Geteiltes Echo auf Reform von Elterngeld und Elternzeit
Berlin: (hib/AW) Die von der Bundesregierung geplante Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes ist in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag auf ein zweigeteiltes Echo gestoßen. Einerseits begrüßten die geladenen Sachverständigen mehrheitlich die geplanten Änderungen. Anderseits monierten sie, dass diese nicht weit genug gingen.
Der Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (19/24438) sieht vor, dass der Bezug des Elterngeldes um einen weiteren Monat verlängert wird, wenn das Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher zur Welt kommt. Zudem soll die erlaubte wöchentliche Arbeitszeit für Eltern, die während des Elterngeldbezuges in Teilzeit arbeiten, von 30 auf 32 Stunden angehoben werden. Der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern ermöglicht, soll mit 24 bis 32 Wochenstunden statt mit 25 bis 30 Wochenstunden, bezogen werden können. Thema der Anhörung war zudem ein Antrag der FDP-Fraktion (19/17284), die sich ebenfalls für flexiblere Arbeitszeitkorridore bei den Partnerschaftsmonaten ausspricht.
Sigrid Andersen von der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie begrüßte grundsätzlich die angestrebte Reformen beim Elterngeld und der Elternzeit. Der Gesetzentwurf der Regierung enthalte gute Ansätze. Allerdings sei die Flexibilisierung des Stundenkorridors bei der wöchentlichen Arbeitszeit beim Partnerschaftsbonus nicht weitgehend genug. Andersen sprach sich dafür aus, diesen bereits ab einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden zu ermöglichen. Die Festsetzung auf 24 Wochenstunden werde nicht dazu führen, dass der Partnerschaftsbonus zukünftig häufiger in Anspruch genommen werde, führte sie aus. Für unzureichend hält sie auch die Regelungen für Frühgeburten. Ein zusätzlicher Monat Elterngeld reiche nicht aus. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum der zusätzliche Monat nur gewährt werde, wenn das Kind mindestens sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt kommt.
In diesem Sinne argumentierte auch Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken. Auch er forderte, beim Partnerschaftsbonus den Arbeitszeitkorridor bei bereits 20 Arbeitsstunden pro Woche beginnen zu lassen. Der Sachverständige monierte, dass der Partnerschaftsbonus prinzipiell ein Familienmodell mit zwei Verdienern gegenüber dem Alleinverdienermodell begünstige. Dies stehe im Widerspruch zu verfassungsrechtlich gebotenen Neutralität des Staates. Partnerschaftliche Erziehungsarbeit sei auch in Familien mit nur einem berufstätigen Elternteil möglich. Der Staat solle hier keine Vorgaben machen, forderte Dantlgraber. Zudem sprach er sich dafür aus, für jeden Monat, den ein Kind vor dem errechneten Geburtstermin geboren wird, einen zusätzlichen Elterngeldmonat zu gewähren. Prinzipiell müsse auch der Mindestbetrag des Elterngeldes von 300 auf 450 Euro angehoben werden.
Für eine großzügigere Regelungen bei Frühgeburten, eine Anhebung des Mindestbetrags des Elterngeldes und mehr Flexibilität beim Arbeitszeitkorridor sprach sich auch Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie aus. Vor allem für Alleinerziehende sei der Arbeitskorridor zu eng. Die wöchentliche Mindestarbeitszeit müsse nach unten korrigiert werden.
Das Urteil von Kerstin Plack von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) über das Gesetzesvorhaben fiel ebenfalls zweigeteilt aus. Einerseits begrüßten es die Arbeitsgeber ausdrücklich, wenn Frauen nach der Geburt eines Kindes möglichst schnell wieder in den Arbeitsprozess einsteigen. Deshalb sei die Ausweitung der wöchentlichen Arbeitszeit während der Elternzeit von 30 auf 32 Stunden zu begrüßen. Plack verwies allerdings darauf, dass viele kleinere Betriebe Probleme bei der Umsetzung von Teilzeitmodellen hätten. Es sei sehr schwer, für eine begrenzte Zeit und Wochenstundenzahl qualifizierte Vertretungen auf dem Arbeitsmarkt zu finden.
Silke Raab vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte den Gesetzentwurf. Der erweiterte Arbeitszeitkorridor von 24 bis 32 Wochenstunden sei praxistauglich. Die Vielfalt der damit möglichen Arbeitszeitarrangements erleichterte es nicht nur Müttern, sondern auch Vätern, Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bringen. Raab plädierte darüber hinaus dafür, dass die Regelungen zum Elterngeld angesichts der Corona-Pandemie entfristet werden. So sei derzeit geregelt, dass Verdienstausfälle etwa durch Kurzarbeit nicht zu Nachteilen bei der Inanspruchnahme beziehungsweise der Berechnung des Elterngeldes führen dürfen. Diese Regelung laufe aber Ende des Jahres aus. Dies müsse geändert werden, forderte Raab.
Jörg Freese von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mahnte, dass die Bearbeitung von Elterngeld- und Elternzeitanträgen zukünftig mehr Zeit erfordern werde. Gleiches gelte für die Beratungszeit. Der von der Bundesregierung noch immer veranschlagte Aufwand von zehn Minuten sei nicht mehr realistisch. Ein Beratungsaufwand von 20 bis 30 Minuten sei realistischer.