Literalität und „AlphaDekade“
Berlin: (hib/ROL) Zu den Inhalten der „AlphaDekade“ zur Bekämpfung mangelnder Lese- und Schreibfähigkeiten nimmt die Bundesregierung in der Antwort (19/18395) auf eine Kleine Anfrage (19/17507) der FDP-Fraktion Stellung. Ansprache und das Bemühen, die Menschen zum Lernen und Üben zu motivieren, sind eine zentrale Aufgabe und Herausforderung für Politik und Gesellschaft, die mit Hilfe der Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016 bis 2026 („AlphaDekade“) angegangen werden soll. Laut der Studie „LEO 2018 - Leben mit geringer Literalität“ der Universität Hamburg gibt es immer noch 6,2 Millionen Menschen in Deutschland, die nur gering literalisiert sind. Für die „AlphaDekade“ hat die Bundesregierung rund 180 Millionen Euro veranschlagt.
Ein Grund für die weite Verbreitung von geringer Literalität ist laut der LEO 2018 auch, dass 16,8 Prozent der Befragten angegeben haben, dass sie wegen beruflicher Termine, familiärer Verpflichtungen (16,1 Prozent) sowie aus sonstigen persönlichen Gründen (14,9 Prozent) keine Zeit haben, an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Um mehr über die Zielgruppe von Alphabetisierungs- und Grundbildungsangeboten, ihre Lebenswelt und ihr soziales Milieu zu erfahren, wolle das Bundesbildungsministerium (BMBF) in Zukunft mehr Forschungsvorhaben fördern, bei denen neben der Wirksamkeit von Strategien zur Gewinnung von Betroffenen auch die Gründe für die Nichtteilnahme von Lernangeboten oder eines frühzeitigen Abbruch erforscht werden.
Neben der direkten Ansprache von gering literalisierten Erwachsenen sei die Ansprache und Sensibilisierung des sogenannten mitwissenden Umfelds, also von Schlüsselpersonen und Multiplikatoren, ein zentrales Ziel der „AlphaDekade“. Dabei seien im Rahmen der vom BMBF geförderten Projekte 2018 insgesamt 164 Angebote mit insgesamt 2.654 Multiplikatoren durchgeführt worden. Flankierend plane das BMBF dazu, die laufende Kampagne „Lesen & Schreiben - Meine Schlüssel zur Welt“ ebenfalls noch stärker auf die Zielgruppen der gering literalisierten Erwachsenen und ihr mitwissendes Umfeld auszurichten, um die Gruppe der Nichtteilnehmenden zu motivieren, Bildungsangebote wahrzunehmen. Die Angebote zielten auch auf die Verbesserung der Beratungskompetenz ab und richteten sich etwa an Mitarbeiter von Stadtverwaltungen und Jobcentern aber auch an Betriebs- und Personalräte in Unternehmen. Das Ziel sei, dass funktionale Analphabetinnen und Analphabeten besser erkannt werden.
Die lebensweltorientierten Projekte, bei denen Bildungsträger mit Trägern von Sozialräumen kooperieren, sprächen gering literalisierte Personen dort an, wo sie mit ihren alltäglichen Fragen und Problemen Hilfe suchen würden. Das Projekt „Kontrastive Alphabetisierung im Situationsansatz“ (KASA) richtete sich an Migrantinnen und Migranten mit den Muttersprachen Türkisch, Arabisch oder Farsi. Etwa zwei Drittel der Teilnehmenden seien Frauen.Insgesamt seien die verschiedenen Förderschwerpunkte des BMBF stark auf die Erprobung und der Praxistransfer innovativer Modelle der Alphabetisierung im Bereich des Arbeitsplatzes und ihrem persönlichen Umfeld ausgerichtet.
Ein weiterer Sonderschwerpunkt sei das Programm „Förderung der Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen“ im Bundesprogramm Mehrgenerationenhäuser des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. In den Jahren 2018 bis 2020 hätten pro Jahr durchschnittlich 170 Mehrgenerationenhäuser im Rahmen des Sonderschwerpunkts zusätzliche Mittel erhalten, um neuartige und niedrigschwellige Ansätze zu entwickeln.
Grundsätzlich werde der Stand der Umsetzung des Arbeitsprogramms der „AlphaDekade“ in den Sitzungen des Kuratoriums kontinuierlich reflektiert. Eine Aktualisierung des Arbeitsprogramms sei bisher laut Bundesregierung von allen beteiligten Partnern nicht als notwendig erachtet worden, so dass das Arbeitsprogramm mit Stand 8. März 2017 weiterhin gültig bleibe.