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Finanzen

Für und wider einer Vermögensabgabe

Beim Geld hört jede Freundschaft auf: Koalition und Opposition haben sich am Donnerstag, 27. September 2012, im Deutschen Bundestag unerbittlich über die Einführung einer Vermögensabgabe gestritten. Während die Koalitionsfraktionen vor Enteignung warnten, forderten Redner von SPD-Fraktion, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen einen größeren Anteil von Vermögenden an der Staatsfinanzierung ein.

Grüne: Schwarz-gelbe Klientelpolitik

Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Trittin, stellte fest: „Wer über Armut spricht, darf über Vermögen nicht schweigen.“ Er zeigte sich besonders besorgt über die öffentliche Verschuldung, die in den letzten vier Jahren von 1,6 auf über zwei Billionen Euro gestiegen sei. Elf Prozent des Haushalts (32,8 Milliarden Euro) würden in die Begleichung der Zinskosten fließen: „Der zweitgrößte Haushaltstitel fließt cash an Vermögende für Zinsen – und das in Zeiten historisch niedriger Zinssätze.“

Im gleichen Zeitraum sei der private Wohlstand in Deutschland um 1,4 Billionen Euro gestiegen. Das sei die Bilanz einer „unverschämten schwarz-gelben Klientelpolitik“. Trittin verlangte einen Abbau der Staatsschulden durch eine Vermögensabgabe, „um die Souveränität der Demokratie wiederherzustellen“. Die Koalition wolle Einsparungen bei öffentlichen Leistungen. Das führe zu einer Vergrößerung der öffentlichen Armut. Richtiger sei die Vermögensabgabe: „Wir ziehen das Vermögen der deutschen Millionäre heran, um die Schulden aus den Kosten der Bankkrise abzutragen.“

Union: Starke Schultern tragen mehr

„Was Sie wollen, ist staatliche Umverteilung, ist staatliche Teilenteignung“, konterte Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU). Er verwies auf die Einkommensteuer. Zehn Prozent der Bevölkerung würden über 50 Prozent der Einkommensteuer zahlen. Dadurch werde erreicht, dass starke Schultern mehr zu tragen hätten als schwache. Die CDU/CSU halte die Vermögensabgabe für eine unverantwortliche Substanzsteuer.

Zu den Forderungen der Linksfraktion nach einer Abgabe von fünf Prozent auf den Verkehrswert rechnete von Stetten vor: „Dann ist das Haus nach 20 Jahren weg.“ Außerdem drohten durch die Abgabe drastische Mieterhöhungen.

 SPD warnt vor Gefahr für die Demokratie

Die ungleiche Verteilung der Vermögen sei „gefährlich für die Demokratie“, warnte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, der auf den immer kleineren Anteil der Einkommensteuer am Steueraufkommen hinwies. Er konstatierte den Grünen, mit der Vermögensabgabe einen „exzellenten Vorschlag“ gemacht zu haben. Wie die Lage in Deutschland aussehe, mache der Armuts- und Reichtumsbericht von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) deutlich, der Gabriel ausdrücklich Mut für die Veröffentlichung bescheinigte. „Und da steht drin, dass inzwischen mitten in Deutschland 1,5 Millionen Menschen Schlange stehen, damit sie an den Tafeln altes Brot abholen, um was zu essen zu haben.“

Es gebe 2,4 Millionen armutsgefährdete Kinder. Menschen würden fleißig arbeiten und trotzdem keinen anständigen Lohn erhalten. Daher müssten „die Lasten wieder fairer verteilt werden“. Um „Reichenverfolgung“ gehe es nicht, sondern es sei „Patriotismus für unser Land“, wenn die Wohlhabenden etwas mehr zahlen würden. Gabriel verlangte, die Vermögensteuer wieder zu erheben, „weil die Länder das Geld brauchen, um Ganztagsschulen zu bauen“.

FDP: Sie wollen eine Neidgesellschaft

Was Gabriel verbreite, sei ein „Zerrbild“, empörte sich Dr. Volker Wissing (FDP-Fraktion). Die SPD habe mit der Mehrwertsteuererhöhung 25 Milliarden Euro aus der Mitte der Bevölkerung geholt. „Sie schielen längst wieder auf die Mitte“, sagte der FDP-Finanzexperte. Den Gesetzentwurf der Grünen bezeichnete er als verfassungswidrig. Die Grünen verschwiegen, dass der Staat Eigentum zu schützen habe.

