+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Kultur und Geschichte

Erfrischungskur für den Bundestag im Deutschen Dom

Deutscher Dom in Berlin

Deutscher Dom in Berlin (© Werner Otto/Okapia)

Die Ausstellung zur Parlamentsgeschichte in Deutschland, die der Deutsche Bundestag unter dem Titel „Wege-Irrwege-Umwege“ seit 2002 im Deutschen Dom am Gendarmenmarkt in Berlin zeigt, wird überarbeitet. Derzeit laufen noch letzte Ausschreibungen, doch im Januar 2013 soll die Neugestaltung beginnen. Trotzdem bleibt die Ausstellung zur Parlamentsgeschichte geöffnet.

Schwerpunkt Vormärz bis Nationalsozialisten

Es ist eine Zeitreise in die Geschichte: Die Ausstellung „Wege-Irrwege-Umwege“ im Deutschen Dom zeigt die wechselvolle Entwicklung des Parlamentarismus in Deutschland. Dabei nimmt die Dauerausstellung des Deutschen Bundestages vor allem jene Epochen in den Blick, in denen die wesentlichen Grundlagen für die heutige politische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gelegt worden sind: Vormärz und Revolution von 1848, Kaiserreich, das Scheitern der ersten parlamentarischen Demokratie in der Weimarer Republik und die Diktatur der Nationalsozialisten.

Im Zentrum der Ausstellung, die sich über fünf Ebenen erstreckt, steht jedoch das parlamentarische System der Bundesrepublik Deutschland. Parlamentarische Entscheidungsprozesse und Konflikte sollen hier ebenso nachgezeichnet werden wie Funktion und Arbeitsweise des Bundestages.

PDS statt Linkspartei, FDP mit Pünktchen

Doch gerade dort endet die Zeitreise vorzeitig: Wer sich über den aktuellen Bundestag und die in ihm vertretenen Fraktionen informieren will, reibt sich die Augen: „Die meisten Besucher sind verblüfft, wenn sie feststellen, dass es hier noch die PDS gibt — und die FDP sich F.D.P. schreibt, mit Pünktchen“, sagt Wolfgang Kaiser, Referent im Besucherdienst des Bundestages, und deutet mit dem Finger auf eine der drei Konchen der Ausstellungsfläche — eine Art halbrunde Nische des Domgebäudes.

Auf fünf Röhrenfernsehern laufen hier Dias in Endlosschleife, die die Fraktionen im Bundestag vorstellen. Kurios jedoch: Die 1999 erstmals eröffnete Ausstellung spiegelt die Zusammensetzung des Parlaments zu diesem Zeitpunkt wider — des 14. Bundestages. „Inzwischen befinden wir uns aber in der 17. Legislaturperiode, und es hat sich noch mehr geändert als die Namen und die Schreibweise der Fraktionen.“

„Inhaltlich und technisch veraltet“

Es sei nicht die einzige Station der ursprünglich vom Frankfurter Geschichtswissenschaftler Prof. Dr. Lothar Gall konzipierten Ausstellung, die einer Aktualisierung bedürfe, moniert Kaiser, der selbst Historiker ist. Dann setzt er seinen Rundgang durch die Ausstellung fort und steuert auf die zweite Konche zu, wo ein Dokumentarfilm gezeigt wird. „Es soll die Arbeit des Parlaments anhand des Alltags der — damals — zwei jüngsten Abgeordneten beleuchtet werden“, erklärt er.

Gerade im Bild: der sehr junge Carsten Schneider (SPD) beim Telefonieren in seinem Abgeordnetenbüro. Doch längst ist der Sozialdemokrat, der 1998 mit 22 Jahren in den Bundestag einzog, kein Parlamentsneuling mehr. Im Gegenteil: Als haushaltspolitischer Sprecher gehört er spätestens seit der Euro-Krise zu den profilierten Politikern der SPD-Fraktion. Auch Katherina Reiche (CDU), deren parlamentarischer Alltag Teil der Dokumentation ist, hat inzwischen Karriere gemacht. In den Bundestag wurde sie 1998 in Alter von 23 Jahren gewählt, heute ist sie Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium. „Man sieht es auf einen Blick“, resümiert Kaiser, „die Ausstellung ist veraltet — inhaltlich wie technisch.“

Startschuss für den Umbau

Das wird sich bald ändern: Die Schau „Wege-Irrwege-Umwege“ soll Stück für Stück, Epoche für Epoche, überarbeitet werden. Im Januar 2013 fällt der Startschuss: Zunächst ist geplant, den Ausstellungsabschnitt „Das parlamentarische System der Bundesrepublik Deutschland“ umzugestalten. „Er ist das Zentrum  der Ausstellung“, sagt Kaiser.

