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Recht

Kontroverse um eine Frauenquote in Aufsichtsräten

Junge Frau steht in einem Büro vor ihrem Kollegen.

(picture alliance / dpa Themendienst)

Eindringlich haben Sozialdemokraten und Grüne am Freitag, 26. Oktober 2012, an die Koalitionsfraktionen appelliert, ihre Abgeordneten in einer Abstimmung über die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen vom Koalitionszwang zu befreien. Die Frage der Frauenquote sei eine Gewissensentscheidung. Der Bundestag debattierte über den von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gemeinsam eingebrachten Gesetzentwurf (17/11139). Dieser sieht die zweistufige Einführung einer Mindestquote von zunächst 20 und später 40 Prozent vor.

Übergangsfrist von elf Jahren

Um diese Quote zu erreichen, soll eine Übergangsfrist von elf Jahren gewährt werden. Die Quote soll sowohl für die Anteilseigner als auch die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten gelten. Ein Unterlaufen der Quote soll nach dem Willen der Fraktionen durch eine „milde, lediglich finanziell wirkende Sanktionierung, die die Handlungsfähigkeit der betroffenen Unternehmen möglichst wenig einschränkt und Rechtsunsicherheiten praktisch ausschließt“, geahndet werden.

ediglich wenn nicht genügend geeignete weibliche Führungskräfte verfügbar seien, dürfe die Mindestquote unterschritten werden. Diese Härtefallklausel sei aber eng auszulegen. Die Übergangsfrist von elf Jahren biete den Unternehmen genügend Zeit, die Quote zu erfüllen.

Grüne hoffen auf eine Mehrheit im Bundestag

Im kommenden Jahr würden in vielen DAX-notierten Unternehmen die Aufsichtsräte neu gewählt, sagte die grüne Fraktionschefin Renate Künast. Dieses „Superwahljahr“ sei der beste Augenblick, um eine Quote zu verankern und somit für mehr Chancengleichheit von Frauen zu sorgen. Künast verwies darauf, dass der vorgelegte Gesetzentwurf jenem Entwurf entspreche, den der Bundesrat im September auch mit Stimmen der CDU-geführten Bundesländer Saarland und Sachsen-Anhalt verabschiedet habe.

Deshalb habe sie die Hoffnung, dass die Gesetzesvorlage auch im Bundestag eine Mehrheit finden kann. Allerdings nur dann, wenn viele Frauen vor allem in der Unionsfraktion den Mut aufbrächten, gemäß ihrer Überzeugung zu stimmen.

CDU/CSU: Gesetzentwurf eine Mogelpackung

Die angesprochene  Unionsfraktion zeigte sich gegenüber der Forderung in der Tat gespalten. Während der CDU-Abgeordnete Dr. Stephan Harbath der Forderung eine klare Absage erteilte, forderte  seine Fraktionskollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) demonstrativ eine gesetzliche Quote. Der Gesetzentwurf der SPD und Grünen sei eine „Mogelpackung“, kritisierte Harbath. Er verenge den Blickwinkel auf die Aufsichtsräte und mache keine Aussagen zu anderen Führungsebenen. Dies werde dem Ansinnen der Frauen in Deutschland nicht gerecht.

Harbath hielt der Opposition entgegen, dass sie nicht unterscheide zwischen den verschiedenen Branchen, in denen der Anteil von Frauen in der Belegschaften sehr unterschiedlich ausgeprägt sei. Der liege beispielsweise im Dienstleistungsbereich bei über 50 Prozent. Auf der anderen Seite hätten es naturwissenschaftlich und technisch geprägte Branchen schwieriger, genügend weiblichen Nachwuchs zu gewinnen. Der Christdemokrat verwies zudem darauf, dass sich inzwischen alle DAX-30-Unternehmen freiwillig verpflichtet hätten, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Es sei falsch, diese Entwicklung „durch staatliche Vorgaben“ abzuwürgen.

