+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Parlament

„Es hakt an vielen Ecken“

foto_475

Der Bundestag hat am Donnerstag, 4. März 2010, nach 30-minütiger Debatte einen Antrag von CDU/CSU und FDP zur Vollendung des Bologna-Prozesses verabschiedet. Die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraums mit angeglichenen Hochschulabschlüssen voranzutreiben und die Hochschulen in ihren Reformbemühungen stärker zu fördern, ist Ziel der gemeinsamen Initiative der Koalitionsfraktionen (17/905).

Reformen für leistungsfähigere Hochschulen

Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, betonte zum Auftakt der Debatte, trotz großer Fortschritte bei der Umsetzung der Bologna-Reformen „hake es noch an vielen Ecken“. Daher werde es bei der Bologna-Jubiläums-Konferenz in Wien und Budapest gerade auch darum gehen, kritisch Bilanz zu ziehen, so der CDU-Politiker.

In Deutschland könne man aber erste Erfolge vorweisen: 79 Prozent der Studiengänge seien auf Bachelor- und Masterabschlüsse umgestellt, und die überwiegende Mehrheit der Studenten befürworte die Ziele der Reform. Allerdings müssten noch einige Anstrengungen unternommen werden, um die Studienbedingungen zu verbessern, sagte Rachel. Der Bund wolle diese Anstrengungen mit einer zusätzlichen Investition in Bildung und Forschung in Höhe von zwölf Milliarden Euro unterstützen: „Das ist einmalig!“

Außerdem erweitere die Bundesregierung den Hochschulpakt um die „dritte Säule“ eines Qualitätspaktes für gute Lehre. In den kommenden zehn Jahren werde der Bund dafür weitere zwei Milliarden Euro ausgeben, kündigte der Staatssekretär an. Die Hochschulstandort Deutschland solle so noch leistungsfähiger werden.

„Ideenlos, harmlos, folgenlos“

Swen Schulz, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, kritisierte in seiner Rede den Koalitionsantrag scharf: Deutschland habe bei der Umsetzung der Bologna-Reformen eine Menge Probleme, und es hätte einer kraftvolleren Initiative der Koalition bedurft. Der Sozialdemokrat warf FDP und Union vor, die Schwierigkeiten zu verharmlosen. Zwar habe die Zahl der Studienabbrecher an Hochschulen tatsächlich abgenommen, wie in der Vorlage beschrieben. „Doch dass die Zahl der Abbrecher an Fachhochschulen von 17 auf 22 Prozent gestiegen ist, verschweigen Sie!“

Insgesamt geißelte Schulz den Antrag als „ideenlos, harmlos und folgenlos“. Auch die angekündigten zwei Milliarden Euro verteilten sich auf ganze zehn Jahre. Im Haushalt eingestellt seien bislang erst zwei Millionen, monierte der Abgeordnete. „Wir wollen, dass Sie jährlich eine Milliarde mehr in Bildung investieren und nicht so eine Wischiwaschi-Nummer abziehen!“

„Tiefgreifendste Reform seit 200 Jahren“

Dr. Martin Neumann, hochschulpolitischer Berichterstatter der FDP-Fraktion, wollte diesen Vorwurf seines Vorredners Schulz nicht gelten lassen: Die Expertenanhörung im Ausschuss habe deutlich gemacht, dass der Bologna-Prozess die „tiefgreifendste Reform seit 200 Jahren“ sei und „gut für Studierende, gut für die Hochschulen, gut für Deutschland und Europa“. Der Reformprozess müsse aber weiterentwickelt werden. „Wir stecken Geld eben lieber in Bildung als in alte Autos“, sagte Neumann mit einem Seitenhieb auf die von der SPD befürwortete Abwrackprämie.

Die Hochschulen litten noch immer an Unterfinanzierung, man brauche daher dringend mehr Investitionen in Lehre und bessere Ausstattung. Die Bemühungen der Koalition zielten so insbesondere auf eine bessere Studienfinanzierung und Studienberatung ab, außerdem auf eine größere Mobilität und Vergleichbarkeit des Studiums sowie eine regelmäßige Bewertung der Qualität der Lehre. Darüber hinaus wollten CDU/CSU und FDP die finanzielle Situation der Studierenden verbessern.

