Verbot von Leerverkäufen stößt auf Zustimmung
Die von den Union und FDP in einem Gesetzentwurf (17/1952) vorgesehenen Maßnahmen zur Eindämmung von Finanzmarktspekulationen finden auch bei der Opposition Zustimmung. Während der ersten Lesung des Gesetzentwurfs am Donnerstag, 10. Juni 2010, bezeichnete der SPD-Abgeordnete Manfred Zöllmer das Verbot so genannter ungedeckter Leerverkäufe sowie des Handels mit Kreditausfallversicherungen als „richtig“, da sich sonst „systemische Risiken“ entwickeln könnten.
Auch der Finanzexperte Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) nannte die Vorschläge sinnvoll. Koalition und Regierung würden damit ihre „falsche Position korrigieren“. Ebenso wie der Vorsitzende der Linksfraktion Dr. Gregor Gysi kritisierte er jedoch das seiner Ansicht nach zögerliche Agieren der Bundesregierung.
„Den Finanzmärkten strengere Regeln geben“
Zu Beginn der Debatte hatte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) um eine zügige Beratung der Vorlage geworben. Es gehe darum, das „Krisenverschärfungspotenzial“ an den Finanzmärkten zu entschärfen.
Aus der aktuellen Krise gebe es zwei Konsequenzen zu ziehen, sagte der Bundesfinanzminister. „Wir müssen zum einen die zu hohen öffentlichen Defizite reduzieren und den Finanzmärkten strengere und effizientere Regeln geben.“ Letzteres solle mit dem Gesetz erreicht werden, da sich gezeigt habe, dass sich die Verschärfung der Situation in Griechenland, Portugal oder Spanien nur zu einem Teil durch die verschlechterten „ökonomischen Fundamentaldaten“ erklären lasse.
„Im Fußball würde man von einem Wettskandal reden“
Vielmehr würden die modernen Finanzmärkte mit ihren internationalen Verflechtungen und ihren innovativen Instrumenten die Schwankungen auf den Märkten verschärfen. Die „Wette auf ungewisse Ereignisse“ - wie sie bei den ungedeckten Leerverkäufen erfolge - sei nicht zwingend negativ zu beurteilen, befand Schäuble.
„Aber wenn der Wettteilnehmer eine Einflussmöglichkeit auf den Ausgang der Wette hat, würde man im Fußball von einem Wettskandal reden.“ Genau dies habe man bei der missbräuchlichen Benutzung der Instrumente feststellen müssen.
SPD: Regierung fehlt Konzept im Umgang mit der Krise
Zwar sei das Verbot der Leerverkäufe richtig, sagte Manfred Zöllmer (SPD). Doch müsse sich die Bundesregierung fragen lassen, warum sie dieses bis Anfang des Jahres verbotene Instrument „trotz der Warnungen der SPD“ wieder zugelassen habe. Immer wieder werde deutlich, dass der Bundesregierung ein Konzept im Umgang mit der Finanzmarktkrise fehle.
Trotz gelegentlicher „markiger Willenserklärungen“ werde nicht klar, was eigentlich erreicht werden solle. Das zeige sich auch beim Streit um eine Finanzmarktsteuer. Hier gebe es zwar keine Lösung - trotzdem seien schon einmal zwei Milliarden Euro als Einnahmen in den Haushalt eingestellt worden.
„Deutscher Alleingang hat Unverständnis ausgelöst“
Ein weiteres Problem ist laut Zöllmer, dass die Maßnahmen nur in Deutschland ergriffen worden sind. „Warum hat es nicht den Versuch gegeben, dies europaweit umzusetzen?“, fragte er. Der deutsche „Alleingang“ habe viel Unverständnis ausgelöst und für Ärger gesorgt, da nichts abgestimmt gewesen sei. Es zeige sich, dass Deutschland mit der schwarz-gelben Regierung seine Chancen als Motor bei der Regulierung der Finanzmärkte nicht nutze.