Den Anstoß zur Neukonzeption der Ausstellung gaben die Mitarbeiter des Besucherdienstes, die bereits 2009 erste Ideen entwickelten, wie die parlamentshistorische Ausstellung schlüssiger, ansprechender und aktueller gestaltet werden könnte. „Sie ist schließlich die Parlamentsausstellung der Bundesrepublik Deutschland. Hier sollen die Besucher nicht nur etwas über die Geschichte, sondern auch Aktuelles über den Bundestag erfahren können“, findet Kaiser.

So begann eine vom Präsidium des Bundestages beauftragte Projektgruppe 2010, der neben den Mitarbeitern des Besucherdienstes auch Mitarbeiter des Wissenschaftlichen Dienstes angehören, ihre Arbeit. 2011 wurde zudem eine Firma beauftragt, ein detailliertes Konzept sowie ein Drehbuch zu entwickeln. Derzeit laufen noch Ausschreibungen zur Umsetzung der Ausstellung.

Mit Mierscheid im Bundestag

Fest steht aber schon jetzt: „Wir werden den Ausstellungsbereich in sieben Segmente unterteilen, in denen sich die Besucher unter anderem über die Institution Bundestag, seine Arbeit in den vergangenen Legislaturperioden, den Weg der Gesetzgebung und den Arbeitsalltag der Abgeordneten informieren können“, erklärt Andreas Baasner. Er ist ebenfalls Referent im Besucherdienst, Mitglied der Projektgruppe und hat die Neukonzeption von Anfang an vorangetrieben.

Die Begeisterung ist ihm anzusehen, wenn er über die Einzelheiten der neue Ausstellungsebene spricht: „Wie die Abgeordneten arbeiten, zeigen wir am Beispiel von Jakob Maria Mierscheid“, sagt Baasner. Anhand des fiktiven SPD-Abgeordneten Mierscheid sollen sich die Ausstellungsbesucher über dessen Alltag informieren können: „Hier sind seine Stimmkarten. Nur an der Nummer kann man erkennen, dass sie nicht echt sind.“ Außerdem seien mehrere Kurzfilme über den Phantompolitiker geplant.

Wasserglas und Glocke

Höhepunkt und Herzstück der Ausstellung jedoch wird eine Nachbildung des Plenarsaals unter der Kuppel des Deutschen Doms sein: Ob Bundesadler, blaue Sitze, Rednerpult oder Präsidentenplatz — der Saal soll mit vielen Details dem Original im Reichstagsgebäude nachempfunden werden. So sorgt ein Medienpanel mit Gong, Klatschen und Zwischenrufen für die passende Geräuschkulisse. Darüber hinaus finden sich Exponate wie ein Saaldiener-Frack und die Glocke, mit der die ehemalige Bundestagspräsidentin Annemarie Renger (SPD) einst die Abgeordneten zur Ordnung rief.

Auch der obligatorische Häkeluntersetzer in Schwarz-Rot-Gold für das Wasserglas am Präsidentenplatz darf nicht fehlen. Da der echte Untersetzer im Bundestag bleiben muss, fanden die Ausstellungsplaner einen würdigen Ersatz: Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) häkelte eigenhändig ein neues Deckchen. „Die neue Ausstellung wird ein ausgewogener Mix aus verschiedenen Medien, historischen Exponaten, Bildern, Audio- und Filmsequenzen sowie interaktiven Elementen sein“, lobt Baasner.

Trotz Umbau geöffnet

Bis Mai 2013 soll die Umgestaltung abgeschlossen und die Ausstellungsebene wieder für Besucher geöffnet sein. Die anderen Teile der Ausstellung „Wege-Irrwege-Umwege“ sind vom Umbau nicht betroffen und bleiben geöffnet.

Die Ausstellung ist jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr (von Oktober bis April bis 18 Uhr) geöffnet. Der Eintritt ist frei. (sas)

Marginalspalte