Innerstaatliche Umsetzung des Fiskalvertrages
Im Haushaltsgrundsätzegesetz soll entsprechend den Vorgaben des europäischen Fiskalvertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspakts eine Obergrenze für das strukturelle Defizit von höchstens 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts festgeschrieben werden. Dies schreibt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrages (17/10976), der am Freitag, dem 9. November 2012, in einer 90-minütigen Sitzung abschließend beraten wird.
In den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass die finanzielle Solidität der Euro-Mitgliedstaaten und das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion durch die Regelungen des Maastricht-Vertrages nicht in ausreichendem Maß gewährleistet seien. „Die Bewältigung der Haushaltskrise erfordert eine neue Haushaltsdisziplin für ganz Europa“, heißt es im Gesetzentwurf.
Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern
Bund und Länder würden darin übereinstimmen, „dass der Entwicklung der Sozialversicherungen und der kommunalen Finanzen bei der Einhaltung des Fiskalpakts eine wichtige Rolle zufällt“. Die Entwicklung der Sozialversicherungen liege dabei in der Verantwortung des Bundes. Die Länder würden im Rahmen des Fiskalvertrags die Verantwortung für ihre Kommunen tragen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der bereits existierende Stabilitätsrat („ein unabhängiges und funktionell eigenständiges Gremium zur Überwachung der laufenden Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern“) die Einhaltung der gesamtstaatlichen Defizitobergrenze von 0,5 Prozent überwachen soll.
Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung
Der Stabilitätsrat soll die Einhaltung der Obergrenze aufgrund einer Schätzung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos für das laufende und für die vier folgenden Jahre überprüfen. Dieser Zeitraum entspricht dem der mittelfristigen Finanzplanung. Der Rat soll Empfehlungen für Maßnahmen bereits abgeben, „wenn er bei seiner Überprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass die Obergrenze in mindestens einem Jahr des Schätzzeitraums überschritten wird“. Die Überprüfung soll zweimal jährlich erfolgen.
Zu den Empfehlungen des Stabilitätsrates heißt es, diese würden sich an Bund und Länder richten. Sie sollen konkrete Maßnahmen enthalten. „Mit den Empfehlungen des Stabilitätsrates wird im Zusammenspiel mit den Schuldenbremsen des Bundes und der Länder sowie den Fiskalregeln der Kommunen und der Sozialversicherungen ein fiskalpolitischer Korrekturmechanismus für den Gesamtstaat etabliert“, schreibt die Regierung in der Begründung.
Freistellung der Länder bei Sanktionszahlungen
Geändert werden soll in diesem Zusammenhang auch das Sanktionszahlungs-Aufteilungsgesetz. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht Sanktionszahlungen der Staaten bei Verletzung der Haushaltsdisziplin vor. Bei Manipulationen von Statistiken gibt es weitere Sanktionsmöglichkeiten. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Bund etwaige Sanktionszahlungen wegen Überschreitens der Defizitobergrenze bis einschließlich 2019 alleine zu tragen hat.
Hintergrund sei, dass die Länder laut Grundgesetz von der Verpflichtung eines Haushaltsausgleichs ohne Kreditaufnahme bis 2020 freigestellt seien. Daher habe sich der Bund bereiterklärt, „für den Zeitraum bis 2019 das Risiko etwaiger Sanktionszahlungen hinsichtlich des präventiven Arms des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu übernehmen“.
580,5 Millionen Euro für Betreuungsplätze
Außerdem verpflichtet sich der Bund, dem Sondervermögen zur Finanzierung der Errichtung von 30.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren einen zusätzlichen Beitrag in Höhe von 580,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Der Bundesrat schreibt in seiner Stellungnahme von einem geeigneten Instrumentarium „zur vollständigen innerstaatlichen Umsetzung der Vorgaben des Fiskalpakts“. Zugleich weisen die Länder auf die Zusage des Bundes hin, ihnen im Hinblick auf die Finanzierung der Betriebskosten der zusätzlichen Plätze in Kindertagesstätten jährlich 75 Millionen Euro aus dem Umsatzsteueraufkommen zu überlassen und schreiben: „Der Bundesrat erwartet, dass dieser Betrag bereits ab dem Jahr 2013 in voller Höhe den Ländern zur Verfügung gestellt wird.“ Im Übrigen lehnt die Bundesregierung die Vorschläge des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf ab (17/11011). Der Haushaltausschuss wird sich voraussichtlich am Mittwoch, dem 7. November, abschließend mit dem Gesetzentwurf befassen. (hle/mik/31.10.2012)