Zeugin: Entschädigungsgrundlage für Maut war angemessen
Berlin: (hib/CHB) Eine Beraterin des Bundesverkehrsministeriums hat die Entschädigungsregelungen für die Betreiber der Pkw-Maut als „angemessen“ bezeichnet. Aus wirtschaftlicher Sicht sei es sinnvoll gewesen, als Grundlage für eine Entschädigung den Bruttounternehmenswert zu nehmen, sagte Gisela Kramer, Partner Infrastructure Advisory bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), am Donnerstag, 26. November 2020, im 2. Untersuchungsausschuss („Pkw-Maut“).
PwC war seit 2016 für die wirtschaftliche und technische Beratung beim Projekt Infrastrukturabgabe (Pkw-Maut) zuständig, wobei Kramer zunächst als stellvertretende Projektleiterin und ab Mitte 2018 als Projektleiterin fungierte. Für den Fall einer Kündigung der Verträge aus ordnungspolitischen Gründen - insbesondere wegen eines negativen Urteils des Europäischen Gerichtshofs - sollte ursprünglich der Equity Value als Basis für die Entschädigung dienen. Mehrere Bieter hätten jedoch zu diesem Punkt Verhandlungsbedarf angemeldet, sagte die Zeugin in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten Sitzung. Aus wirtschaftlicher Sicht habe sie dies nachvollziehen können.
Zur Begründung verwies Kramer auf den Unterschied zwischen den beiden Werten. Der Equity Value ist demnach der Wert des Eigenkapitals, während der Bruttounternehmenswert zusätzlich die Rückflüsse an die Fremdkapitalgeber umfasst. Das, argumentierte die Zeugin, sei nachvollziehbar, da ein so großes Projekt immer auch mit Fremdkapital realisiert werde und die Fremdkapitalgeber Gewissheit haben wollten, ihr Geld zurückzukommen, falls der Vertrag aus Gründen gekündigt werde, die der Betreiber nicht zu verantworten habe.
Anders als gelegentlich dargestellt handle es sich beim Bruttounternehmenswert jedoch nicht um den entgangenen Gewinn, betonte Kramer. Vielmehr hänge die Summe von zahlreichen Faktoren ab, darunter den Fragen, wie sich das Unternehmen entwickelt habe und welche Risiken man für die Zukunft einkalkulieren müsse. Deshalb sei es auch plausibel, dass der Bruttounternehmenswert nicht vor Vertragsabschluss berechnet worden sei. Kramer und ihr Team erhielten nach ihren Angaben erst am 18. Juni 2019, dem Tag der Kündigung der Betreiberverträge durch das Bundesverkehrsministerium, den Auftrag, die Entschädigungssumme zu berechnen.
Für Erstaunen unter den Abgeordneten sorgte die Aussage der Zeugin, dass ihr bei Abgabe des finalen Angebots durch das Konsortium aus CTS Eventim und Kapsch TrafficCom am 17. Oktober 2018 nicht bekannt gewesen sei, wie hoch der Haushaltsansatz für die Pkw-Maut gewesen sei. Für den Haushalt sei das Ministerium verantwortlich gewesen, erklärte dazu die Zeugin. Ihre Aufgabe bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung habe primär darin bestanden, zu prüfen, ob die Realisierung der Pkw-Maut durch einen privaten Betreiber günstiger gewesen sei als die Realisierung durch die öffentliche Hand.
Beteiligt war die Zeugin auch an den Aufklärungs- und Beratungsgesprächen, die Ende 2018 mit dem Bieterkonsortium geführt wurden. Diese Gespräche habe sie als „zum Teil mühselig“ empfunden, sagte sie. Auf zahlreiche weitere Fragen antwortete die Zeugin, sie habe an den Sachverhalt keine Erinnerung.