Ausschreibungspflicht hat Befürworter und Gegner
Mit den Argumenten für und gegen eine Ausschreibungspflicht für Integrationsfachdienste zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben schwerbehinderter Menschen beschäftigten sich die geladenen Sachverständigen bei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales unter Vorsitz von Max Straubinger (CDU/CSU) am Montag, 4. Juli 2011. Zugrunde lagen der Antrag der SPD-Fraktion „Ausschreibungspflicht für Leistungen der Integrationsfachdienste stoppen - Sicherstellung von Qualität, Transparenz und Effizienz“ (17/4847) sowie der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Alternativen zur öffentlichen Ausschreibung für Leistungen der Integrationsfachdienste ermöglichen“ (17/5205).
„Qualitätskriterien im Vordergrund“
Dabei verteidigte sich Thomas Albrecht von der Bundesagentur für Arbeit gegen Kritik, die Auswahl von Anbietern zur Integration Schwerbehinderter in den Arbeitsmarkt erfolge bei einer Ausschreibung hauptsächlich über den Preis. „Bei der Ausarbeitung der Vergabeunterlagen stehen die Qualitätskriterien im Vordergrund“, betonte Albrecht.
Zwar werde der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Anbietern hart geführt, doch nur ein Drittel der Zuschläge gehe an die günstigsten Anbieter. Außerdem sei vor jeder Ausschreibung eine Anhörung von Vertretern der einzelnen Fachverbände fester Bestandteil des Prozederes. „Deren Sachverstand ist uns sehr wichtig“, sagte Albrecht.
„Korrektur aus juristischen Motiven“
Demgegenüber kritisierte der Einzelsachverständige Richard Auernheimer, eine Ausschreibungspflicht führe nicht automatisch zu einer Qualitätsverbesserung der Leistungen seitens der Anbieter, und forderte, zurückzukehren zur bisherigen Praxis, die eine solche Ausschreibungspflicht nicht vorsah. „Es wird hier eine Korrektur vorgenommen, die auf juristischen Motiven basiert, nicht auf fachlichen“, sagte er.
Kerstin Piontkowski vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge gab zu bedenken, dass „die Ausschreibung arbeitsmarktpolitischer Leistungen immer auch die Gefahr einer Standardisierung birgt“. Es sei oft eben nicht so, dass die innovativste Lösung den Zuschlag bekommt, sagte sie.
„Es geht um Hilfe aus einer Hand“
Zudem hob sie das „breite Leistungsspektrum“ der Integrationsfachdienste hervor. Diese deckten nicht nur Leistungen der Arbeitsvermittlung ab, sondern auch die anschließende Begleitung der Betroffenen nach ihrem Eintritt in das Arbeitsleben. „Es geht besonders um Hilfe aus einer Hand“, sagte sie.
Helga Seel von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen sah dies ähnlich. „Wir sind von dem fachlichen Zusammenwirken zwischen Begleitung und Vermittlung überzeugt und würden sehr bedauern, wenn dies auseinanderfiele.“
„Ausschreibungen führen oft zu Dumpinglöhnen“
Jörg Bungart von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung e.V. bemängelte, Ausschreibungen führten oftmals zu Dumpinglöhnen bei den Beschäftigten der beteiligten Anbieter. „Daher fehlen den Trägern immer mehr die benötigten Fachkräfte.“ (jmb)
Liste der geladenen Sachverständigen
- Thomas Albrecht, Bundesagentur für Arbeit
- Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
- Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e. V.
- Helga Seel, Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen
- Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung e. V.
- Jörg Bungart, Hamburg
- Michael Löher, Berlin
- Johannes Magin, Regensburg
- Dr. Richard Auernheimer, Badenheim
- Manina Sobe, Regensburg
- Wolfgang G. Grasnick, Berlin
- Hanspeter Heinrichs, Köln