BKA-Beamter widerspricht Vorwürfen
Berlin: (hib/WID) Vor dem 1. Unterschungsausschuss („Breitscheidplatz“) hat ein ranghoher Beamter des Bundeskriminalamts Kritik am Umgang seiner Behörde mit dem Fall des späteren Attentäters Anis Amri energisch zurückgewiesen. Insbesondere über das angeblich spannungsreiche Verhältnis zum nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt in diesem Zusammenhang seien völlig falsche Vorstellungen im Umlauf, betonte der Leitende Kriminaldirektor Sven K. vergangene Woche. Der heute 54-jährige Zeuge trug 2016 als Gruppenleiter im Polizeilichen Staatsschutz die Verantwortung für die Abwehr des radikalislamischen Terrorismus. Mit derselben Materie ist er seit November 2019 als Leiter der damals neu gebildeten Abteilung TE befasst.
Zu den Meinungsverschiedenheiten mit dem Düsseldorfer LKA über die Brisanz des Falles Amri erklärte K., weder habe seine Behörde beabsichtigt, einen hochkarätigen V-Mann des LKA zum Schweigen zu bringen, noch habe sie sich einer Bitte verweigert, Ermittlungen des LKA gegen den Hildesheimer Kreis des islamistischen Predigers Abu Walaa an sich zu ziehen. Ein formales, schriftliches Ersuchen in diesem Sinne, wie es unbedingt erforderlich gewesen wäre, habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
K. erinnerte sich, dass in einer Sitzung des Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrums (GTAZ) der deutschen Sicherheitsbehörden der telefonisch zugeschaltete Düsseldorfer Ermittlungsleiter, Kriminalhauptkommissar M., die Anregung geäußert habe, das BKA könnte den Fall vielleicht an sich ziehen. Dies habe aber weiter keine Folgen gezeitigt. In den Jahren 2015 und 2016 seien solche Anregungen aus Länderbehörden an die Adresse des BKA nicht selten gewesen. Die rechtlichen Hürden für die Übernahme eines Verfahrens in Bundeszuständigkeit seien jedoch hoch, weil der Gesetzgeber die originäre Zuständigkeit den Ländern zugeordnet habe.
K. widersprach auch dem Vorwurf, dass die abweichende Ansicht des Düsseldorfer LKA zur Gefährlichkeit Amris in den Protokollen des GTAZ, für die das BKA die Federführung innehat, nicht berücksichtigt worden sei. Es sei jederzeit möglich gewesen, solche Protokolle nachzubessern. Im gesamten Verlauf des Jahres 2016 habe das LKA in keinem einigen Fall einen Änderungswunsch geäußert. Es habe auch niemals zu diesem Thema das persönliche Gespräch mit Vertretern des BKA gesucht.
Völlig unverständlich sei ihm, wie in Düsseldorf der Eindruck habe aufkommen können, im BKA bestehe eine „Anweisung von ganz oben“, einen hochkarätigen V-Mann des LKA im radikalislamischen Milieu „totzuschreiben“, sagte der Zeuge. Von einem entsprechenden vertraulichen Hinweis eines BKA-Kollegen hatte Kriminalhauptkommissar M. im November als Zeuge vor dem Ausschuss berichtet. Seither grübele er darüber nach, welches Missverständnis dazu geführt haben könnte, dass M. zu einer solchen Aussage gekommen sei. Sicher sei jedoch, dass ein Gespräch dieses Inhalts nie stattgefunden habe.
Als befremdlich habe er auch das Verhalten des Zeugen M. ihm selber gegenüber empfunden, gab K. zu verstehen. Er sei M. bei zwei Anlässen im Juli 2019 sowie ein weiteres Mal eine Woche nach dessen Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss im November zufällig begegnet. Im Juli hätten sie beide völlig entspannt eine Stunde lang miteinander geplaudert. Im November habe M. um Verständnis für seine Aussage geworben, ohne schlüssig erklären zu können, warum er das Thema im Juli nicht angesprochen hatte.