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Parlament

Unterschiedliche Akzente in der Rohstoffpolitik

Ernst Burgbacher, FDP, sprach in der Rohstoffdebatte.

Ernst Burgbacher, FDP, sprach in der Rohstoffdebatte. (DBT/photothek.net)

Ob Mobiltelefon, Notebook oder Solaranlage: Keines dieser Alltagsprodukte kann ohne Metalle wie Lithium, Gallium oder ohne die sogenannten Seltenen Erden hergestellt werden. Die weltweite Nachfrage nach solchen Rohstoffen steigt, das Angebot ist jedoch knapp und die Vorkommen sind auf der Erde ungleich verteilt. In einer anderthalbstündigen Debatte beriet der Bundestag am Donnerstag, 20. Oktober 2011, über zwei Anträge zur Rohstoffversorgung und zur internationalen Rohstoffpolitik. Während die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag (17/7353) vor allem die sichere und langfristige Rohstoffversorgung der deutschen und europäischen Unternehmen ins Zentrum rückten, forderten die Fraktionen von SPD, stärker auf Recycling und die Beschränkung von Rohstoffspekulation zu setzen.

Die Fraktion Die Linke forderte mit einem eigenen Antrag (17/6153, 17/7151) eine „gerechte und entwicklungsförderliche internationale Rohstoffpolitik“ ein, die nicht den Wünschen der deutschen Industrie folge, sondern eine selbstbestimmte soziale und wirtschaftliche Entwicklung in den Länden des Südens vorantreibe. Der Antrag der Koalition wurde von der Mehrheit des Plenums angenommen, der Antrag der Linken bei Enthaltung der SPD-Fraktion abgelehnt.

Regierung: Arbeitsplätze und Wachstum sichern

„Deutschland zählt zu den größten Rohstoffkonsumenten der Welt“, sagte Ernst Burgbacher (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, zum Auftakt der Debatte. Deutschland brauche Rohstoffe, um Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum zu sichern. Mit Abkommen wie jenem mit der Mongolei in der vorangegangenen Woche, öffne die Bundesregierung Türen zu rohstoffreichen Ländern. „Durch die Türen muss die Wirtschaft dann schon selbst gehen“, sagte Burgbacher und erläuterte weitere Schwerpunkte der Rohstoffstrategie der Bundesregierung.

Dazu zählten etwa ein Rohstoff-Informationssystem vor allem für mittelständische Betriebe, Investitionsgarantien und Kredite, das Engagement gegen wettbewerbsverzerrende Handelsbeschränkungen auf internationaler Ebene, vor allem aber Maßnahmen für mehr Rohstoffeffizienz und Recycling. „Wir können es uns schlicht nicht leisten, wertvolle Rohstoffe auf den Müll zu kippen“, sagte Burgbacher.

SPD: Dritte Welle der Kolonialisierung

Der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rolf Hempelmann, warf der Koalition vor, beflügelt von der Erfolgsmeldung aus der Mongolei jetzt einen Antrag „mit heißer Nadel zu stricken“. Damit springe die Koalition jedoch eindeutig zu kurz. Das Beispiel Mongolei zeige, dass die Bundesregierung eben nicht für Entwicklung im Partnerland sorge – etwa mit Projekten zur Energieeffizienz in der Hauptstadt Ulan-Bator.

Solche Abkommen erweckten den Eindruck einer „dritten Welle der Kolonialisierung“, von der die Bundesregierung ein paar „Glasperlen“ mit nach Hause bringe. „Wir können nicht die Methode Chinas verwenden, rohstoffreiche Länder auszubeuten und gleichzeitig die Märkte dort mit Billigprodukten zu überschwemmen und den Aufbau von Wertschöpfung zu verhindern“, sagte Hempelmann.

CDU/CSU: Realpolitisches Handeln gefordert

Einen Zweispalt der „interessegeleiteten und zugleich werteorientieren Außenpolitik“ machte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Philipp Mißfelder aus. Gerade in rohstoffreichen Länder herrschten häufig große Armut und „schwierige politische Verhältnisse“. Dennoch sei vor allem „realpolitisches Handeln“ gefordert, weil es unseren Interessen entspreche, sagte Mißfelder und verwies auf die Abhängigkeit großer deutscher Unternehmen vom Zugang zu Rohstoffen.

Der Linken warf Mißfelder einen „Pawlowschen Ideologie-Reflex“ vor: Immer wenn es um dieses Thema gehe, rufe sie „Kein Krieg für Rohstoffe“. Ohne eine engagierte Rohstoffpolitik aber würde eine Vielzahl deutscher Unternehmen schlicht eingehen, warnte Mißfelder.

Linke: Ausgleich und nicht Dominanz

Wolfgang Gehrcke von der Fraktion Die Linke warf der Bundesregierung vor, sich um die Menschenrechte „einen  Dreck zu scheren“ – wie das Panzergeschäft mit Saudi-Arabien zeige. Seine Fraktion betone Solidarität und einen fairen Ausgleich zwischen Rohstoffproduzenten und -konsumenten und frage nach den Arbeitsbedingungen von Menschen, die Rohstoffe fördern.

„Wir wollen Ausgleich und nicht Dominanz“, sagte der außenpolitische Sprecher der Linken. Zudem betonte Gehrcke den militärischen Aspekt des Themas. Rohstoffsicherheit und die Sicherung von Handelswegen seien einer der Gründe für deutsche Militäreinsätze wie dem in Afghanistan.

Grüne: Nicht gerade ein Innovationsbrummer

Der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fritz Kuhn, kritisierte, dass sich die Koalition zu stark auf die Rohstoffsicherung und zu wenig auf Recycling und Rohstoffeffizienz konzentriere. Zudem werde sie ihrem eigenen Anspruch einer gemeinsamen europäischen Rohstoffpolitik nicht gerecht: „Hat die Kanzlerin die EU-Partner im Vorfeld der Mongolei-Reise informiert?“, fragte Kuhn.

Überdies sei das Abkommen mit Ulan-Bator mit seiner starken Ausrichtung auf Steinkohle nicht gerade ein „Innovationsbrummer“. Besonders schwach sehe die Koalition in der Frage der Rohstoffspekulation aus, die sowohl für Industrie wie für die Entwicklungsländer „extrem gefährlich“ sei. Schwarz-Gelb scheue das Wort Regulierung „wie der Teufel das Weihwasser“, sagte Kuhn.

FDP: Eine Aufgabe der Wirtschaft selbst

Der „kräftige Anstieg“ der Preise für mineralische Rohstoffe sei weniger die Folge von Spekulationen, sondern liege im Aufstieg von Schwellenländern wie China begründet, sagte Klaus Breil von der FDP-Fraktion. Rohstoffsicherung sei vor allem eine Aufgabe der Wirtschaft selbst, die Bundesregierung könne lediglich die Rahmenbedingungen setzen: mit Lieferabkommen, „staatlich untermauerten Rohstoffpartnerschaften“, Investitionskrediten und dem Abbau von „wettbewerbsverzerrenden Bedingungen in anderen Staaten“.

Außerdem „wollen und müssen wir das Recycling entscheidend steigern“, sagte der energiepolitische Sprecher der Liberalen. (ahe)

 

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