Vertreter fast aller Fraktionen hatten zuvor die Ankündigung der sudanesischen Regierung mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenarbeiten begrüßt: Die SPD verband damit die Hoffnung, dass auch die Akzeptanz des Gerichtshofes in Den Haag steigen könne. Die FDP betonte die Notwendigkeit, Menschenrechtsverletzungen über die Jahre 2003 bis 2009 hinaus zu ahnden. Bündnis 90/Die Grünen hingegen gaben zu bedenken, dass es für eine Auslieferung des Diktators al-Bashir noch keine Bestätigung gebe. Die Äußerungen seien bislang zu „wenig konkret“. Fragen der Fraktionen zielten zudem auf die Rechte von Frauen im Sudan, die Rolle der Muslimbrüder innerhalb der Protestbewegung sowie die Kooperation mit der sudanesischen Übergangsregierung im Bereich Migrations- und Grenzmanagement.