„Verbissene Elitenbildung und Sparzwang“

Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion, nutzte ihre Rede zu einer Generalabrechnung mit der Umsetzung der Bologna-Reformen: Der Prozess orientiere sich vor allem an zwei Zielen, so die Abgeordnete, der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Universitäten und der Beschäftigungsfähigkeit der Studierenden. Doch „verbissene Elitenbildung und Sparzwang“ hätten nur zu „Murks“ geführt und das Leben für Studierende und Lehrende zum Albtraum werden lassen.

Bologna habe zu einem Selektionsprozess an den Unis geführt und die Forschenden entmachtet, monierte Gohlke weiter. Die Orientierung an Rankings und das Anwerben von Geldern „absorbierten ihre Leistungsfähigkeit“. Skeptisch äußerte sie sich auch zur Akzeptanz der Bachelor-Abschlüsse: Diese böten den Studierenden kaum gute Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Die Abgeordnete forderte deshalb für alle Studierenden ein Recht auf einen Platz in einem Masterstudiengang - unabhängig von guten Noten. Studierende hätten ein Recht auf eine umfassende wissenschaftliche Bildung. „Sie aber wollen sie zum Abbruch des Studiums in Form eines Bachelors zwingen“, so Gohlke an die Koalition gerichtet.

„Dokument der Unverbindlichkeit

Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) hingegen betonte, die Ziele des Bologna-Prozesses seien gut, die Umsetzung allerdings schlecht. Die Probleme der Studierenden und der Hochschulen müssten unbedingt ernst genommen werden. Der Antrag der Koalitionsfraktionen sei aber ein “Dokument der Unverbindlichkeit und Konzeptlosigkeit„, rügte der jugend- und hochschulpolitische Sprecher der Grünen. “Sie drücken sich erneut vor der Frage der Finanzierbarkeit.„ Auch gebe die Vorlage keine Antwort auf die Frage, wie FDP und Union der Skepsis der Arbeitgeber gegenüber Bachelorabschlüssen begegnen wollten.

Ein Problem, so Gehring, sei auch, dass nur 41 Prozent der im Ausland erworbenen Studienleistungen von den heimischen Universitäten anerkannt würden. Vielfach schlössen nun einzelne Hochschulen Verträge mit ausländischen Unis, um die Anerkennung der Leistungen zu regeln. “Das führt aber doch den ganzen Bologna-Prozess ad absurdum„, monierte Gehring und forderte eine Mobilitäts- und Anerkennungsgarantie für Studienleistungen.

“Betreuung für Studierende verbessern„

Tankred Schipanski (CDU/CSU) nannte den vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen eine Zwischenbilanz des Bologna-Prozesses. Es habe sich gezeigt, dass die Reformen der richtige Weg in die Bildungsrepublik Deutschland seien, so Schipanski. Nun müsse man aber die Herausforderungen der Feinsteuerung anpacken. Diese bestünden vor allem darin, die Reformen zu festigen und an die Beteiligten zu appellieren, die Öffentlichkeit über die Botschaft von Bologna richtig zu informieren. Studien zeigten nämlich schon jetzt, dass man auf dem richtigen Weg sei: Die Akzeptanz der Abschlüsse sei gestiegen, die Studierendenzahlen wüchsen, die Abbrecherquote sinke.

Allerdings müssten Selektionsprozesse an der Hochschule früher beginnen, mahnte der CDU-Abgeordnete. “Wenn jemand für ein Fach nicht geeignet ist, sollten Leistungsnachweise diese Erkenntnis nicht erst im sechsten Semester zu Tage fördern!„ Als wichtigen Schritt zur Vollendung des Bologna-Prozesses nannte Schipanski den geplanten Qualitätspakt für gute Lehre. Unter anderem durch Tutoren- und Mentorenprogramm solle die Betreuung der Studierenden verbessert werden.

 

Der Antrag wurde mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

 

 

Marginalspalte