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Parlament

Vorbehalte gegen Grundrecht auf Informationszugang

Hände halten Aktenstapel

(picture alliance/chromorange)

Es gehört zu den unveräußerlichen Grundrechten der Menschen in Deutschland, ihre „Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“. So besagt es Artikel 5 des Grundgesetzes. Dieses Grundrecht, das der Gesetzgeber selbst mit Zweidrittelmehrheit „in seinem Wesensgehalt“ laut Artikel 19 des Grundgesetzes nicht antasten darf, wollen Bündnis 90/Die Grünen  durch ein Grundrecht auf Informationszugang erweitern.

„Voraussetzung für Meinungs- und Willensbildung“

Nach ihrem Willen soll Artikel 5 um folgende Passage erweitert werden: „Jeder hat das Recht auf Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen sowie zu Informationen nicht öffentlicher Stellen, soweit diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Der Zugang zu Informationen sonstiger nicht öffentlicher Stellen ist zu gewährleisten, soweit dies, insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der natürlichen Lebensgrundlagen, den überwiegenden Interessen der Allgemeinheit dient. Das Nähere wird bundesgesetzlich geregelt.“ Über den entsprechenden Gesetzentwurf (17/9724) beriet der Bundestag am Freitag, 25. Mai 2012, in erster Lesung und überwies ihn zur weiteren Beratung in die Ausschüsse.

Nach Ansicht der Grünen ist der Zugang zu Informationen eine notwendige Voraussetzungen für die Meinungs- und Willensbildung der Bürger in einem demokratischen Rechtsstaat. „Geheimniskrämerei und Undurchschaubarkeit fördern nicht nur Filz und Korruption, sie erzeugen auch berechtigte Wut bei den Bürgerinnen und Bürgern“, schreiben sie in ihrem Gesetzentwurf.

Zweidrittelmehrheit wäre erforderlich

„Kompetente Demokraten“ seien nicht damit zufrieden, wenn „einmal gewählte Volksvertreter über ihren Kopf hinweg intransparente Entscheidungen treffen“.

Chancen, sich mit diesem Anliegen durchzusetzen, haben die Grünen allerdings nicht. Abgesehen davon, dass Verfassungsänderungen in Deutschland prinzipiell einer Zweidrittelmehrheit bedürfen, zeigte sich der Bundestag in der Vergangenheit auch stets zurückhaltend gegenüber Grundgesetzänderungen. Und im Jahr 2008 waren die Grünen bereits einmal mit der Forderung nach einem Informationszugangsgrundrecht (16/9607) gescheitert.

CDU/CSU: Informationsbedürfnis wird berücksichtigt

Auch in der Debatte erteilten mit Ausnahme der Linken alle Fraktionen dem Ansinnen der Grünen eine Absage. Und so hielt ihnen der CDU-Abgeordnete Stephan Mayer entgegen, der Gesetzentwurf stelle „eine vollkommen überflüssige Wiederholung“ dar. Schon heute existierten in Deutschland ausreichende gesetzliche Möglichkeiten wie das Informationsfreiheitsgesetz, um dem Informationsbedürfnis der Bürger Rechnung zu tragen.

Sein Fraktions- und Parteikollege Norbert Geis argumentierte, dass eine „Überbetonung“ des Informationsrechts in der Verfassung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung unterlaufen könne, wenn Verwaltungen beispielsweise gezwungen wären, Dokumente zu veröffentlichen, die Daten anderer Bürger enthalten.

SPD: Gut gemeint, aber nicht gut gemacht

Auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz äußerte sich ablehnend gegenüber dem Vorstoß der Grünen. Der Gesetzentwurf sei zwar „sicherlich gut gemeint, aber er ist nicht gut gemacht“. Wiefelspütz sprach sich für eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes aus, das der Bundestag im Jahr 2005 auch gegen Widerstände und Bedenken in der damaligen rot-grünen Bundesregierung  verabschiedet habe. Von der Verfassung sollte man aber lieber die Finger lassen.

Das Informationsfreiheitsgesetz gewährt jedem Bürger einen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Auch in elf der 16 Bundesländer exisieren ähnliche Gesetze; lediglich in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Hessen und Niedersachsen nicht. Der SPD-Parlamentarier Dr. Edgar Franke argumentierte, es sei sinnvoller, wenn diese Länder endlich Informationsfreiheitsgesetze einführen.

FDP gegen Vorrang des Umwelt- und Verbraucherschutzes

Auf das Informationsfreiheitsgesetz verwies auch die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz. Dieses werde derzeit evaluiert und es gebe sicherlich auch Stellschrauben, um das Gesetz zu verbessern. Sie hielt dem Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) entgegen, dass er den Charakter der Grundrechte verkenne.

Es gehe nicht an, dass dem Umwelt- und Verbraucherschutz innerhalb der Grundrechte eine vorrangige Stellung eingeräumt werde, um das Informationsrecht der Bürger gegenüber Privatfirmen zu stärken, argumentierte Piltz.

Grüne: Informationszugang in den Grundrechten verankern

Von Notz hatte argumentiert, dass das Informationsbedürfnis von Bürgern allzu oft an den verfassungsrechtlich ebenfalls geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen scheitere. Schon deshalb müsse das Recht auf Informationszugang in den Grundrechten verankert werden.

Die Grünen verweisen zudem darauf, dass in den Verfassungen Belgiens, Finnlands und Schwedens das Prinzip der Öffentlichkeit von amtlichen Dokumenten und individuelle Informationsgrundrechte verankert seien. Auch die EU-Grundrechtecharta enthalte in Artikel 42 ein Zugangsrecht zu den Dokumenten der Organe und Einrichtungen der EU.

Linke: Stärkung der Informationsrechte richtig und wichtig

Unterstützung für das Anliegen der Grünen kam lediglich aus den Reihen der Linksfraktion. Man könne sicherlich darüber streiten, ob eine Verfassungsänderung nötig sei, aber die Stärkung der Informationsrechte der Bürger sei „richtig und wichtig“, sagte deren Abgeordnete Nicole Gohlke.

Sie verband ihre Zustimmung allerdings mit massiver Kritik an den Grünen. Wer einerseits den Artikel 5 und damit die Meinungsfreiheit stärken wolle, müsse zugleich aber auch für die Gewährung dieser Rechte Sorge tragen. Gerade aber hätten die Grünen zusammen mit der CDU im Magistrat von Frankfurt am Main mit dem Verbot der Occupy-Proteste im Bankenviertel die Meinungsfreiheit ausgehöhlt. (aw)

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