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06.11.2020 1. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 1204/2020

BND-Präsident zieht selbstkritisch Bilanz

Berlin: (hib/WID) Wenige Wochen vor dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz hat der Bundesnachrichtendienst (BND) überprüft, ob der Attentäter Anis Amri womöglich mittlerweile in seine Zuständigkeit fiel. Die Ortung der deutschen Mobilfunknummer Amris im November 2016 habe allerdings ergeben, dass sich der Mann weiterhin in Deutschland aufhielt, also kein Fall für einen Auslandsnachrichtendienst war, sagte BND-Präsident Bruno Kahl am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss („Breitscheidplatz“). Der heute 58-jährige Zeuge wurde ein knappes halbes Jahr vor dem Anschlag an die Spitze seiner Behörde berufen.

Der BND sei im Laufe des Jahres 2016 nur zweimal in flüchtige Berührung mit dem Fall Amri gekommen, berichtete Kahl dem Ausschuss. Im Februar habe er auf Bitten der Polizei zwei libysche Mobilfunknummern überprüft, die Amri von Deutschland aus angerufen habe. Die Untersuchung sei allerdings im Sande verlaufen. Im September und Oktober seien dem BND wie auch dem Bundeskriminalamt mehrere Anfragen eines marokkanischen Geheimdienstes zugegangen, in denen auch von radikalislamischen Aktivitäten Amris die Rede war.

Kahl betonte, dass er die damalige Entscheidung, diese Information nicht unverzüglich auch an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) weiterzuleiten, mittlerweile für einen Fehler halte. Das hätte geschehen müssen, meinte er, wenn auch allein dadurch der Anschlag letztlich wohl nicht verhindert worden wäre. Warum dann am 2. November 2016 in einer Sitzung des Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrums (GTAZ) der deutschen Sicherheitsbehörden der Auftrag, der Stichhaltigkeit der marokkanischen Erkenntnisse nachzugehen, dem BfV zufiel und nicht dem BND, vermochte Kahl nicht schlüssig zu erklären. Womöglich habe der Vertreter des BfV sich selber dazu gemeldet und der BND keinen Anlass gesehen, deswegen einen Zuständigkeitskonflikt zu inszenieren.

Eine wesentliche aktivere Rolle als vor dem Anschlag habe der BND in der Zeit danach gespielt, berichtete Kahl weiter. Seiner Behörde sei damals die Aufgabe zugefallen, ausländische Partnerdienste nach Erkenntnissen über den Attentäter Amri abzufragen. Dabei seien seiner Behörde unter anderem mehrere Videos zugegangen, darunter eines, auf dem zu sehen war, wie der Attentäter mit seiner Waffe herumfuchtelte. Auch in diesem Fall habe der BND entschieden, das Material nicht umgehend ans Bundeskriminalamt weiterzuleiten, weil es auf den ersten Blick keine weiterführenden Informationen zu enthalten schien. Auf keinen Fall sei jedoch beabsichtigt gewesen, die Videos den deutschen Partnerbehörden vorzuenthalten, betonte Kahl.

Mittlerweile gelte ohnehin die Maxime: „Im Zweifel eher weitergeben.“ Kahl räumte ein, dass „bei den deutschen Behörden“ einiges im Vorfeld des Anschlages „nicht so gelaufen“ sei wie es hätte laufen sollen. Es bestehe Anlass, „das eigene Handeln selbstkritisch zu überprüfen“ und auch „eigene Fehler einzugestehen“. Nicht zuletzt Kommunikation und Kooperation hätten vielfach zu wünschen übrig gelassen.

Unzureichend gewesen sei auch das Instrumentarium, um die Wahrscheinlichkeit eines drohenden Anschlags einzuschätzen. Dabei habe sich der Fokus einzig auf der Plausibilität vorliegender Information über mögliche Attentatszenarien gerichtet, nicht aber auf die Persönlichkeit mutmaßlicher Täter. In diesem Punkt sei 2017 mit der Einrichtung einer eigenen „AG Risikomanagement“ im GTAZ Abhilfe geschaffen worden.

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