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Parlament

„Wir brauchen ein neues Afghanistan“

Heike Hänsel, DIE LINKE.

Heike Hänsel, DIE LINKE. (DBT/photothek.net)

Die entwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heike Hänsel, unterstützt besonders die Arbeit von mutigen Frauen, die für Menschenrechte und Gleichberechtigung kämpfen. Als Bundestagsabgeordnete hat sie deshalb die Patenschaften für die Afghanin Malalai Joya und die ehemalige kolumbianische Senatorin Piedad Córdoba übernommen. „Es gibt so viele starke und mutige Frauen, die unsere Unterstützung brauchen.“ Heike Hänsel, steht in ihrem Bundestagsbüro und zeigt ein Buch der afghanischen Frauenrechtlerin Malalai Joya. Fünf Mordanschläge hat die ehemalige Abgeordnete überstanden. Auf die Straße wagt sie sich nur noch mit zwölf Bodyguards, das Gesicht mit den großen sehnsuchtsvollen Augen ist zum Schutz in eine Burka gehüllt.

„Ihr ganzes Leben widmet sie denjenigen, die keine Stimme haben“, drückt Hänsel ihre Bewunderung aus. Seit sechs Jahren ist Hänsel Mitglied des Bundestages. Für Menschenrechtspolitik engagiert sich die gebürtige Stuttgarterin schon seit ihrer Studienzeit. Hänsel hat sich bewusst dafür entschieden, sich im Rahmen des Parlamentarischen Patenschaftsprogrammes „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ (PsP) für Menschenrechtsaktivistinnen einzusetzen.

Gegen Korruption und Vetternwirtschaft

2006 traf sie Joya das erste Mal und war beeindruckt von dem unermüdlichen Einsatz und der Leidenschaft der damals 28-Jährigen. „Malalai Joya hat immer gesagt, wir brauchen ein neues Afghanistan, und das können wir nicht mit den alten Kriegsverbrechern aufbauen“, erzählt Hänsel. „Diese Offenheit hat mich sehr beeindruckt.“ Besonders jetzt, da sich Joya versteckt halten muss und im Untergrund lebt, verfolgen Hänsel und ihre Mitarbeiter die Aktivitäten der Frauenrechtlerin intensiv. Joyas Widersacher sollten wissen, dass die internationale Gemeinschaft nicht wegschaut, meint Hänsel. Denn zahlreiche andere Menschenrechtsaktivisten mussten ihr Engagement schon mit dem Tod bezahlen.

Joya wurde 2005 als jüngste Abgeordnete für ihre Heimatprovinz Fahar ins afghanische Parlament gewählt. Sie wagte es, in der Weltöffentlichkeit wortgewaltig Korruption, Heuchelei und Nepotismus in der afghanischen Politik anzuprangern. Sie wurde zur Gefahr für die Warlords, die auch im Parlament das Sagen haben und ihre Pfründe zu sichern wissen.

Drohungen und Mordanschläge

Die junge Abgeordnete lebte mit der täglichen Angst. Fast schon zur Tagesordnung gehörten Drohungen, Mordanschläge und Vergewaltigungsversuche. Hänsel erzählt, dass sie Joya mehrfach nach Deutschland zu Veranstaltungen eingeladen habe, weil sie eine authentische und aufrechte Vertreterin des neuen Afghanistan ist. „Sie steht stellvertretend für die starken Frauen Afghanistans“, sagt Hänsel. „Mich hat auch ihre Bescheidenheit beeindruckt. Sie hat niemals persönlich von ihren internationalen Kontakten profitiert“, fügt Hänsel hinzu.

Joya prangert Witwenverbrennungen, Brautverkäufe und Zwangsverheiratungen an. Genauso verurteilt sie die Besatzung Afghanistans durch internationale Truppen und fordert deren Abzug. Sie schreibt ein Buch und erhält für ihr Engagement zahlreiche internationale Ehrungen, unter anderem den Menschenrechtspreis von Amnesty International und von Cinema for Peace. 2007 konnten ihre Feinde im Parlament ihre Suspendierung und Abwahl durchsetzen. Durch den Verlust ihres Status als Abgeordnete ist das Leben der inzwischen 31-Jährige mehr denn je zu einem Überlebenskampf geworden. „Wir alle sind gefragt, diese mutige und starke Frau zu unterstützen“, sagt Hänsel. Sechs Mal ist sie inzwischen mit Joya zusammengetroffen.

„Arbeit von Menschenrechtsverteidigern wird kriminalisiert“

Auch wenn mehr als 14.000 Kilometer Fluglinie zwischen Kabul und Bogotá liegen, gibt es doch viele Überschneidungen im Lebensweg der Afghanin Joya und der kolumbianischen Menschenrechtsverteidigerin Piedad Córdoba. Auch die Rechtsanwältin Córdoba, deren Markenzeichen ein um das Haar gebundenes buntes Tuch ist, hat Mordanschläge überlebt und trotzdem ihre politische Arbeit fortgesetzt. „Sie steht für die schwierige Arbeit der Menschenrechtsverteidiger in Kolumbien“, sagt Hänsel.

Vier Mal hat sie Córdoba, die als eine der wichtigsten Vermittlerinnen bei der Befreiung von Geiseln der Guerillagruppe FARC gilt, bislang getroffen. Hänsel berichtet von den anonymen Drohungen, die die 56-Jährige regelmäßig erhält. Auch Córdoba kann nicht mehr ohne Bodyguards auf die Straße gehen, die Wohnung gleicht einem Hochsicherheitstrakt. „Ihre Arbeit wird von der Regierung bewusst kriminalisiert“, sagt Hänsel.

Als 2008 nach einem Angriff auf ein Camp der FARC ein Laptop des Rebellenchefs Raúl Reyes sichergestellt wird, finden sich darauf angebliche Beweise für eine Zusammenarbeit der Senatorin mit der Guerilla. Daraufhin wurde Córdoba 2010 vom Generalstaatsanwalt ihres Senatorenpostens enthoben. Zudem wurde ihr verboten, in den nächsten 18 Jahren öffentliche Ämter zu bekleiden, auch wenn es erhebliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Verfahrens gibt. „Gerade jetzt braucht Piedad Córdoba unsere Unterstützung“, sagt Hänsel. „Die Situation der Menschenrechtsverteidiger hat sich trotz neuer versöhnlicher Töne der kolumbianischen Regierung nicht verbessert.“ Eine erneue Reise nach Kolumbien und ein Treffen mit Córdoba plant Heike Hänsel bereits. (sn)

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