„Es ist niemandem geholfen, wenn man Arbeitgebern die Substanz wegbesteuert und Investitionen verhindert“, kritisierte Wissing. Angesichts der höchsten Steuereinnahmen überhaupt würden die Grünen suggerieren, es gebe ein Finanzproblem: „Ihnen geht es darum, Menschen in Deutschland zu enteignen, weil Sie eine Neidgesellschaft wollen.“

 Linke: Umverteilung von unten nach oben

„So viel ideologischen Irrsinn und juristischen Blödsinn habe ich selten gehört“, stellte Dr. Gregor Gysi (Die Linke) zu Wissings Rede fest. Die FDP mache sich Sorgen um die Reichen, „das ist überhaupt nicht auszuhalten“. Dabei seien die Unternehmenssteuern in der EU um neun Prozent gesunken und lägen jetzt bei 23,3 Prozent. Die Spitzensteuersätze der Einkommensteuer seien EU-weit um 7,3 Prozent gesunken. Die Reichen- und Vermögensteuern lägen EU-weit bei 2,1 Prozent, in Deutschland nur bei 0,9 Prozent. Es sei eine „gigantische Umverteilung von unten nach oben“ organisiert worden.

Das sei die Hauptursache für die Banken- und Finanzkrise und damit für die hohen Staatsschulden: „Sie retten keine Arbeitnehmer, aber jede Bank“. Privatanleger hätten weltweit 100 Billionen Euro Vermögenswerte, während die Wirtschaftsleistung aller Staaten bei der Hälfte liege. Die Zahl der Euro-Millionäre habe sich trotz Krise auf 830.000 erhöht. „Und da darf man nicht einen zusätzlichen Euro kassieren? Was ist das für eine alberne Ideologie?“, fragte Gysi die Koalition.

Zwei Anträge zur Einführung einer Vermögensabgabe

Den von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzentwurf zur Erhebung einer Vermögensabgabe (17/10770) überwies der Bundestag an die Ausschüsse. Nach den Vorstellungen der Fraktion soll die Vermögensabgabe 1,5 Prozent des Vermögens betragen und über einen Zeitraum von zehn Jahren erhoben werden. Zahlungspflichtig sollen Personen mit Wohnsitz in Deutschland und mit einem Nettovermögen von über einer Million Euro sein. Für Kinder soll es einen zusätzlichen Freibetrag von 250.000 Euro geben.

Die Fraktion verweist zur Begründung der Vermögensabgabe auf den Anstieg der Staatsverschuldung in den letzten Jahren um mehr als 400 Milliarden auf nunmehr zwei Billionen Euro. Der Bund habe Garantien im Umfang von über 150 Milliarden Euro zugunsten maroder Banken bereitstellen müssen, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Hinzu seien milliardenschwere Konjunkturpakete gekommen, um den Absturz der Wirtschaft zu bremsen.

„Nur ein Prozent der Bevölkerung betroffen“

„Bislang dauert die Krise unverändert an, und die Schätzungen für die Kosten der Krise steigen noch immer“, stellt die Fraktion fest. Zur Ausgestaltung ihres Gesetzentwurfs schreiben die Grünen, durch die hohen Freibeträge sei garantiert, dass nur der reichste Teil der Bevölkerung, etwa ein Prozent, von der Vermögensabgabe betroffen sei.

Ebenfalls an die Ausschüsse überwiesen wurde ein Antrag der Fraktion Die Linke (17/10778) zur Einführung einer europaweit koordinierten Vermögensabgabe. Die Fraktion schlägt vor, die nach dem Vorbild des Lastenausgleichsgesetzes von 1952 zu gestaltende Abgabe auf die privaten Nettovermögen über eine Million Euro zu konzentrieren. Die Abgabe soll sich sowohl auf Geld- als auch auf Sachvermögen beziehen, wobei die Zahlung über mehrere Jahre verteilt werden soll. Die Bundesregierung wird aufgefordert, neben der Vermögensabgabe eine Vermögensteuer als Millionärsteuer von fünf Prozent auf das Vermögen über eine Million Euro wieder zu erheben. Außerdem soll der private Bankensektor vergesellschaftet werden. (hle/27.09.2012)

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