Beamter kritisiert Bundesrechnungshof-Bericht zur Pkw-Maut
Berlin: (hib/CHB) Nach Ansicht eines leitenden Beamten des Bundesverkehrsministeriums hat der Bundesrechnungshof in seinem Bericht zur Pkw-Maut vom Herbst 2019 Vorwürfe ohne ausreichende rechtliche Begründung erhoben. Von einer „sehr flachen juristischen Argumentation“ sprach Guido Z., Leiter der Abteilung Straßenverkehr im Verkehrsministerium, am Donnerstag in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten Sitzung. Der Bundesrechnungshof habe die Argumente des Ministeriums nicht gewürdigt und zudem seinen Bericht sehr spät vorgelegt.
Vehement trat der Zeuge der Darstellung entgegen, er habe sich geweigert, die Stellungnahme des Ministeriums zum Bericht des Bundesrechnungshofs zu unterzeichnen. „Das ist definitiv falsch“, sagte Z. Er sei lediglich der Auffassung gewesen, es sei besser, wenn die Zentralabteilung den Bericht unterschreibe. Tatsächlich unterschrieb dann der Leiter der Abteilung Z.
Alle im Ministerium seien der Meinung gewesen, dass die Klage Österreichs gegen die deutsche Pkw-Maut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) keinen Erfolg haben werde, sagte der Zeuge, der die Leitung der Abteilung Straßenverkehr im April 2018 übernommen hatte. Allen sei klar gewesen, dass das Geld aus der Pkw-Maut schnell - also möglichst schon 2020 - fließen müsse. Das Wahljahr 2021 wäre „ein schwieriges Jahr für derartige Dinge gewesen“.
Thematisiert wurde in der Sitzung auch der interne Informationsfluss, nachdem am 17. Oktober 2018 das Bieterkonsortium CTS Eventim/Kapsch TrafficCom sein finales Angebot abgegeben hatte. Z. wurde nach eigenen Angaben kurz nach diesem Datum über die Höhe des Angebots informiert, die deutlich über dem haushaltsrechtlichen Rahmen lag. „Ich glaube, alle sind in irgendeiner Weise informiert worden“, sagte der Zeuge. Laut anderen Zeugen erfuhr der damalige Staatssekretär Gerhard Schulz jedoch erst vier Wochen später von der Höhe des Angebots.
Als Zeugen der Betreiberseite geladen waren André Laux aus dem Vorstand der österreichischen Firma Kapsch TrafficCom und Volker Schneble, Geschäftsführer der Maut-Betreiberfirma Autoticket. Schneble war bereits am 1. Oktober ein erstes Mal vernommen worden. Laux, als Chief Operating Officer (COO) von TrafficCom für das internationale Vertriebsgeschäft verantwortlich, bestätigte dabei die Schilderung, die schon andere Vertreter des Bieterkonsortiums im Ausschuss gegeben hatten: Die Zusammenarbeit mit Bundesverkehrsministerium und Kraftfahrt-Bundesamt sei gut gewesen, und man sei bei der Umsetzung des Projekts im Zeitplan gewesen. „Das Projekt verlief professionell - ich meine nicht reibungslos“, sagte Laux.
Die Kündigung des Vertrags am 18. Juni 2019, unmittelbar nach dem EuGH-Urteil, habe „ausschließlich politische Gründe“ gehabt. Dass das Ministerium Mängel bei der Feinplanungsdokumentation als Kündigungsgrund angegeben habe, sei „so überraschend wie inakzeptabel“ gewesen.
In der Beratungssitzung abgelehnt wurde ein Antrag der Fraktionen von FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke, der eine Gegenüberstellung von Bundesverkehrsminister Scheuer und CTS-Eventim-Chef Schulenberg nach § 24 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz verlangt hatte. CDU/CSU und SPD lehnten den Antrag ab, mit dem die Oppositionsfraktionen die strittige Frage klären lassen wollten, ob Schulenberg dem Minister tatsächlich am 29. November 2018 anbot, mit der Vertragsunterzeichnung bis nach dem EuGH-Urteil zu warten.