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Familie

„Kein Tourismusprogramm für Akademikerkinder“

Baby und medizinische Vorsorge

(© pa/empics)

Der Freiwilligendienst „weltwärts“ ist ein absoluter Erfolg. Diese Ansicht vertrat Gudrun Kopp (FDP), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, am Mittwoch, 18. Januar 2012, vor dem Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement. Seit drei Jahren bestehe für junge Menschen im Alter von 18 bis 28 Jahren die Möglichkeit, für 6 bis 24 Monate einen Freiwilligendienst in Entwicklungsländern zu leisten, sagte die Staatssekretärin. Fast 13.000 Freiwillige hätten davon in über 80 Ländern bisher Gebrauch gemacht. „Der Umgang mit fremden Kulturen“, so Kopp, „ist ein Lernprozess, der positive Erfahrungen bringt.“

Bei der zur Zeit stattfindenden Evaluation von „weltwärts“ habe man gezielt nach Schwachstellen gesucht, sagte die Ministeriumsvertreterin. Dabei sei man zu der Feststellung gelangt, dass mehr als 200 Entsendeorganisationen „zu viel sind“. Unter diesen Organisationen gebe es zudem auch deutliche Qualitätsunterschiede.

„Querschnitt der Bevölkerung einbinden“

Nicht zufriedenstellend sei auch, dass sich „fast ausschließlich“ junge Leute mit einem hohen Bildungsabschluss von dem „weltwärts“-Angebot angesprochen fühlten. Ziel sei es, einen Querschnitt der Bevölkerung einzubinden. „Wir wollen auch Hauptschulabsolventen ermutigen“, sagte Kopp. Gleiches gelte auch für junge Erwachsene mit Behinderungen, die bisher noch gar nicht von dem Programm erfasst würden.

 Ein weiteres Problem sei die Bereitstellung des 25-prozentigen Eigenanteils der Entsendeorganisationen. Es habe sich herausgestellt, dass die Bewerber für einen Platz im „weltwärts“-Programm immer öfter aufgefordert würden, selber Spenden einzuwerben. „Das ist so nicht gedacht“, machte jedoch die Staatssekretärin deutlich.

„Eigenanteil als Arbeitsleistung anrechnen“

Auch aus Sicht des SPD-Abgeordneten Gerold Reichenbach ist das der falsche Weg. Spender zu suchen, sei für eloquente und gut ausgebildete junge Menschen einfacher als für andere. Reichenbach regte an, den Eigenanteil auch als Arbeitsleistung anrechnen zu können.

Problematisch sei auch die Sprachbarriere. Es sollte daher seiner Ansicht nach möglich sein, Grundkenntnisse in der jeweiligen Landessprache noch in Deutschland zu vermitteln.

„Finanzielle Barriere darf es nicht geben“

Eine finanzielle Barriere dürfe es nicht geben, bestätigte auch die Staatssekretärin. Was die sprachliche Barriere angeht, so würde bei guten Entsendeorganisationen die Vermittlung von Sprachkenntnissen zum Programm gehören – vorher und auch vor Ort.

Die Forderung der SPD-Abgeordneten Ute Kumpf, dass nicht nur Abiturienten, sondern auch Menschen mit Berufserfahrung an dem Programm teilnehmen sollten, unterstützte Kopp ausdrücklich. Das Entwicklungsministerium sei auch bereit, Arbeitgeber darauf anzusprechen, dass ein solcher Auslandsaufenthalt „als Plus, statt wie bisher oft als Malus gesehen wird“. Für eine Wiederbeschäftigungsgarantie nach einem „weltwärts“-Aufenthalt könne das Ministerium jedoch nicht sorgen.

„Problem der Anerkennungskultur“

Hier treffe man zum wiederholten Male auf das Problem der Anerkennungskultur, sagte der Unionsabgeordnete Dr. Peter Tauber. Arbeitgeber, so seine Vorstellung, sollten Tätigkeiten im Rahmen eines Freiwilligendienstes „mit Sternchen versehen“.

Tauber erkundigte sich auch nach dem Feedback der Aktion bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Diese fühlten sich kaum angesprochen, räumte Gudrun Kopp ein. „Das muss sich ändern“, ergänzte sie.

„Mangelhafte pädagogische Betreuung“

Sie mache sich wenig Sorgen um eine zu geringe Nachfrage nach dem Programm, sagte Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen). Bisher müssten viele Interessenten abgelehnt werden. Haßelmann lobte das Programm als „von unschätzbarem Wert“.

Die Kritik, „weltwärts“ sei ein „Tourismusprogramm für Akademikerkinder“, teile sie ausdrücklich nicht, betonte die Grünen-Abgeordnete. Dennoch sei ein Blick auf die Schwachstellen richtig. Dazu gehört ihrer Ansicht nach die teils mangelhafte pädagogische Betreuung. (hau)