+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Parlament

„Fünf Jahre sind besser als sieben oder acht“

Andrea Wicklein, SPD

(DBT/Kummerow)

Sorge um den Zusammenbruch des Euro, Umschulung von Schlecker-Beschäftigten zu Erzieherinnen, dritter Korb der Urheberrechtsreform – nur drei von insgesamt 98 Themen, zu denen Abgeordnete des Bundestages Fragen für die Fragestunde (17/9888) am Mittwoch, 13. Juni 2012, eingereicht haben. Andrea Wicklein, Beauftragte der SPD-Fraktion für Mittelstand und Freie Berufe, will sich dann insbesondere nach den von der Bundesregierung geplanten Steuervereinfachungen für Unternehmen erkundigen. So sollen diese, einem Beschluss des Kabinetts vom 23. Mai, zufolge, ab 2013 Rechnungen und andere Belege nur noch acht Jahre, ab 2015 nur noch sieben Jahre aufbewahren müssen. Weshalb das nicht ausreicht und sie sogar für eine Verkürzung der Frist auf fünf Jahre plädiert, erklärt die Abgeordnete im Interview. Das Interview im Wortlaut:


Frau Wicklein, Wirtschaftsminister Rösler (FDP) und Finanzminister Schäuble (CDU) haben sich auf einen Kompromiss bei den Aufbewahrungsfristen von Rechnungen und anderen Belegen geeinigt. Ursprünglich hatte Rösler eine Halbierung der jetzt geltenden Frist von zehn auf fünf Jahre gefordert. Nun wird wahrscheinlich nur eine Verkürzung von zwei beziehungsweise drei Jahren daraus. Sie thematisieren dies in der Fragestunde. Warum?

Es geht ja nicht nur um die Aufbewahrungspflicht. Ich möchte zugleich deutlich machen, dass in den letzten zweieinhalb Jahren der Bürokratieabbau unter der amtierenden Bundesregierung fast völlig erlahmt ist. 2005 haben wir in der Großen Koalition mit den Christdemokraten ein gutes Programm für Bürokratieabbau und eine bessere Rechtsetzung auf den Weg gebracht. Alle unsere Ziele haben wir erreicht — dazu gehört etwa die Einrichtung des Normenkontrollrates. Doch jetzt geht es nur noch schleppend voran. Im letzten Jahr hatte die Bundesregierung Mühe, überhaupt ihr Entlastungsziel von 25 Prozent zu erreichen. Was ich aber besonders kritisiere: Es gibt keine Mittelstandsentlastungsgesetze mehr.

Sie meinen als Fortsetzung der drei Gesetze, die unter der Großen Koalition in den Jahren 2006 bis 2009 verabschiedet wurden?

Richtig. Durch diese Gesetze konnten die Unternehmen schätzungsweise um 14 Millionen Euro an Bürokratiekosten entlastet werden. Daran sollte die Bundesregierung anknüpfen — doch danach sieht es derzeit nicht aus. Auch auf europäischer Ebene tut sich kaum etwas: Die sogenannte Stoiber-Gruppe, die vom ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber geleitete Expertengruppe zum Bürokratieabbau, kennt in Brüssel kaum jemand. Das ist sehr enttäuschend. Darum ist es mir wichtig, an dieser Stelle den Finger in die Wunde zu legen und zu sagen: Ihr müsst hier mehr tun!

Hauptsächlich die Bundesländer sollen sich gegen eine noch stärkere Kürzung der Frist gewehrt haben. Ihr Argument ist, dass dies den Steuerfahndern die Arbeit zusätzlich erschwert, weil sie auf weniger Rechnungen zugreifen können. Die Länder befürchten mehr Steuerhinterziehung und weniger Einnahmen. Wie beurteilen Sie diese Gefahr?

Ja, natürlich ist das eine schwere Materie. Die Interessen der Länder und des Bundes müssen gut austariert werden. Das ist möglich — nur muss sich jemand in der oberen Chefetage des Ministeriums darum kümmern. Wenn aber das Thema Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung zu wenig von den Staatsekretären selbst in Angriff genommen wird, dann ist das Ergebnis eben mager. Wir haben einen funktionierenden Normenkontrollrat und sind in der Ressortabstimmung der Gesetzentwürfe gut aufgestellt. Aber es gibt komplizierte Rechts- und Abstimmungsprozesse in unserem Land. Deswegen bin ich der Meinung, dass dies Chefsache sein muss.

Immerhin soll die nun vereinbarte Verkürzung der Aufbewahrungsfrist die Unternehmen von Bürokratiekosten in Höhe von geschätzt rund zwei Millionen Euro entlasten. Sie wollen am Mittwoch nachhaken, wie hoch die Ersparnis bei einer Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren gewesen wäre — und wie die Regierung plant, die Unternehmen für die entgangene Entlastung zu entschädigen. Warum ist dies überhaupt notwendig? Reicht die jetzt geplante Entlastung denn noch nicht aus?

Fünf Jahre sind besser als sieben oder acht Jahre! Dass die Bundesregierung ihre eigenen Ziele nicht erreicht, das lässt schon tief blicken. Bei der Einführung der E-Bilanz...

... die ja auch dazu beitragen soll, Steuerbürokratie abzubauen ...

... genau, und hier hat die Bundesregierung jetzt erst in allerletzter Sekunde Regelungen gefunden, die den kleinen und mittleren Unternehmen nicht noch zusätzlichen Aufwand und neue Bürokratiekosten aufbürden. Nach den ursprünglichen Plänen der Regierung hätten die Unternehmen statt einer Bilanz gleich die gesamte Buchhaltung elektronisch beim Finanzamt abliefern müssen! Und nicht nur das: Die Unternehmen hätten auch ihre Buchführung nach dem System der Finanzverwaltung völlig umstricken müssen. Das hätte die Kosten explodieren lassen! Gerade noch rechtzeitig hat die Bundesregierung die Kurve gekriegt und von solchen Plänen Abstand genommen. Man darf nicht vergessen: Bürokratieabbau ist kein Selbstzweck. Wenn die Unternehmen entlastet werden, dann ist das wie eine kleine finanzielle Spritze, mit der die Betriebe eventuell Investitionen tätigen können. Deshalb ist es uns so wichtig, das Optimum zu erreichen — und optimal wäre eben eine Aufhebungsfrist von fünf Jahren.

(sas)

Marginalspalte