„Ja, wir brauchen eine Quote“

Die stellvertretende Vorsitzende der Frauen-Union Winkelmeier-Becker hingegen sagte: „Ja, wir brauchen eine Quote.“ Sie räumte zwar ein, dass sich die Situation der Frauen in der Wirtschaft durchaus verbessert habe.

Allerdings seien diese Fortschritte deutlich zu gering. Bei diesem Tempo werde man noch in Jahrzehnten über die Chancengleichheit von Frauen diskutieren müssen. Dies werde auch von 70 Prozent der Entscheidungsträger in der Wirtschaft selbst so gesehen. Die abstrakte Erkenntnis allein, dass Frauen gleichgestellt werden müssten, reiche offensichtlich nicht aus.

SPD: Wirtschaft bewegt sich im Schneckentempo

Der Rechtspolitiker Ingo Egloff aus der SPD-Fraktion hielt Harbath entgegen, der niedrigere Anteil von Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen sei kein Argument gegen eine Quote in den Aufsichtsräten. Dort würden branchenübergreifend in der Mehrheit Juristen sitzen. Fakt sei, dass die Frauen gegenüber den Männern in Deutschland über die besseren Studienabgänge verfügen. Dies müsse sich auch in den Führungsgremien niederschlagen und sei auch aus ökonomischen Gründen im Eigeninteresse der Wirtschaft geboten.

Die gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Christel Humme, warnte eindringlich davor, auf die Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zu bauen. Die Zahlen der Frauen in Führungspositionen zeigten, dass sich die Wirtschaft im „Schneckentempo“ bewege, sagte Humme. Deswegen müssten jetzt gesetzliche Quoten eingeführt werden.

FDP: Privatunternehmen nicht unter Aufsicht stellen

Ein klares Nein zur gesetzlichen Frauenquote kam aus der FDP-Fraktion. Sowohl der Rechtspolitiker Marco Buschmann als auch die Familienpolitikerin Nicole Bracht-Bendt kritisierten, dass der vorgelegte Gesetzentwurf ein „Bürokratiemonster“ schaffe. Rund 16.000 börsennotierte Unternehmen müssten sich regelmäßig um einen Bescheid des Bundesamtes für Justiz bemühen, der den Frauenanteil im Aufsichtsrat des Unternehmens bescheinigt.

Im Bundesamt müssten 20 neue Planstellen geschaffen werden, um dies zu bewältigen, rechnete Buschmann vor. Es das falsche Signal, Privatunternehmen unter staatliche Aufsicht zu stellen, sagten Buschmann und Bracht-Bendt. Der Gesetzentwurf sei untauglich, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen.

Linke: Zu viele Ausnahmen und zu lange Fristen

Die Fraktion Die Linke bewertete den Gesetzentwurf unterschiedlich. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Cornelia Möhring und die frauenpolitische Sprecherin Yvonne Ploetz sprachen sich zwar ebenfalls für eine gesetzliche Quote aus. Möhring kritisierte jedoch, dass der Vorstoß von SPD und Grünen weit hinter den ursprünglichen Zielen der „Berliner Erklärung“ zurückbleibe. Die Unterzeichner dieser Erklärung aus allen Teilen der Politik und der Gesellschaft sprechen sich für eine Quote aus. Möhring bemängelte, dass der Gesetzentwurf zu viele Ausnahmen vorsehe und zu lange Fristen für die Umsetzung einräume.

Sozialdemokraten und Grüne sollten sich nicht einbilden, die Koalition für diesen Vorschlag gewinnen zu können, auch wenn SPD und Grüne ihr noch so weit entgegenkämen. Ploetz forderte die Bundesregierung auf, endlich zu handeln, um Frauen die gleiche Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen. „Wann wollen Sie handeln, wenn nicht jetzt?“, fragte sie in die Reihen der Koalitionsfraktionen. (aw/26.10.2012)

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