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Auswärtiges

Linguistik-Dozentin aus Eriwan nimmt Auszeit in Berlin

Arpine Geworgjan

Arpine Geworgjan (DBT/photothek)

Wer seinen Arbeitgeber schon kurz nachdem er eine neue Stelle angetreten hat um eine fünfmonatige Auszeit bittet, wird normalerweise schon ein bisschen schief angesehen. Bei Arpine Geworgjan aus der armenischen Hauptstadt Eriwan war das anders. „Bei mir an der Hochschule war man begeistert, als ich gesagt habe, dass ich als Teilnehmer am Internationalen Parlaments-Stipendium (IPS) ausgewählt wurde“, sagt die 24-jährige Linguistik-Dozentin. Für fünf Monate wird die Lehrende also wieder zur Lernenden. Bis Ende Juli arbeitet sie als Praktikantin im Büro des Grünen-Abgeordneten Dr. Harald Terpe.

„Meine Tante ist Deutschlehrerin“

Das positive Feedback ihres Arbeitsgebers, der Brjussow-Universität von Eriwan, hat wohl auch damit zu tun, dass Arpine Geworgjan nicht die erste im Kollegium ist, die am IPS teilnimmt. „Die Kollegin, die vor drei Jahren an dem Programm teilgenommen hat, wusste nur Gutes zu berichten“, erzählt die 24-Jährige. Aus Sicht der Hochschule ist der Berlin-Aufenthalt eine gute Chance. „Wir brauchen mehr hochqualifizierte Fachleute, die sich bei uns engagieren“, macht die studierte Germanistin deutlich.

Dass sie sich so sehr für die deutsche Sprache interessiert, ist auch familiär bedingt. „Meine Tante ist Deutschlehrerin, was bei der Entscheidung durchaus eine Rolle gespielt hat“, sagt sie. Dass sie sich schließlich für das IPS beworben hat, verdankt sie der Beharrlichkeit eines deutschen Professors an der Eriwaner Universität. „Er war der Betreuer meiner Masterarbeit und hat mir schon im zweiten Masterstudienjahr gesagt, dass ich mich für dieses Stipendium bewerben soll.“

Praktikum bei einem Gesundheitspolitiker

Damals habe sie jedoch ihre Arbeit geschrieben und keine Zeit gehabt, sich mit dem Thema intensiver zu beschäftigen. „Aber im nächsten Jahr hat er mich wieder daran erinnert“, sagte sie, und dass sie skeptisch gewesen sei, ob eine Germanistikstudentin dabei Erfolg haben könne. „Umso schöner, dass es schließlich geklappt hat“, sagt sie.

In Berlin ist sie nun im Büro eines Gesundheitspolitikers von Bündnis 90/Die Grünen gelandet. Mit dem Gesundheitswesen habe sie bisher noch nicht viel zu tun gehabt, räumt sie ein. Was aber nicht unbedingt schlecht ist: „Daher ist das alles neu und interessant für mich“, sagte sie. Zudem fühlt sie sich bei Terpe und seinen Mitarbeitern sehr wohl.

„Ich stelle sehr viele Fragen“

Dass Harald Terpe Vater von sechs Kinder ist, habe sie schon kurz vor Beginn des Praktikums erfahren. „Es hat mich sehr gefreut, dass er so kinderlieb ist“, sagt sie. Für die im Mai oder Juni geplante Wahlkreisreise hat der Mecklenburger Abgeordnete ihr auch angeboten, ein paar Termine und Gespräche zu ihrem eigentlichen Fachthema, der Bildung, zu organisieren. „Das finde ich sehr gut“, freut sie sich.

Während der bisherigen Wochen war sie viel damit beschäftigt, sich in das Gesundheitsthema einzulesen. „Und ich stelle sehr viele Fragen“, sagt Arpine Geworgjan. Damit kommt sie der Aufforderung des Bundestagsvizepräsidenten Eduard Oswald (CDU/CSU) nach, der am Begrüßungsabend die Stipendiaten angeregt hatte zu fragen, „besser einmal mehr als einmal zu wenig“.

