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25.11.2020 Wirtschaft und Energie — Ausschuss — hib 1298/2020

Digitales rückt in Kartell-Fokus

Berlin: (hib/FLA) Überwiegend positiv haben die Sachverständigen geplante Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) beurteilt. Bei einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie unter der Leitung von Matthias Heider (CDU/CSU) bewerteten sie den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für ein fokussiertes, proaktives und digitales Wettbewerbsrecht 4.0 und anderer wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen“ (GWB-Digitalisierungsgesetz, 19/23492) sowie Anträge der FDP (19/23688), der Linken (19/23698 neu) und von Bündnis 90/Die Grünen (19/23701, 19/23705).

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, meinte, seine Behörde habe sich schon verschiedentlich mit Amazon oder Facebook angelegt und teils auch einvernehmliche und damit rasche Lösungen gefunden. Die Verfahren dauerten allerdings lange, wenn sie durch die Instanzen gingen. Die im Gesetzentwurf in diesem Zusammenhang angepeilten Verbesserungen würden dem Kartellamt ungemein helfen, sagte er mit Blick auf die von ihm als maßvoll eingestuften Anpassungen zur Beschleunigung von Verwaltungsverfahren, um frühzeitiger auf Wettbewerbsgefährdungen reagieren und dauerhafte Schädigungen verhindern zu können.

Daniela Seeliger von der Kanzlei Linklaters beurteilte den Regierungsentwurf grundsätzlich positiv. Es sei richtig und notwendig, das Gesetz maßvoll an die Erfordernisse der Digitalisierung anzupassen. Die vorgeschlagenen Änderungen seien in den meisten Fällen ausgewogen. Sie seien ausreichend wirksam und gingen nicht über das notwendige Maß hinaus. Die Forderung nach einer Verschärfung des Entwurfs halte sie für nicht gerechtfertigt.

Achim Wambach (Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) sah in seiner mit den Mitgliedern der Monopolkommission abgestimmten Stellungnahme weiterhin Probleme bei der Durchsetzung der bestehenden Missbrauchsregeln. Er empfahl, die Mitwirkungspflichten der Unternehmen zu intensivieren, um das Informationsgefälle zwischen ihnen und den Wettbewerbsbehörden bei der Sachverhaltsermittlung zu verringern und schnellere behördliche Interventionen zu gewährleisten. Die geplante Beschränkung des gesetzlichen Auftrags der Monopolkommission auf die Würdigung abgeschlossener kartellbehördlicher Verfahren wäre, wie er meinte, ein falsches Signal im Hinblick auf die gesetzliche verankerte Unabhängigkeit der Monopolkommission.

Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) sprach von einem „kartellrechtlichen Schlüsselmoment“. Selten zuvor sei ein Update der Regelungen so erforderlich gewesen. Das bisherige kartellrechtliche Instrumentarium genüge für die „Zähmung der Internetgiganten“, wie er es ausdrückte, nicht. Kritisch seien stets Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Kartellrechts zu sehen. Das gelte auch für neuerliche Anläufe zur Freistellung bestimmter Medienunternehmen. Im Bereich der Krankenhausfusionskontrolle solle eine Korrektur nicht über die Bindung an das Krankenhausrecht ohne Einbindung der Wettbewerbsbehörde erfolgen, sondern über die zu berücksichtigenden Umsätze.

Anselm Rodenhausen (Zalando) vertrat die Ansicht, die Bundesregierung komme mit dem Gesetzentwurf ihrer ambitionierten und notwendigen Zielsetzung, einen Ordnungsrahmen für die Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaft zu setzen, sehr nahe. Das deutsche Wettbewerbsrecht brauche ein Update. Denn digitale Märkte folgten neuen Mechanismen. Sie erleichterten den Aufbau von Marktmacht und machten den Missbrauch von Marktmacht umso folgenschwerer. So fielen etwa große geographische Entfernungen weniger ins Gewicht. Im Online-Handel könnten Kunden theoretisch auch vom anderen Ende der Welt einkaufen.

Für Ralf Scheibach vom Verband der Automobilindustrie war es insbesondere fraglich, ob die Vorschläge zur Missbrauchsaufsicht und zur Fusionskontrolle für die zukünftige Positionierung der Automobilindustrie geeignet sind. Die Erstellung, Speicherung und Verarbeitung von technischen wie personenbezogenen Daten sei heute schon Kernbestandteil von Forschung und Entwicklung. Die Nutzung der Datenwirtschaft bei Herstellung, Vertrieb und Nutzung von Kraftfahrzeugen stelle eine wesentliche Grundlage für die Wettbewerbsposition von Herstellern und Zulieferern künftig dar.

Robby Riedel (Deutscher Gewerkschaftsbund) begrüßte die geplante Neujustierung der Missbrauchsaufsicht. Hervorzuheben sei, dass der Zugang zu Daten als ein Kriterium der Marktbeherrschung herangezogen werden solle. Die gezielte Nutzung von Daten könne Wettbewerbsvorteile generieren und nehme eine zusehends größere Bedeutung für Wertschöpfungsketten auch in der industriellen Produktion ein. Unerwünschte Marktkonzentrations- und Monopolisierungstendenzen seien die Folge. Er verwies auf den horizontalen Interessenausgleich zwischen den Unternehmen. Nötig sei auch ein vertikaler Interessenausgleich zwischen Unternehmen und Beschäftigten.

Klaus Müller (Verbraucherzentrale Bundesverband) begrüßte das Vorhaben der Bundesregierung, das Wettbewerbsrecht an die Entwicklungen der digitalen Ökonomie anzupassen. Die im Mittelpunkt stehende Modernisierung der Missbrauchsaufsicht mit ihren angestrebten Verschärfungen sei notwendig und zu begrüßen - ebenso wie die damit einhergehenden Regelungen und Durchsetzungsbefugnisse des Bundeskartellamts. Müller machte klar, dass die praktische Umsetzung von Datenzugangsansprüchen stets im Einklang mit dem europäischen Datenschutzrecht stehen müsse.

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