+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

16.12.2020 Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit — Ausschuss — hib 1395/2020

Fachleute fordern mehr Unterstützung für Biosphärenreservate

Berlin: (hib/CHB) Umweltexperten haben den Bund aufgefordert, sich verstärkt bei den Biosphärenreservaten zu engagieren und so zum Schutz der Biodiversität beizutragen. Nötig sei auch eine bessere Information der zahlreichen Menschen, die in Corona-Zeiten in den Biosphärenreservaten Erholung suchten, hieß es am Mittwoch, 16. Dezember 2020, in einem öffentlichen Fachgespräch im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.

Die 16 deutschen Unesco-Biosphärenreservate seien „ein Netzwerk, das beispiellos in der Welt ist“, sagte Michael Succow, emeritierter Professor für Landschaftsökologie an der Universität Greifswald, in dem von der Ausschussvorsitzenden Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) geleiteten Fachgespräch. Dabei gelte es, den Schutzgedanken mit Naturtourismus in Einklang zu bringen. Wenn Massen von Besuchern kämen, seien die Reservate überfordert, zumal dann, wenn sie keine eigenen Ranger hätten.

Wie stark der touristische Druck auf die Biosphärenreservate ist, berichtete Walter Kemkes, der das jüngste deutsche Biosphärenreservat, das Biosphärengebiet Schwarzwald, leitet. Im Corona-Jahr habe dieser Druck enorm zugenommen, wodurch Tierarten und ihre Lebensräume gefährdet worden seien. Oft seien die Touristen schlecht informiert, erläuterte Kemkes. „80 Prozent wissen gar nicht, wie sie sich im Kinderzimmer des Auerwildes verhalten sollen.“ Dadurch gefährdeten sie Bodenbrüter mit ihren kleinen Nestern. Das Interesse sei jedoch groß: Im Sommer habe das Biosphärengebiet Schwarzwald die Zahl der von Rangern geführten Touren verdoppelt, und diese Touren seien innerhalb weniger Tage ausgebucht gewesen.

Von einem wachsenden Nutzungsdruck berichtete auch Michael Kruse von der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Er forderte mehr Personal, um die Gäste vor Ort zu informieren und in Bezug auf Naturschutzbelange zu sensibilisieren. Dafür, so Kruse, brauche es mehr Geld. Die Einführung einer Naturschutztaxe - analog der Kurtaxe - lehnte er jedoch ab. Diese sei bereits in den 1990er Jahren diskutiert und damals vehement abgelehnt worden. „Derzeit verwenden wir keine Gedanken darauf, so etwas erneut in den öffentlichen Diskurs zu bringen“, erklärte Kruse.

Die Frage, ob sich der Bund finanziell verstärkt einbringen solle, sei „explosiv“, erklärte Matthias Meißner, Abteilungsleiter Biodiversität beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Laut Grundgesetz ist der Naturschutz Sache der Bundesländer. „In der Tiefe“ könne er keine Lösung vorschlagen, räumte Meißner ein. Er wies jedoch darauf hin, dass es beim Digitalpakt Schule gelungen sei, Bundesmittel in den Schulbereich zu leiten, für den eigentlich auch die Länder zuständig seien.

Guido Puhlmann, Leiter des Biosphärenreservats Mittelelbe, regte an, Gelder aus dem Bundesprogramm Blaues Band (Renaturierung von Flüssen und Auen) für die Biosphärenreservate zu aktivieren. Der „gestörte Wasserhaushalt“ - Wasserdefizit auf der einen Seite, steigende Hochwassergefahr auf der anderen Seite - sei eine zentrale Herausforderung, sagte Puhlmann. Für die Biodiversität sei es entscheidend, den Wasserhaushalt zu stabilisieren.

Auf Konflikte zwischen Biosphärenreservaten und wirtschaftlicher Nutzung wies Sebastian Zelder hin, der in der Oberlausitz eine Teichwirtschaft betreibt. Teichwirtschaften hätten sich zu Ersatzlebensräumen für Arten entwickelt. Da sie aber als FFH-Gebiete eingestuft worden seien, ergäben sich „Konflikte zwischen Schutzgebietsbestimmungen und Anforderungen der Teichwirtschaft“, sagte Zelder. Erfolgreich könnten die Bemühungen um Biodiversität jedoch nur sein, wenn sie mit den Menschen gemeinsam erfolgten.

Auch andere Experten sprachen sich für einen verstärkten Dialog zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen aus. Probleme bei der Akzeptanz der lokalen Bevölkerung gebe es dort, wo die wirtschaftliche Tätigkeit eingeschränkt werde, sagte Matthias Meißner vom BUND. Wirtschaft und Naturschutz müssten deshalb miteinander verbunden werden. Für einen solchen Dialog mit Förstern, Landwirten und Fischern fehle es aber oft am nötigen Personal in den Schutzgebieten. Das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin zeige, dass es gelingen könne, ökologische Landwirtschaft, Tourismus und Naturschutz zusammenzubringen, sagte Michael Succow. Er regte zudem an, drei oder vier Biosphärenreservate zu giftfreien Landschaften zu machen. „Das“, betonte er, „wäre ein Vorzeigeprojekt für die Welt.“

Marginalspalte