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Parlament

Kanzlerin warnt vor Überforderung Deutschlands

Kanzlerin Angela Merkel

(DBT/photothek.net)

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) hat vor einer Überforderung Deutschlands in der Euro-Krise gewarnt. Deutschland sei stark, sei „Wirtschaftsmotor“ und „Stabilitätsanker in Europa“ und setze diese Stärke ein — „auch im Dienste der europäischen Einigung und auch im Dienste der Weltwirtschaft“, sagte Merkel am Donnerstag, 14. Juni 2012, in einer Regierungserklärung zum Gipfeltreffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) am 18. und 19. Juni im mexikanischen Los Cabos. Aber auch Deutschlands Kräfte seien nicht unbegrenzt, betonte die Kanzlerin: Alle bislang beschlossenen Pakete zur Bewältigung der Schuldenkrise wären „Schall und Rauch, wenn klar ist, dass sie die deutschen Kräfte überfordern“. Merkel warnte erneut davor, auf die Vergemeinschaftung von Schulden als Weg aus der Krise zu setzen: „Scheinbar einfache Vergemeinschaftungsüberlegungen“ seien kontraproduktiv.

„Protektionismus verhindert Wachstum“

„Sie würden das Mittelmaß für Europa zum Standard erklären“, statt an die Wurzel der Probleme zu gehen: die fehlende Wettbewerbsfähigkeit und Überschuldung einzelner Euro-Mitgliedstaaten und auch die mangelnde Verlässlichkeit Europas, sich an selbst aufgestellte Regeln zu halten. Merkel betonte jedoch auch: „Stärkung des Wachstums und Haushaltssanierung müssen Hand in Hand gehen.“ Beide Säulen seien unverzichtbar.

Die Kanzlerin kündigte zudem an, in Los Cabos das Thema Protektionismus anzusprechen: „Freier Handel ist zu oft nur ein Lippenbekenntnis“, sagte Merkel. Vier Prozent des Handels zwischen den G20-Staaten seien inzwischen durch Auflagen beschränkt. „Protektionismus verhindert Wachstum“, sagte Merkel und plädierte dafür, das G20-Stillhalteabkommen zur Bekämpfung von Protektionismus zu verlängern.

SPD: Immer neue Rettungsschirme helfen nicht

Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte in der anschließenden Aussprache einen aus seiner Sicht überfälligen Kurswechsel der Bundesregierung in der Euro-Krise an: „Immer neue Rettungsschirme helfen nicht, wenn wir das Wachstum in Europa abwürgen“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende und fuhr an die Adresse Merkels fort: „Sie haben sich eingegraben in einer Vorstellung vom Gesundschrumpfen der Wirtschaft, dass Ihnen eine Umkehr jetzt so schwer fällt.“ Halte die Bundesregierung an ihrem Kurs fest, sei das der Weg in die Rezession in Europa.

Die Konsolidierung der Haushalte sei unstrittig, betonte Steinmeier, nötig seien aber zusätzliche Wachstumsprogramme, eine Besteuerung der Finanzmärkte und auf lange Sicht ein Schuldentilgungsfonds für die Altschulden der Krisenländer. Unter diesen Bedingungen sei die SPD auch bereit, dem Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin zuzustimmen. Aus Deutschland könne so das „kluge Signal“ kommen, dass Sparen und Wachstum „keine getrennten Dinge, sondern zwei Seiten derselben Medaille sind“, sagte Steinmeier.

FDP: Eurobonds als Vermögensvernichtungswaffen

Rainer Brüderle (FDP) warnte vor einer Inflationsgefahr für die Gemeinschaftswährung: „Banklizenz für Rettungsschirme und Eurobonds sind die Vermögensvernichtungswaffen der Inflationsallianz aus Wall Street und europäischen Sozialisten“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende. Die Bundesregierung werde der Krise aber nicht mit einer Lockerung der Geldpolitik begegnen. Sie setzte auf eine Politik des „guten Geldes“ mit dem konsequenten Abbau der Staatsverschuldung. Nur mit dieser Politik sei Deutschland so gut wie kein Land des Westens durch die Krise gekommen.

Von der Opposition forderte Brüderle, den Fiskalpakt „zügig mit auf den Weg zu bringen“. Die Welt warte auf ein „starkes Signal“ aus Europa, in dem Deutschland eine „Führungsrolle“ habe. Mit Blick auf die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition zum Fiskalpakt sagte er in Richtung SPD und Grünen: „Sie wollen das Wünschbare, wir bieten das Machbare.“

Linke: Spardiktate in Europa beenden

Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dr. Gregor Gysi, forderte eine „Ende der Spardiktate in Europa“. Nicht die angeblich zu hohen Sozialleistungen, Löhne und Renten seien Ursache der Krise, sondern das „Versagen der Banken und Hedgefonds“ und ihre fehlende Einhegung durch die Politik. Nötig seien Wachstumsprogramme und Investitionen, die für Beschäftigung und damit für jene Steuereinnahmen sorgen, mit denen Staaten ihre Schulden begleichen können.

Gysi sprach sich zudem dafür aus, Kredite der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht mehr über den Umweg über private Banken an die Euro-Länder zu vergeben. Die EZB habe Kredite in Höhe von einer Billion Euro zu einem Zinssatz von einem Prozent zur Verfügung gestellt — und die privaten Banken verliehen das Geld dann weiter an Länder wie Italien und Spanien für fünf Prozent. „Warum müssen wir zwischendurch immer die privaten Banken reich machen?“, fragte Gysi.

CDU/CSU: Keine Wachstumsprogramme auf Pump

Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder forderte, sich auf das „Machbare“ zu konzentrieren: Er warb insbesondere bei SPD und Grünen um eine rasche Zustimmung zum Fiskalpakt und zum Rettungsschirm ESM. Kauder warnte davor, beide Dinge erst nach dem EU-Gipfel Ende Juni zu verabschieden: „Eine solche Position ist ein schlimmer Rückfall in eine Zeit vor den Regelungen, die wir für die Parlamentsbeteiligung beschlossen  haben“, sagte er.

Der Bundestag sollte Konditionen für ESM, Fiskalpakt und Wachstumsprogramm formulieren, bevor die Bundeskanzlerin zum Gipfel nach Brüssel fahre. Wachstumsprogrammen „auf Pump“ erteilte Kauder eine klare Absage.

Grüne: Stunde der Wahrheit und der Verantwortung

Von einer „Stunde der Wahrheit und der Verantwortung“ sprach die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Renate Künast. Der Bundestag stehe in der Verantwortung, die „Austeritätspolitik des Kaputtsparens“ zu verhindern und „Solidarität in Europa zu organisieren“.

Nötig sei ein „Investitionspakt“ für Europa, der auf Umwelttechnologien und Modernisierung der Industrien, auf Investitionen in Schiene, Stromnetz, Breitbandausbau setze. Wenn die Bundeskanzlerin in Los Cabos dem Kampf gegen den Protektionismus das Wort rede, müsse man zudem auch bei sich zu Hause ans „Eingemachte“ gehen, nämlich an jenen Protektionismus, der Deutschland und Europa in Form von Agrar- und Exportsubventionen auf Kosten anderer nutze, sagte Künast. (ahe)

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