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Gesundheit

Bürger werden zur Organspendebereitschaft befragt

Dialyseapparat

(picture alliance / ZB)

Alle Bürger über 16 Jahre werden künftig regelmäßig von ihren Krankenkassen zu einer freiwilligen Entscheidung aufgefordert, ob sie nach ihrem Tod Organe spenden wollen oder nicht. Der Bundestag stimmte am Freitag, 25. Mai 2012, mit großer Mehrheit für einen überfraktionellen Gesetzentwurf (17/9030, 17/9774) für die sogenannte Entscheidungslösung, der auch vorsieht, dass die Krankenkassen ihre Versicherten intensiv über das Thema Organspende informieren. Ziel des Gesetzentwurfs ist es unter anderem, die Zahl der Organspender in Deutschland zu erhöhen.

12.000 Patienten warten auf ein Spenderorgan

Von den 12.000 Patienten in Deutschland, die auf ein Spenderorgan warten, sterben Schätzungen zufolge jeden Tag drei. Bislang müssen Bürger selbst aktiv werden, um sich einen Organspendeausweis zu besorgen. SPD-Fraktionschef Dr. Frank-Walter Steinmeier betonte in der Debatte, es gehe darum, „den Menschen etwas mehr auf die Pelle rücken, indem wir fragen und nachfragen“.

Der Bundestag stimmte zudem einer Änderung des Transplantationsgesetzes zu. Der im Gesundheitsausschuss (17/9773) geänderte Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/7376) erhielt die Zustimmung von den Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion. Die Fraktion Die Linke stimmte gegen den Entwurf, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie ein FDP-Abgeordneter enthielten sich der Stimme.

Transplantationsbeauftragte für 1.400 Krankenhäuser

Der Entwurf sieht vor, dass die rund 1.400 Krankenhäuser mit Intensivstation, in denen Organspenden möglich sind, je einen Transplantationsbeauftragten bekommen. Ein Hintergrund ist, dass manche Kliniken kaum Spenderorgane zur Verfügung stellen.

Ferner werden Lebendspender von Organen und Geweben bessergestellt. Unter anderem erhalten sie einen Rechtsanspruch auf eine sechswöchige Entgeltfortzahlung und auf Krankengeld, das so hoch sein soll wie das ausgefallene Arbeitseinkommen. Ferner wird der Anspruch auf medizinische Behandlung, Rehabilitation und Fahrtkosten festgeschrieben. Zuständig für die Leistungen wird nach dem Willen der Abgeordneten die Krankenkasse des Organempfängers sein.

Jeder vierte Deutsche hat einen Organspendeausweis

In der Debatte hob Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hervor, es sei „ein starkes Signal“, dass der Bundestag über die Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsam für eine freiwillige Entscheidungslösung eintrete. Zwar sei die Zustimmung zur Organspende in der Bevölkerung groß, „aber sich den Ruck zu geben, selbst einen Ausweis auszufüllen, das machen zu wenige“, betonte Bahr. Bislang hätten rund 25 Prozent der Deutschen einen Organspendeausweis.

 Unionsfraktionschef Volker Kaude sagte, die Reform der Organspende sei „ein Gesetz, auf das viele Menschen gewartet haben“. Er lobte die fraktionsübergreifende Einigkeit zur Einführung der Entscheidungslösung. Zugleich bekräftigte der CDU-Abgeordnete seine Ablehnung einer weitergehenden Reform, etwa einer sogenannten Widerspruchslösung, bei der von jedem Bürger angenommen wird, dass er seine Organe spenden will — es sei denn, er hat dieser Annahme ausdrücklich widersprochen. „Es gibt kein Recht darauf, dass jemand von einem anderen ein Organ verlangen kann“, sagte Kauder.

„Missstände beenden“

Steinmeier betonte, bislang seien Lebendspender von ihren Arbeitgebern und den Krankenkassen oft „im Regen“ stehen gelassen worden. Die Änderung des Transplantationsgesetzes leiste einen guten Beitrag dazu, die Missstände zu beenden. Steinmeier hat selbst seiner Frau eine Niere gespendet.

Der SPD-Abgeordnete fügte mit Blick auf die Entscheidungslösung hinzu: „Es geht nicht darum, dass wir alle Menschen zu Organspendern machen wollen, sondern es geht darum, dass wir Menschen auffordern, sich ihre eigenen Überlegungen zu machen.“

„Thema in das Bewusstsein der Menschen rücken“

Auch die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen unterstützen mit großer Mehrheit die Einführung der Entscheidungslösung. Die Gesundheitsexpertin der Linksfraktion, Dr. Martina Bunge, sagte, die Neuregelung werde das Thema Organspende und Transplantation „stärker in das Bewusstsein der Menschen rücken“.

Die Grünen-Abgeordnete Elisabeth Scharfenberg betonte, mit der Reform werde die „Aufklärung der Bürger“ über Organspende „ernst genommen“. Mit dem vorgesehenen Schreiben der Krankenkassen an die Versicherten werde das Thema „in die Familien getragen“.

„Gefahr des Missbrauchs“

Die Linke und die Grünen kritisierten jedoch in der Debatte die vom Jahr 2016 an geplante mögliche Dokumentation der Organspendebereitschaft auf der elektronischen Gesundheitskarte. Das vorgesehene Schreib- und Leserecht sei mit der Gefahr des Missbrauchs verbunden, argumentierten die Abgeordneten.

Gesundheitsminister Bahr trat dieser Kritik entgegen. Es bleibe bei dem Grundsatz, dass jeder persönlich entscheiden könne, wer auf die gespeicherten Daten zugreifen könne. Auf der elektronischen Gesundheitskarte solle „ein eigenes Fach“ für die Erklärung zur Organspendebereitschaft eingerichtet werden. Ein Zugriff auf andere gespeicherte Daten solle damit ausgeschlossen werden. Die Änderungsanträge der Linksfraktion (17/9775) und der Grünen (17/9776) fanden keine Mehrheit.

Die Rolle der Stiftung Deutsche Organtransplantation

Umstritten war in der Debatte zudem die Rolle der Stiftung Deutsche Organtransplantation (DSO), die die Organspende in Deutschland koordiniert. Die DSO war in den vergangenen Monaten wegen Vetternwirtschaft in die Schlagzeilen geraten. In einem Entschließungsantrag (17/9777), der mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion angenommen wurde, wird bekräftigt, dass der Stiftungsrat der DSO mindestens ein Mal pro Jahr in den Gesundheitsausschuss des Bundestages geladen wird, um unter anderem über den Stand der Neuausrichtung der DSO zu berichten.

Ferner wurde mit der Änderung des Transplantationsgesetzes auch festgelegt, dass die DSO ihre Geschäftsberichte veröffentlichen muss. Der Linksfraktion und den Grünen gingen die Änderungen im Hinblick auf mehr Transparenz und eine bessere Kontrolle nicht weit genug. Beide stellten die Form der Organisation als private Stiftung infrage. Ein Entschließungsantrag der Linksfraktion (17/9778) wurde jedoch mit den Stimmen der Unions-, der SPD- und der FDP-Fraktion bei Enthaltung der Grünen abgelehnt. (mpi)

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