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Parlament

Fragen zur Studie „Lebenswelten junger Muslime“

Aydan Özoğuz, SPD

(DBT/Neumann)

Urheberrecht, Sicherheitsverwahrung, Umgang mit gentechnisch verunreinigtem Saatgut – nur drei von insgesamt 94 Themen, zu denen Abgeordnete des Bundestages Fragen für die Fragestunde (17/8828) am Mittwoch, 7. März 2012, eingereicht haben. Aydan Özoğuz, Integrationsbeauftragte der SPD-Fraktion, will sich insbesondere nach der vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebenen Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ erkundigen. Die Ergebnisse dieser Studie waren in der vergangenen Woche zuerst von Innenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) in der BILD-Zeitung kommentiert worden, bevor sie auch den Abgeordneten und der Öffentlichkeit zur Verfügung standen. Weshalb sie dieser Umgang befremdet hat und welche Konsequenzen sie nun von der Bundesregierung erwartet, erläutert Özoğuz im Interview:


Frau Özoğuz, die Studie zu jungen Muslimen hat für viel öffentliche Diskussion und Kritik gesorgt. Sie wollen dies nun auch in der Fragestunde thematisieren und wissen, weshalb die Studie der BILD-Zeitung zuerst zugeleitet wurde – und nicht dem Bundestag. Kritisieren Sie diese Vorgehensweise?

Der Umgang mit der Studie war aus meiner Sicht befremdlich. Bevor wir Abgeordneten die Ergebnisse vorliegen hatten, waren sie schon einer großen Zeitung zugespielt worden. Man war dann in der misslichen Lage, auf Zeitungsmeldungen reagieren zu müssen, ohne alle Daten und Fakten überhaupt zu kennen. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse in den Schlagzeilen nur sehr verkürzt dargestellt. Das hat der Studie eine Schlagseite in der öffentlichen Wahrnehmung gegeben, die sie gar nicht verdient hat – wenngleich sie auch nicht repräsentativ ist. Ein Punkt macht mich zusätzlich sehr nachdenklich: Die Ergebnisse der Studie lagen offensichtlich schon seit Monaten vor. Warum hat man sie eine Woche nach der Gedenkveranstaltung für die Opfer der Neonazi-Anschläge veröffentlicht? Warum zu diesem Zeitpunkt und in dieser Form? Ich frage mich schon, weshalb der Umgang mit der Studie so unsensibel sein musste.

Der Innenminister hat inzwischen bestritten, dass sein Ministerium die Studie an die BILD-Zeitung gegeben hat...

Soviel ich weiß, hat er bestritten, dass er sie herausgegeben hat. Die Studie lag nur dem auftraggebenden Ministerium vor, wer hätte sie denn sonst vorab herausgeben sollen?

Friedrich hat in seinem ersten Kommentar zur Studie, im Interview mit der BILD-Zeitung, insbesondere vor demFanatismus junger Muslime gewarnt. Wie interpretieren Sie die Ergebnisse?

Ich finde es wichtig, dass man Radikalisierungstendenzen untersucht, und zwar in jeglicher Form. Ich finde es aber eigenartig, dass die Bundesregierung immer wieder den Fokus auf eine Religionsgemeinschaft lenkt und die Muslime als eine Gruppe untersucht. Ich verstehe diesen Fokus nicht – denn jede Studie hat bisher gezeigt, dass man in dieser Gruppe als solches die Probleme nicht festmachen kann. Die überwältigende Mehrheit der Muslime neigt nicht zu Fanatismus. Trotzdem ist ein Bild entstanden, das Muslime als Radikale zeigt. Die Ergebnisse der Studien werden kaum wahrgenommen, eher die Schlagzeilen, die dazu produziert werden.

Wo sollte denn angesetzt werden, um den Ursachen für Fanatismus und Radikalisierungstendenzen auf die Spur zukommen?

Ich frage mich, warum man nicht mehr die Zugehörigkeit zu bestimmten Milieus erforscht. Da gibt es nämlich viele Hinweise und Ansatzpunkte. Die Studie des Bundesinnenministeriums zeigt ja, was es eigentlich zu untersuchen gäbe. Sie belegt, dass die Muslime, die wir als integriert ansehen, nicht diejenigen sind, die an Abschottung denken. Die Studie empfiehlt, den Rand der Gesellschaft genauer zu beleuchten und diejenigen in den Fokus zu nehmen, die sich diskriminiert und weggedrängt fühlen. Da müsste man auch genauer hinschauen, denn es ist problematisch, wenn Menschen das Gefühl haben, dass sie niemals in diese Gesellschaft aufgenommen werden. Das Problem können sie aber selbst nicht alleine lösen, die gesamte Gesellschaft muss daran arbeiten und überlegen, was man verändern kann.

Sie erkundigen sich in der Fragestunde auch nach den Konsequenzen aus der Studie?

Die Studie hat ja auch ganz praktische Vorschläge gemacht, zum Beispiel, die doppelte Staatsbürgerschaft einzuführen. Da würde ich natürlich gerne wissen, ob den Schlussfolgerungen einer einige Hunderttausend Euro teuren Studie auch Taten folgen werden.

Was erwarten Sie, wie sollte die Regierung auf die Ergebnisse reagieren?

Zunächst einmal erwarte ich mir inhaltliche Begründungen. Ich möchte erfahren, was eigentlich der Sinn dieser Studie war. Noch mehr Zahlen? Das kann es nicht sein. Man muss ja auch etwa daraus machen. Und natürlich möchte ich auch wissen, ob die Regierung mehr macht, als Schlagzeilen zu produzieren.

(sas)

 

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