Steuer zur Entwicklungsfinanzierung weiter umstritten
Die Schaffung einer Finanztrans- aktionssteuer zur Finanzierung des weltweiten Kampfes gegen Armut, Klimawandel und die Weltwirt- schaftskrise wird von Experten unterschiedlich bewertet. In einer öffentlichen Anhörung des Entwicklungsausschusses zur künftigen Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit warben Jörg Alt und Peter Wahl von der Kampagne „Steuer gegen Armut“ am Mittwoch, 15. Dezember 2010, für dieses innovative Instrument.
Es ist aus ihrer Sicht in der Lage, große Summen an Steuereinnahmen zu generieren und die Finanzmarkt- stabilität zu erhöhen. Die Zahl der Unterstützer für die Finanztransaktionssteuer sei infolge der weltweiten Finanzkrise gewachsen, betonte Peter Wahl. Es sei Zeit, diese Dynamik zu nutzen und eine „Koalition der Willigen“ zu schmieden. Die Bundesregierung solle dabei zusammen mit Frankreich eine führende Rolle übernehmen, forderte er.
CDU: Sympathie für Finanzmarkttransaktionssteuer
Unterstützung erhielten Alt und Wahl von den Abgeordneten Thilo Hoppe (Bündnis 90/Die Grünen), Sascha Raabe (SPD) und Dr. Axel Troost (Die Linke), deren Fraktionen die Einführung der Finanztransaktionssteuer schon länger fordern. Johannes Selle (CDU) äußerte ebenfalls „Sympathie“ für die Steuer, wies aber auch darauf hin, dass es widersprüchliche Aussagen über deren Wirksamkeit gebe. Auch müssten Fragen der Machbarkeit geklärt werden, etwa wie man die Bürokratie gering halten und Transparenz gewährleisten könne.
Klar gegen die Finanztransaktionssteuer wandte sich Prof. Dr. Peter Nunnenkamp vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Die beiden Ziele - Mittelaufbringung und Verhaltenslenkung - ließen sich „kaum in Einklang bringen“, wie die Erfahrung mit der Tabaksteuer gezeigt habe.
In dem Maße, in dem das Lenkungsziel ernst genommen werde, entfielen die Steuereinnahmen und umgekehrt, sagte Nunnenkamp, der sich anstelle der Erhebung von Spezialsteuern für die Erhöhung bestehender Steuern aussprach.
SPD: Nicht weniger Handel wegen neuer Steuer
Dem widersprach Sascha Raabe: Er könne es sich nicht vorstellen, dass an den internationalen Handelsmärkten plötzlich weniger gehandelt werde, nur weil es die Steuer gebe. Der Linken-Abgeordnete Axel Troost machte klar, es sei aus seiner Sicht ein „sehr vernünftiges Ergebnis“, wenn mit einem Steuersatz von 0,05 Prozent ein zusätzlicher fiskalischer Ertrag von 27 Milliarden Euro aufgebracht und zudem hochspekulative Finanzgeschäfte zurückgedrängt werden könnten.
Unterschiedlich bewerteten Experten und Abgeordnete in der Anhörung die Wirkung ausländischer Direktinvestitionen in Entwicklungsländern. Während Nunnenkamp und Peter Lanzet vom Evangelischen Entwicklungsdienst bemängelten, dass die Investitionen nicht dort ankämen, wo sie am dringendsten gebraucht würden und vor allem Ländern nützten, die bereits weiter entwickelt seien, wiesen zahlreiche Abgeordnete auch auf positive Beispiele hin.
„Geberländer können Investitionen steuern“
Auf seinen Delegationsreisen erlebe der Ausschuss immer wieder, dass private Investoren zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen könnten, berichtete Thilo Hoppe. Jedoch gebe es auch negative Beispiele, etwa die zunehmenden Landkäufe in Entwicklungsländern, die Hunger und Armut noch beförderten.
Harald Leibrecht (FDP) sagte, ausländische Direktinvestitionen könnten durchaus hilfreich sein, aber natürlich gebe es gute und schlechte Beispiele. Er wies wie Peter Lanzet darauf hin, dass die Geberländer die Investitionen steuern könnten. Lanzet erklärte, es sei möglich, den Investoren Kriterien für ihr Engagement mit auf den Weg zu geben, etwa im Hinblick auf Umwelt- und Sozialstandards. (joh)