Mautvertrag wurde haushaltsrechtlich nicht eingehend geprüft
Berlin: (hib/CHB) Die bundeseigene Toll Collect GmbH hat Geld für die Pkw-Maut ausgegeben, als das durch ihren Gesellschaftszweck noch nicht gedeckt war. Dies hat eine Zeugin aus dem Bundesverkehrsministerium am Donnerstag im 2. Untersuchungsausschuss („Pkw-Maut“) bestätigt. Obwohl der Gesellschaftszweck der eigentlich für die Lkw-Maut zuständigen Gesellschaft erst im Mai 2019 auf die Pkw-Maut erweitert worden sei, seien schon zuvor Ausgaben für die Pkw-Maut getätigt worden, sagte die Haushaltsbeauftragte des Verkehrsministeriums, Antje G., in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten Sitzung. Sie selbst habe dies erst im Mai 2019 erfahren.
Auch über das finale Angebot des Bieterkonsortiums Paspagon (CTS Eventim/Kapsch TrafficCom) wurde die Haushaltsverantwortliche nach eigenen Angaben mit Verzögerung informiert. Das Angebot war fristgerecht am 17. Oktober 2018 eingegangen. Doch erst am 8. November 2018, so die Zeugin, habe die für Haushaltsfragen zuständige Titelverantwortliche des Mautreferats in einer eher beiläufigen E-Mail mitgeteilt, dass das Angebot um rund eine Milliarde Euro über dem haushaltsrechtlichen Rahmen lag. Es habe dann noch einmal einige Tage gedauert, bis die Brisanz dieser Mitteilung deutlich geworden sei.
Zu diesem Zeitpunkt sei es nicht mehr möglich gewesen, die Verpflichtungsermächtigung auf das Jahr 2019 zu übertragen, erklärte die Zeugin weiter. Denn dies hätte spätestens in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses beantragt werden müssen, die am 8. November 2018 stattfand. Möglich gewesen wäre dann laut G. noch der Weg über eine überplanmäßige Ausgabe.
Dieser Weg musste aber nicht beschritten werden, da es dem Ministerium gelang, in Gesprächen mit dem Bieterkonsortium die Angebotssumme auf die gewünschte Höhe zu senken. Über die Details dieser Verhandlungen war G. nach eigenen Worten nicht informiert. Mitte Dezember 2018 erhielt sie eine E-Mail aus dem Fachreferat, wonach das Angebot jetzt vollständig und wirtschaftlich sei. Auf diese Aussage habe sie sich verlassen und den Sachverhalt nicht weiter geprüft, sagte G. Eine solche Prüfung sei auch nicht möglich gewesen, da sie den Inhalt des Vertrags gar nicht gekannt habe.
Überrascht wurde G. dann allerdings im Mai 2019, als plötzlich zusätzlich 144 Millionen Euro für das Projekt Pkw-Maut benötigt wurden. Grund dafür war laut G. der Unterauftragnehmervertrag zwischen der Betreiberfirma Autoticket und Toll Collect: Weil die Vergütung für die von Toll Collect erbrachten Leistungen nicht auskömmlich war, musste der Bund Geld zuschießen.
Als Zeuge befragt wurde Christian K., Referent im Mautreferat des Bundesverkehrsministeriums. K., der bereits am 12. März im Ausschuss vernommen worden war, wiederholte im Wesentlichen seine damaligen Aussagen. So erklärte er, ursprünglich gegen den Einbezug von Toll Collect in das Projekt Pkw-Maut gewesen zu sein. Er sei der Ansicht gewesen, dass es für den Fall von technischen Problemen besser gewesen wäre, die Systeme getrennt zu halten. Weil das Angebot des Bieterkonsortiums aber so hoch gewesen sei, sei es nötig gewesen, in diesem Punkt umzudenken.