„Gezwungen, immer Deutsch zu reden“

Doch nicht nur die Arbeit im Büro, sondern auch das Zusammenleben mit den anderen Stipendiaten macht Arpine Geworgjan viel Freude. „Ich wohne mit einer sehr netten Tschechin zusammen“, erzählt sie. Dadurch werde sie auch gezwungen, immer Deutsch zu reden. Aber auch im Umgang mit den anderen Armeniern oder den russischsprachigen Stipendiaten gelte die Regel: nur Deutsch. „Wir haben uns so eine Art Verbot der armenischen und der russischen Sprache auferlegt“, erläutert sie.

Schon jetzt ist für sie klar, dass der Kontakt auch über das Praktikum hinaus gehalten wird. „Wir Armenier organisieren eine Reise durch unser Land“, erzählt sie. Interessierte Teilnehmer gebe es schon einige. „Die IPSler, die schon in Armenien gewesen sind, waren sehr begeistert und raten auch anderen, unbedingt dahin zu fahren, um die Gastfreundlichkeit und die wunderbare Natur zu erleben“, sagt Arpine Geworgjan.

„Berg Karabach braucht eine friedliche Lösung“

Zu den Stipendiaten, mit denen sie derzeit im Berliner Wohnheim lebt, gehört auch die Delegation aus Aserbaidschan. Mit dem Nachbarstaat Armeniens gibt es ja seit Langem Auseinandersetzungen um die Region Berg Karabach. Führt das dazu, dass man sich aus dem Weg geht? „Nein“, widerspricht sie energisch. „Gerade heute erst bin ich mit einem Aserbaidschaner zur Arbeit gefahren.“ Der Kontakt sei ganz normal. „Wir feiern auch Geburtstagspartys zusammen.“

Vielleicht, so Arpine Geworgjan, helfe das ja auch, um die Konflikte zu bewältigen. Berg Karabach brauche eine friedliche Lösung, betont sie und fordert: „Daran muss sich auch Europa beteiligen.“ Derzeit komme es noch immer zu teils tödlichen Zwischenfällen, sagt sie. „Das ist erschreckend. Aus unserer Sicht darf es so etwas unter zivilisierten Völkern nicht geben.“

„Viele junge Armenier gehen ins Ausland“

Hoffnung macht ihr der Blick auf ihre, auf die junge Generation. „Viele junge Armenier gehen ins Ausland, um sich ausbilden zu lassen“, sagt sie. Das Gleiche gilt für die Aserbaidschaner. „Hoffentlich wird das für unser Zusammenleben förderlich sein.“

Arpine Geworgjan hat durchaus die Absicht, ihr im Bundestag erlangtes Wissen in ihrem Heimatland einzubringen. Zugleich möchte sie aber auch promovieren: „Mal sehen, ob das eher in Deutschland oder in Armenien möglich ist.“ Erfahrungen an deutschen Universitäten hat sie schon: An der Martin-Luther Universität in Halle hat die Armenierin zwei Auslandsemester absolviert.

Große Diaspora der Armenier

Sowohl in Halle als auch jetzt in Berlin hat Arpine Geworgjan den Kontakt mit der „großen Diaspora der Armenier“ gesucht und gefunden. Viele seien als Folge des Völkermordes in den Jahren 1914 bis 1915 nach Deutschland gekommen und lebten nun schon seit mehreren Generationen hier, sagt sie. Das Thema des Völkermordes an den Armeniern beschäftigt die 24-Jährige sehr stark.

Sie wünscht sich, dass Deutschland dem Vorbild Frankreichs folgen würde und ein Gesetz gegen das Leugnen des Genozides auf den Weg brächte. „Das ist die Wirklichkeit, und die kann man nicht verbergen“, macht sie deutlich. Dass sie mit ihrem Ansinnen nicht allein ist, zeigt ein Blick auf den von Bundeskanzlerin Angela Merkel angeregten Zukunftsdialog im Internet. Die Forderung nach einem derartigen Gesetz steht dort an erster Stelle – noch vor dem Verlangen nach einer Legalisierung von Cannabis und der Abschaffung der Gebühreneinzugszentrale GEZ. (hau)

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