Die Zuspitzung der Situation sei nicht vorhersehbar gewesen, sagte der FDP-Finanzexperte Dr. Volker Wissing. Offenbar gelte das auch für die SPD, die in den vergangenen elf Jahren den Finanzminister gestellt habe und dennoch nicht auf einen Regulierung gedrungen habe.
FDP: Für gesunde Staatshaushalte sorgen
Es sei im Übrigen nicht wahr, dass die Bundesregierung das vom ehemaligen Finanzminister Steinbrück im September 2008 angeordnete Verbot der Leerverkäufe aufgehoben habe. „Steinbrücks Verbot war befristet. Er hat die Lage falsch eingeschätzt“, sagte Wissing.
Ohne Frage, so räumte der FDP-Abgeordnete ein, brauchten die Finanzmärkte Regeln. Doch damit allein werde das Problem der Eurokrise nicht gelöst. Es sei daher sehr wichtig, für „gesunde Staatshaushalte“ zu sorgen. „Wir können schließlich die Märkte nicht zwingen, in öffentliche Anleihen zu investieren.“
Linke: Hartz-IV-Empfänger müssen die Zeche zahlen
Die Krise sei noch lange nicht überstanden, urteilte Dr. Gregor Gysi (Linksfraktion) und verwies darauf, dass gegen den Euro weiterhin spekuliert werde. Zudem drohten in den USA „die nächsten Spekulationsblasen zu platzen“. Dass die Politiker der G20-Staaten nichts dagegen tun würden, sei „der Gipfel der Unverschämtheit“, sagte Gysi.
Das Signal an die Banken und Spekulanten laute: Weiter so! Die Zeche müssten dann die Hartz-IV-Empfänger zahlen, was ja durch das Sparpaket der Regierung deutlich werde. Das in dem vorgelegten Gesetzentwurf, für den die Bundesregierung laut Gysiden „Mut eines ganzen Jahrhunderts“ zusammengenommen habe, enthaltene Schwert sei ziemlich stumpf und werde wohl wirkungslos bleiben, mutmaßte er. Schließlich sollen Leerverkäufe nur innerhalb der Eurozone verboten werden. „Damit lösen Sie das Problem nicht“, kritisierte Gysi.
Bündnis 90/Die Grünen: Purer Dilettantismus
Dass die Bundesregierung ihre Position korrigiert habe, sei richtig, sagte Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen). Ebenso richtig sei es, dass Deutschland international vorangehe. „Die Frage ist nur: Wie?“ Gebraucht werde eine internationale Abstimmung. „Das bedeutet nicht, dass man alles zusammen macht“, verdeutlichte Schick. Jedoch hätte ein „Mindestmaß an Information“ geleistet werden müssen.
Dass die Bundesregierung dies versäumt habe, hätte die Märkte verunsichert und sei „purer Dilettantismus“. Derartiger Aktionismus könne im Übrigen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es offenbar an einer Prioritätensetzung fehle. Ganz oben müsse dabei die Stabilisierung des Bankensektors stehen. „Wir brauchen eine Rekapitalisierung“, sagte er und verwies auf die durchschnittliche Eigenkapitalquote von nur 2,6 Prozent. Das sei nicht stabil, befand er und forderte, eine Schuldenbremse für deutsche Banken einzuführen.
CDU/CSU: Ein Ordnungsrahmen für Finanzprodukte
Das vorliegende Gesetz diene der „gezielten Krisen- und Missbrauchsbekämpfung“, sagte der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach. „Wir wollen einen Ordnungsrahmen für Finanzprodukte.“
Gebraucht werde eine „Balance zwischen der Sicherung der Marktstabilität und der Bewahrung des Nutzens der dynamischen Märkte“. Am Ende dürfe es kein Finanzprodukt ohne Regulierung oder Beaufsichtigung geben, forderte Michelbach.