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Auswärtiges

Opposition gegen Antipirateneinsatz an Somalias Küste

Fregatte bei Atalanta-Einsatz

(© dpa)

Die Bundesregierung will die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Militäroperation „Atalanta“ vor der Küste Somalias verlängern, und zwar längstens bis Ende Mai 2013. Doch nicht dieses Anliegen sorgte am Donnerstag, 26. April 2012, für einen teils heftigen Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition. Vertreter der Fraktionen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen kritisierten insbesondere den Plan, das Mandat auf einen 2.000 Meter breiten Küstenstreifen auszuweiten, um dort die Logistik der Piraten aufzuspüren und auszuschalten. Die Oppositionsfraktionen kündigten an, dem Antrag der Bundesregierung (17/9339) die Zustimmung zu verweigern. Er wurde im Anschluss an die Debatte an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

„Piraten an Land in Angriff nehmen“

In ihrer Begründung zur Mandatsausweitung verweist die Bundesregierung darauf, dass es sinnvoll sei, auch die Ausrüstung der Piraten an Land in Angriff zu nehmen. Deutsche Einsatzkräfte würden dabei nicht am Boden eingesetzt. Ziel sei es, die Handlungsfähigkeit der Piraten weiter einzuschränken und zu verhindern, dass diese in einem Seegebiet gesucht werden müssen, das 24 Mal so groß ist wie die Bundesrepublik.

Deutschland beteiligt sich seit Dezember 2008 an der Operation „Atalanta“. Sie hat zum Ziel, den humanitären Zugang nach Somalia durch den Schutz von Schiffen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen und der Truppen der Afrikanischen Union zu gewährleisten. Die vor der Küste agierenden Piraten sollen bekämpft und abgeschreckt, der zivile Schiffsverkehr auf den dortigen Handelswegen gesichert werden. Die Soldatinnen und Soldaten sollen Geiselnahmen und Lösegelderpressungen verhindern und das Völkerrecht durchzusetzen. Die EU will die Operation bis 12. Dezember 2014 fortsetzen.

FDP: Boote und Benzinvorräte der Piraten ausschalten

Dr. Rainer Stinner bezeichnete als erster Redner der Debatte „Atalanta“ als das in der Bevölkerung populärste Mandat: Jeder verstehe, dass man „nicht zulassen könne, dass böse Buben Schiffe kapern“, sagte der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion und berief sich unter anderem auf ein über Jahrtausende gewachsenes Seegewohnheitsrecht, „das uns ermächtigt, gegen Piraten vorzugehen.“

Stinner nannte das im Antrag der Bundesregierung formulierte Mandat „offen, transparent und wichtig“. Es solle das Einsatzgebiet auf einen bis zu 2.000 Meter breiten Küstenstreifen ausdehnen, um dort die Logistik wie Boote und Benzinvorräte auszuschalten, nicht aber die Soldaten in Gefechte an Land verwickeln.

SPD: Ein Mandat mit zusätzlichen Risiken

Dr. Rolf Mützenich, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, warf der Koalition vor, eine breite Mehrheit des Bundestages für die Mission „leichtfertig“ und „ohne Not“ zu verwirken. „Atalanta“ habe erreicht, dass der Schiffsverkehr sicherer geworden sei und Lieferungen im Rahmen der humanitären Hilfen für Somalia ihre Bestimmungsorte erreichen könnten.

„Sie machen aus einem erfolgreichen Mandat ein Mandat mit zusätzlichen Risiken“, warnte Mützenich. Der Bundesregierung warf er vor, die Bekämpfung der Hintermänner der kriminellen Netzwerke mit strafrechtlichen Mitteln lange Zeit vernachlässigt zu haben.

Regierung: Einsatzfähigkeit der Streitkräfte erhöhen

Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) sprach in Vertretung von Außenminister Dr. Guido Westerwelle (FDP) von einer „kleinen und sinnvollen Ausweitung“, um die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte zu erhöhen: „Eine Option mehr ist besser als eine Option weniger.“ Die Ausweitung öffne nicht den Weg für einen Bodenkrieg und sei erst recht kein „Spiel mit dem Feuer“. Sie werde von den Regierungen aller 27 EU-Mitgliedern getragen.

Der bisherige Erfolg der Mission sei auch möglich gewesen, weil der Bundestag mit breiter Mehrheit „Mittel und Umfang“ des Einsatzes der Situation mehrfach angepasst habe. Erst im letzten Jahr sei das Mandat auf diesem Wege „robuster“ ausgestattet worden, sagte der Minister und warb um Unterstützung auch in den Reihen der Opposition bei der anstehenden abschließenden Lesung: „Eine Enthaltung ist besser als eine Ablehnung“, sagte de Maizière,  aber eine Zustimmung sei das Beste – insbesondere für die Soldatinnen und Soldaten.

Linke: Kriegserklärung an somalische Küstenbevölkerung

Jan van Aken nannte den Antrag der Bundesregierung eine „Kriegserklärung an die somalische Küstenbevölkerung“. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke bezweifelte, dass die geplante Erweiterung des Mandats — etwa durch den Einsatz von Hubschraubern — zivile Opfer ausschließen könne.

Er erinnerte an den Beschuss von Tanklastern im afghanischen Kundus, bei dem mehr als hundert Menschen, unter ihnen viele Zivilisten, starben. Die Bekämpfung der Piraterie mit militärischen Mitteln sei „durch und durch gescheitert“, betonte van Aken. Seit Beginn der Mission würden Jahr für Jahr die Angriffe von Piraten zunehmen. Das Problem sei nur politisch zu lösen, nicht militärisch.

Grüne: Piraten und Zivilisten kaum zu unterscheiden

Omid Nouripour, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, nannte „Atalanta“ eine bisher „gute Mission“. Die Koalition riskiere jedoch mit der Ausweitung die „hohe moralische Akzeptanz“ des Mandats und verspiele darüber hinaus die Möglichkeit, über die Ursachen der Piraterie an den Küsten Somalias zu reden — etwa die jahrzehntelange Überfischung durch Fangflotten Industriestaaten.

Die Grenze von zwei Kilometern landeinwärts sei „willkürlich gesetzt“. Es sei „hochdramatisch“, wenn Militär-Hubschrauber über diesem Gebiet fliegen, weil sich aus der Luft kaum zwischen Piraten und unverdächtigen Zivilisten unterscheiden lasse.

CDU/CSU: Beitrag zur Stabilisierung der Lage in Afrika

Philipp Mißfelder warf der Opposition vor, sich „aus der Verantwortung drücken“ zu wollen. Der Einsatz sei völkerrechtlich legitimiert und orientiere sich „an unserer wertegebunden Außenpolitik“, auch weil das Mandat zur Stabilisierung der Lage in Afrika beitrage.

Es sei richtig, dass sich das Problem der Piraterie nicht militärisch, sondern nur mit diplomatischen Mitteln und im Rahmen der Entwicklungspolitik lösen lasse, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion. Für eine Export- und Handelsnation wie Deutschland sei dies aber „noch lange kein Grund bei der Symptombekämpfung aufzugeben“. (ahe/vom)

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