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Kultur und Geschichte

NS-Vergangenheit in Behörden und Ministerien

Außenminister Guido Westerwelle (Mitte) wurde am 28.Oktober 2010 von den Professoren Peter Hayes (v.l.n.r.), Eckart Conze, Moshe Zimmermann und Norbert Frei die Studie

Außenminister Guido Westerwelle (Mitte) wurde am 28.Oktober 2010 von den Professoren Peter Hayes (v.l.n.r.), Eckart Conze, Moshe Zimmermann und Norbert Frei die Studie (DPA/Tobias Kleinschmidt)

Der Bundestag berät am kommenden Donnerstag über eine Reihe von Vorlagen zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in Behörden und Ministerien. In der auf eineinhalb Stunden veranschlagten Debatte, die gegen 10.40 Uhr beginnt, geht es neben der Antwort der Bundesregierung (17/8134) auf eine Große Anfrage der Fraktion Die Linke (17/4126) zu dem Thema um mehrere Anträge der Linksfraktion sowie um zwei Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und einen gemeinsamen Antrag der CDU/CSU-, der SPD- und der FDP-Fraktion (17/11001).

Historische Forschung ermöglichen

Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen und der Sozialdemokraten soll die Bundesregierung die zeitgeschichtliche Forschung zur Bundesrepublik Deutschland und zur DDR „durch Schaffung guter wissenschaftlicher Rahmenbedingungen“ fördern.

In einem Antrag der drei Fraktionen wird die Bundesregierung aufgefordert, in ihren Ministerien und nachgeordneten Behörden für ein „forschungsfreundliches Klima zu werben“, das historische Forschung „zu angemessenen Bedingungen, etwa durch Gebührenbefreiungen, ermöglicht“.

Bestandsaufnahme in Auftrag geben

Zudem soll die Bundesregierung der Vorlage zufolge beim Institut für Zeitgeschichte München-Berlin und beim Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam eine Bestandsaufnahme in Auftrag geben, „die den aktuellen Forschungsstand und bestehenden Forschungsbedarf zur Geschichte der staatlichen Behörden und Institutionen im frühen Nachkriegsdeutschland (Bundesrepublik und DDR) ermittelt“.

Ferner wollen die drei Fraktionen die Novellierung des Bundesarchivgesetzes „wissenschaftsförderlich gestaltet“ wissen. Dabei sollen laut Antrag die Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte des Bundes, die unmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen zur Abgabe ihrer Unterlagen nach spätestens 30 Jahren gesetzlich verpflichtet werden. Daneben soll die Regierung einen Gesetzentwurf zur Änderung der Gesetze über die Bundesgerichte „mit forschungserleichternden Regelungen zur Einsicht in Akten abgeschlossener Verfahren“ vorlegen.

Vorhandene Studien ausweiten

Die Linksfraktion fordert in einem ihrer Anträge (17/3748) die Bundesregierung auf, bis zum Ende der Legislaturperiode „eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Bundesministerien“ auf den Weg zu bringen, sofern diese „direkte oder indirekte Vorgängerministerien in der NS-Zeit hatten“. Auch solle die Regierung „vorhandene Studien zur NS-Geschichte einzelner Ministerien“ dahingehend ausweiten, „dass auch die Geschichte ihres personellen und inhaltlichen Übergangs in die Bundesrepublik Deutschland untersucht wird“.

Zur Begründung schreibt die Fraktion, die 2010 vorgelegte Darstellung der Geschichte des Auswärtigen Amtes in der nationalsozialistischen Zeit und im Übergang zur Bundesrepublik zeige, dass es „noch einige wissenschaftliche Desiderate in der Darstellung zentraler Institutionen politischer Macht der NS-Zeit gibt und dass vor allem die Frage des Übergangs dieser Institutionen in die Bundesrepublik Deutschland viel zu wenig erforscht ist“.

Unterlagen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen

In einem weiteren Antrag (17/6128) macht sich Die Linke dafür stark, dass sämtliche „mittelbar oder unmittelbar im Zusammenhang mit den Verbrechen der NS-Vergangenheit“ stehende Unterlagen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Dazu soll die Bundesregierung laut Vorlage einen Gesetzentwurf vorlegen, der „die Voraussetzungen und den materiellen und organisatorischen Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen (Verschlusssachen) restriktiv, umfassend und abschließend“ regelt. Dabei solle eine „automatische Deklassifizierung von sämtlichen Verschlusssachen nach 20 Jahren ab Einstufung“ erfolgen ohne die Möglichkeit der Verlängerung dieser Frist.

Recht auf Einsicht in die Verfahrensakten stärken

Darüber hinaus fordert die Linksfraktion in einer dritten Vorlage (17/2201) die Bundesregierung auf, durch eine öffentliche Geste die Zugehörigkeit deutscher Kommunisten „zum Erbe des Widerstandes gegen das NS-Regime zum Ausdruck zu bringen“.

Damit solle die Regierung eine Rehabilitierung der als Kommunisten von den Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) ausgeschlossenen Menschen vornehmen. Zudem plädiert Die Linke in einem vierten Antrag dafür, das Recht auf Einsicht in die Verfahrensakten des Bundesverfassungsgerichts zu stärken.

Gremium soll Erinnerungsarbeit koordinieren

Nach dem Willen der Grünen-Fraktion soll die Bundesregierung einen Forschungsauftrag vergeben, „der einen Überblick über die laufenden und abgeschlossenen Forschungen zu Kontinuitäten und Brüchen in Bundesministerien und Behörden mit Blick auf die NS-Zeit gibt und noch zu schließende Lücken in der Forschung aufzeigt“.

Auch solle die Regierung bei ihrem Beauftragten für Kultur und Medien „unter breiter Einbeziehung“ des Bundestages ein Koordinierungsgremium einrichten, das unter anderem die „Erinnerungsarbeit im Zusammenhang mit der NS-Geschichte von Bundesministerien und Behörden koordiniert“ und „Kriterien für einen systematischen Umgang mit den Ergebnissen der Forschungen in den Bundesministerien und Behörden ausarbeitet“, fordert die Grünen-Fraktion in einem Antrag (17/10068).  

Informationen zu Eichmann und Barbie freigeben

Einer zweiten Grünen-Vorlage (17/4586) zufolge soll die Bundesregierung einen öffentlich zugänglichen Bericht „über den Umfang der beim Bundesnachrichtendienst (BND) vorhandenen Akten und Erkenntnisse zu Adolf Eichmann und Klaus Barbie“ vorlegen. Wie die Fraktion zur Begründung schreibt, wussten die „Organisation Gehlen“ und deren Nachfolger, der BND, „bereits seit 1952, wo sich der Holocaust-Organisator Adolf Eichmann versteckte (BILD vom 8. Januar 2011), hielten dieses Wissen jedoch geheim, sogar über den Zeitpunkt von dessen Ergreifung 1960 hinaus“.

Dass der BND „den sogenannten Schlächter von Lyon, Klaus Barbie, 1966 als Agenten anwarb, wohlwissend um dessen Vergangenheit“, habe erst „Der Spiegel“ am 17. Januar 2011 offenbart. Das Parlament und die Öffentlichkeit hätten Anspruch darauf, „über alle Aspekte dieser Vorgänge sowie die Verantwortlichkeiten unterrichtet zu werden“.

Der Bundestag stimmt auch über einen Entschließungsantrag der Linksfraktion (17/11336) ab, in dem unter anderem gefordert wird, die Ergebnisse der Forschungsvorhaben zu Ministerien und Institutionen des Bundes bald und umfassend zu veröffentlichen. (sto/01.11.2012)

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