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15.05.2020 1. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 508/2020

Zeuge schildert Amris Werdegang

Berlin: (hib/WID) Der Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri hat sich erst nach langem Zögern entschlossen, einen Anschlag in Deutschland zu verüben, nachdem sein Versuch gescheitert war, das Land zu verlassen. Diese These vertrat ein Beamter des Bundeskriminalamts (BKA) am Donnerstag vor dem 1. Untersuchungsausschuss. Der Erste Kriminalhauptkommissar A.M. war in den Wochen nach dem Anschlag im Bereich „Zentrale Auswertung“ der in den Ermittlungen federführenden Besonderen Aufbauorganisation (BAO) „City“ damit beschäftigt, alle verfügbaren Informationen über Amri zusammenzutragen. Am 6. März 2017 legte er einen ersten umfassenden Bericht über dessen Werdegang während seines Deutschland-Aufenthalts vor.

Nach seiner Darstellung gab Amri im Zeitraum zwischen Dezember 2015 und Februar 2016 „unspezifische Überlegungen“ zu erkennen, einen Anschlag zu begehen, allerdings damals noch „begleitet von Ausreiseabsichten“. Er habe einen Eindruck von Unsicherheit und Wankelmut vermittelt, zugleich freilich sei seine Gefährlichkeit durchaus erkennbar gewesen. Erst nachdem er Ende Juli 2016 an der Grenze zur Schweiz bei dem Versuch gestoppt worden war, Deutschland zu verlassen, habe der „Wille zum Anschlag“ endgültig überwogen und sich im Herbst zunehmend konkretisiert und verfestigt.

Erst seit Anfang 2018 ist den deutschen Behörden bekannt, dass Amri das Attentat offenbar zunächst gemeinsam mit dem französischen Konvertiten Clément Baur verüben wollte. Diesen hatte er Anfang 2016 kennengelernt und war ihm im Frühherbst in Berlin wiederbegegnet. In der Wohnung des gemeinsamen Bekannten Magomet Ali Chamagow in Berlin-Buch horteten sie Sprengstoff und planten eine Explosion im Berliner Gesundbunnen-Center. Als am 26. Oktober 2016 die Polizei bei Chamagow vor der Tür stand, packte Baur die Panik. Am 30. Oktober setzte er sich nach Frankreich ab, nachdem er am Vortag ein letztes Mal mit Amri zusammengekommen war. Am 18. April 2017 nahm die französische Polizei Baur in Marseille fest. In seinem Besitz waren drei Kilo Sprengstoff und mehrere Schusswaffen.

Nach Baurs Abreise aus Berlin hätten sich „zwei Anschlagsstränge weiterentwickelt“, sagte der Zeuge: „Der eine endete am Breitscheidplatz, der andere wurde unterbrochen von den französischen Ermittlern.“ Einen oder zwei Tage nach Baurs Abreise leistete Amri den Treueid auf den Islamischen Staat (IS). Spätestens seit dem 10. November stand er in Verbindung mit seinem IS-Mentor Mouadh Tounsi alias „Momo1“. Seit dem 28. November klapperte er täglich das Berliner Krause-Ufer ab, um unter den dort abgestellten Lastwagen nach einem für die Tat geeigneten Fahrzeug zu suchen.

Der Zeuge vertrat die These, dass sich Amri erst am Abend des 19. Dezember 2016 spontan entschlossen habe, die Tat zu begehen, als er zufällig den passenden Lastwagen fand. Er betonte auch mehrfach, Amri habe als Einzeltäter gehandelt. Es gebe „keine Anhaltspunkte über die Einbindung weiterer in Deutschland ansässiger Personen“. Dies gelte auch für Amris Bekannten Bilel ben Ammar.

Der Zeuge widersprach dem Eindruck, Ben Ammar sei bis zuletzt Amris engster Vertrauter gewesen. Bereits im Dezember 2015 und erneut mehrfach im April 2016 habe sich Amri höchst abfällig über Ben Ammar geäußert. Er habe ihn für einen nicht vertrauenswürdigen Schwätzer gehalten. Amri sei extrem misstrauisch, fast paranoid gewesen. Clément Baur sei für ihn zuletzt der einzige verbliebene vertrauensvolle Kontakt gewesen.

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