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11.05.2020 2. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 484/2020

Nur mit einem Bieter verhandelt

Berlin: (hib/CHB) Nach fast zweimonatiger Pause hat der 2. Untersuchungsausschuss („Pkw-Maut“) vergangene Woche seine Arbeit wieder aufgenommen. Unter Leitung des Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) standen dabei erneut europa- und vergaberechtliche Fragen im Mittelpunkt.

Beleuchtet wurde insbesondere die Sicht des Bundeskanzleramts. Wie aus Unterlagen, die im Ausschuss zitiert wurden, hervorgeht, sah dieses beim ersten, Mitte 2014 vom Bundesverkehrsministerium vorgelegten Konzept erhebliche rechtliche und politische Probleme. Später seien daran aber Änderungen vorgenommen worden, sodass der Entwurf als „europarechtlich haltbar“ eingeschätzt worden sei, sagte Zeuge Dirk P.-J., Leiter des Referats Verkehrspolitik und Nachhaltige Mobilität im Bundeskanzleramt.

Dass Österreich 2017 gegen die Pkw-Maut klagte, sei im Bundeskanzleramt mit Überraschung aufgenommen worden, sagte der Zeuge weiter. Diese Einschätzung begründete der Referatsleiter damit, dass zuvor noch nie ein EU-Mitgliedsstaat Klage gegen Deutschland erhoben habe. Anfang 2019 schrieb der Referatsleiter in einem Vermerk zudem, das Plädoyer des Generalanwalts vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) habe die Auffassung widerlegt, wonach die Pkw-Maut „eklatant europarechtswidrig“ sei.

Im Ausschuss ebenfalls zitiert wurde ein weiterer Vermerk aus dem Bundeskanzleramt, der am 18. Juni 2019 angefertigt wurde. „Ein negatives Urteil des EuGH stand immer zu befürchten“, stand darin. Möglicherweise seien auch Vertragsstrafen zu erwarten, falls die Pkw-Maut nicht umgesetzt werden könne. Am selben Tag hatte der EuGH entschieden, dass die Infrastrukturabgabe für Personenkraftwagen in der vom Bundestag beschlossenen Form nicht vereinbar mit EU-Recht sei, da sie eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsbürgerschaft darstelle. Zeuge P.-J. erklärte dazu vor dem Ausschuss, die Aussage, wonach ein negatives Urteil immer zu befürchten gewesen sei, habe lediglich bedeutet, ein solches Urteil sei nicht auszuschließen gewesen.

Im Weiteren widersprach der Zeuge der These, die Vorgaben des Koalitionsvertrags von 2013 für die Pkw-Maut seien nicht umsetzbar gewesen. Diese These hatte der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer(CSU) in seiner Aussage vor dem Ausschuss vertreten. Allerdings räumte der Referatsleiter ein, seinerzeit sei allen klar gewesen, „dass es eine gewisse Herausforderung ist, alle Kriterien zusammenzubringen“.

Befragt wurden außerdem Mitarbeiter des Bundesverkehrsministeriums. Dabei bestätigte der Referent Adrian W., das Risiko eines negativen EuGH-Urteils sei in seinem Ministerium auf lediglich 15 Prozent beziffert worden. Deutlich machte er, dass das Ministerium 2018 unter Druck stand, die Betreiberverträge bis Ende des Jahres abzuschließen, da die Verpflichtungsermächtigung des Bundestags zu diesem Zeitpunkt auslief.

Intensiv befragt wurde der Zeuge, der seit 2014 mit der Pkw-Maut befasst war, wie die Entscheidungsprozesse in den letzten Monaten des Jahres 2018 abliefen. Zu diesem Zeitpunkt hatten drei von vier Bietern darauf verzichtet, ein finales Angebot für die Erhebung der Pkw-Maut abzugeben. Wer damals entschied, den Vergabeprozess nicht abzubrechen, sondern mit dem letzten verbliebenen Bieter (Kapsch TrafficCom/CTS Eventim) weiterzuverhandeln, konnte der Zeuge nicht sagen. Er bestätigte, dass ein weiterer Bieter, nämlich Arvato, um ein Gespräch gebeten habe, um nach Möglichkeiten zu suchen, doch ein finales Angebot abgeben zu können. Dieses Ansinnen habe das Verkehrsministerium jedoch abgelehnt.

Zu den Vorkommnissen Ende 2018 konnte auch Annika B., ebenfalls Referentin im Bundesverkehrsministerin, wenig Aufklärung bieten. Sie nahm zwar im November an einem Treffen der Bietergemeinschaft mit Vertretern der bundeseigenen Toll Collect GmbH teil, hielt aber nach eigenen Angaben dort lediglich ein Grußwort. Am 18. Juni 2019, dem Tag des EuGH-Urteils, verfasste sie ein Papier mit einer Übersicht über die möglichen Handlungsoptionen. Dieses sei jedoch im Wesentlichen von Beratern der Rechtsanwaltskanzlei Greenberg Traurig erarbeitet worden, erklärte die Zeugin.

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