Gemeinsamkeiten in der EU-Forschungsförderung
In der Frage, wie die Forschungsförderung der EU künftig gestaltet werden soll, herrscht zwischen den Fraktionen teilweise deutliche Übereinstimmung - etwa was den Erhalt des Rahmenprogramms, eine deutliche Mittelerhöhung oder die stärkere Förderung von Frauen angeht. Dies stellte sich in der abschließenden Beratung über einen Koalitionsantrag (17/5492), einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (17/5449) sowie einen Antrag der Fraktion Die Linke (17/5386) am Donnerstag, 12. Mai 2011, heraus. Der Antrag von Union und FDP wurde mit Koalitionsmehrheit angenommen, die beiden Oppositionsanträge abgelehnt. Der Bundestag folgte damit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (17/5802).
Union: Europäische Spitzenstellung halten
Ziel des achten Forschungsrahmenprogramms ab 2013 müsse sein, dass Europa seine Spitzenstellung in der Forschung behalten und ausbauen kann, sagte Dr. Stefan Kaufmann für die CDU/CSU-Fraktion. Dazu sei eine deutliche Mittelerhöhung für das Rahmenprogramm ebenso wichtig wie Exzellenz als wichtigstes Kriterium für die Förderung.
Auch der Etat für den Europäischen Forschungsrat müsse erhöht werden, betonte Kaufmann. Er sprach von „mindestens einer Verdopplung der Mittel, besser noch einer Verdreifachung“. Mit Freude habe er den Antrag von Rot-Grün zur Kenntnis genommen, betonte Kaufmann. Jedoch sei dieser in manchen Fragen - etwa bei der Förderung von strukturschwachen Mitgliedstaaten durch Wissenschaftlerstipendien - nicht nachhaltig genug.
SPD fürchtet „Tod der Grundlagenforschung“
René Röspel (SPD) bedauerte, dass es nicht gelungen sei, Gemeinsamkeiten wie die starke finanzielle Ausstattung, eine Stärkung der Verbundforschung, die Förderung von Frauen in der Wissenschaft, die Nachwuchsförderung und die Vereinfachung der Verfahren „in einem knappen interfraktionellen Antrag“ zusammenzufassen und nach Brüssel zu senden. Das wäre ein „starkes Signal“ gewesen, betonte er.
Dennoch wies Röspel auf die Unterschiede zwischen dem rot-grünen Antrag und dem der Koalitionsfraktionen hin. So kritisierte er die Bedeutung der Marktrelevanz als „Tod der Grundlagenforschung“. Zudem müsse sich auch die Energiewende in dem Forschungsrahmenprogramm niederschlagen, etwa durch eine stärkere Hinwendung zur Klimaforschung.
Grüne: Europa steht vor großen Herausforderungen
Ähnlich argumentierte auch die forschungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Krista Sager. Das Kernfusionsprojekt ITER leiste keinen Beitrag zur Energiewende: „Also müssen wir da raus.“ Gleiches gelte auch für das Euratom-Rahmenprogramm. Bislang verweigere sich die Koalition jedoch.
Europa stehe durch die Energiewende, den Klima- und den demografischen Wandel vor großen Herausforderungen, sagte sie. Das achte Forschungsrahmenprogramm müsse daher im Haushalt der Europäischen Union einen hohen Stellenwert haben.
FDP: Exzellenz und Marktrelevanz kein Widerspruch
Prof. Dr. Martin Neumann (FDP) verteidigte den von der Opposition kritisierten Stellenwert der Marktrelevanz. Das Exzellenzkriterium solle als Primat hervorgehoben werden, daneben werde die Marktrelevanz berücksichtigt. Dies sei kein Widerspruch, sondern entspreche den in der Wirtschaftsstrategie Europa 2020 festgelegten Zielen.
Kohäsionspolitik dürfe zudem nicht entscheidend für die Vergabe von Mitteln sein, betonte er. Für strukturschwache Mitgliedsländer stünden in Europa zahlreiche Förderungen bereit. Als Beispiel nannte er den Kohäsionsfonds.
Linke für soziale und ökologische Erneuerung
Ökosozial statt marktradikal, forderte Dr. Petra Sitte, forschungspolitische Sprecherin der Linksfaktion. Sie warf dem Antrag der Koalitionsfraktionen einseitige Wirtschafts- und Technologieorientierung vor. Dabei habe diese Orientierung Probleme wie die Wirtschafts- und Finanzkrise und Fukushima erst hervorgerufen.
Stattdessen forderte Sitte, die europäische Forschungsförderung „in den Dienst der sozialen und ökologischen Erneuerung zu stellen“. Als Beispiele nannte sie Ziele wie Klima- und Umweltschutz, Gesundheitsversorgung und Ernährung. Die Frage sei: „Wie wollen, wie können wir in Zukunft leben?“ (tyh)