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11.12.2020 3. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 1374/2020

BAFA-Beamte verteidigen ihre Arbeit

Berlin: (hib/FMK) Die Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat nach Auskunft leitender Beamter lange Zeit keinen Anhaltspunkt für Pflichtverletzungen der Firma Ernst & Young (EY) bei der Überwachung der Wirecard AG gesehen. Bis zum Oktober 2019 habe es keinen zwingenden Grund gegeben, ein Berufsaufsichtsverfahren einzuleiten, sagte Naif Kanwan, Leiter der Unterabteilung für Berufsaufsicht im BAFA am Donnerstag vor dem 3. Untersuchungsausschuss („Wirecard“). Der öffentliche Teil der Sitzung fand am 10. Dezember 2020 unter der Leitung von Kay Gottschalk (AfD) statt.

Besonderes Augenmerk legten die Abgeordneten auf einen Telefon-Termin am 13. Februar 2019. Am Tag zuvor hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY dringend um ein Gespräch mit den zuständigen Aufsichtsbeamten gebeten. An der Unterredung hatte der Leiter der Abschlussprüferaufsichtsstelle, Ralf Bose, sowie die zwei ihm direkt unterstellten Unterabteilungsleiter Naif Kanwan und Martins Kocks teilgenommen. Kocks leitet den Bereich Inspektion und Qualitätskontrolle.

Ein führender Manager von EY Deutschland, Christian Orth, überzeugte die Aufseher bei dem Gespräch davon, dass sein Unternehmen die Unregelmäßigkeiten in Asien schnell aufklären werde. In dieser Zeit häuften sich bereits Medienberichte über eventuell aufgeblähte Gewinne und dubiose Geschäfte in Singapur und im arabischen Raum. „Dieser Anruf ist für diesen Ausschuss so wichtig, weil bei schnellem Handeln da noch die Schäden für den Finanzmarkt hätten verhindert werden können“, sagt der Abgeordnete Hans Michelbach (CSU).

Später im Jahresverlauf habe EY Belege dafür vorgelegt, den Vorwürfen auch mit forensischen Mitteln nachgegangen zu sein. Damit seien die Zweifel ausgeräumt gewesen, berichtet Kanwan. „Die Thematik Singapur wurde aus unserer Sicht ordnungsgemäß abgearbeitet“, bestätigt Kocks. Der Abgeordnete Jens Zimmermann (SPD) zeigt sich erstaunt über die Gutgläubigkeit der BAFA-Beamten. Die Überwachung der Abschlussprüfer basiere offenbar vor allem auf Vertrauen. „Je länger wir uns mit der Abschlussprüfung beschäftigen, desto eher merken wir aber, dass auch die nicht rund gelaufen ist.“ Zwar haben die Abschlussprüfer-Aufsichtsstelle (Apas) viele Kontrollkästchen abgehakt, sich dabei aber immer auf Dokumente und Aussagen der Geprüften verlassen. „Das ist so, wie wenn ich zum TÜV gehe und dort selbst bestätige, alle Reparaturen am Auto gemacht zu haben“, so Zimmermann.

Die Abgeordneten wollten in der Sitzung auch den Auswirkungen einer Reihe von Entscheidungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) nachspüren. Diese hatte im Februar 2019 ein Verbot von Leerverkäufen der Wirecard-Aktie ausgesprochen. Sie hat also Wetten auf fallende Kurse verboten. In Deutschland wurde das zum Teil als Botschaft verstanden, dass sich im Ausland unseriöse Investoren gegen Wirecard verschworen haben. Die Unterstellung hinter dieser Interpretation: Die kritischen Artikel in der britischen Zeitung „Financial Times“ seien von Leerverkäufern motiviert, die von einem Absturz der Wirecard-Aktie profitieren würden. Diese Sichtweise stützte auch das Wirecard-Management in jeder Zeit durch seine Kommunikation.

Der Abgeordnete Gottschalk fragte Kanwan, ob diese Entscheidung der Bafin seine Bewertung der Vorwürfe gegen die Wirecard-Prüfer beeinflusst habe. Wenn es keine Scheingeschäfte gab, dann gab es schließlich auch keinen Grund, an der Bestätigung der Jahresabschlüsse durch EY zu zweifeln. Kanwan als zuständiger Aufseher leugnet jedoch, dass dadurch die Weichen in der Apas bereits gestellt gewesen seien. „Wir haben eher gesehen, dass verschiedene Behörden und Organisationen an den Vorwürfen schon dran sind.“ Anzeichen für ein Fehlverhalten von EY habe es da aus Sicht seiner Behörde nicht gegeben.

Im Gesamtbild waren Kanwan und Kocks lange Zeit davon ausgegangen, dass Unregelmäßigkeiten bei der Prüfung der Abschlüsse der Wirecard AG regional begrenzt gewesen seien und sich auf vergleichsweise geringe Summen beschränkten. „Es wirkte nicht wie etwas Besonderes“, sagt Kanwan. Es sei in der Presse zwar von Problemen in Singapur und Dubai die Rede gewesen. Es komme jedoch immer wieder vor, dass Buchhalter Fehler machten oder aktiv betrügen würden.

Die Abgeordneten zeigten sich mehrheitlich erstaunt darüber, dass die Prüfer ein Milliardenproblem dermaßen unterschätzt haben. Sie gestanden ihnen jedoch zu, dass sich die Anhaltspunkte im Rückblick als bedeutungsvoller darstellen als zum Zeitpunkt ihres ersten Auftauchens. Formal waren nach Aussage der Beamten keine weitere Recherchen nötig, um ihren Auftrag korrekt auszuführen. Die Abgeordneten stellten im Ausschuss jedoch genau in diesem Punkt noch weitere Fragen. Warum habe die Apas nicht um Amtshilfe in Singapur nachgesucht, warum habe sie sich nicht besser mit der Bafin koordiniert? Kocks erkannte diese Kritik durchaus an. „Wir reflektieren, welche Aufgaben sich für unsere Tätigkeit ergeben und wie das präventive Element gesteigert werden kann“, sagte Kocks.

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