Kürzere Sperrfrist für Video-on-Demand-Angebote
Der zuvor im Kabinett beschlossene Entwurf für eine siebte Novelle zum Filmförderungsgesetz stand im Mittelpunkt der Regierungsbefragung im Bundestag am Mittwoch, 7. November 2012. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), der die geplanten Änderungen im Plenum erläuterte, lobte das Filmförderungsgesetz: „Ohne unser umfangreiches Fördersystem hätten nur wenige deutsche Filme eine Chance, gegenüber der finanzstarken Konkurrenz durch US-amerikanische Filme zu bestehen.“ Die Filmförderung sei unabdingbar, um die Strukturen der deutschen Filmwirtschaft zu verbessern und die Vielfalt der deutschen Filmlandschaft zu erhalten. Der vorliegende Gesetzentwurf trage nun vor allem den technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Filmsektor Rechnung.
Sechs Monate statt bisher neun Monate
Eine der zentralen Änderungen der Novelle sei die Verkürzung der Sperrfrist für Video-on-Demand-Angebote: „Sie wird mit der Sperrfrist für DVD-Auswertung gleichgesetzt und kann danach zukünftig schon sechs Monate – und nicht wie bisher erst neun Monate – nach der Erstaufführung im Kino beginnen“, erklärte der Staatsminister für Kultur und Medien. Mit der Änderung solle dem geänderten Nutzungsverhalten Rechnung getragen werden.
Weitere Neuerungen betreffen die Projektfilmförderung und der Referenzfilmförderung. So soll im Rahmen der Projektfilmförderung eine Mindestförderquote festgeschrieben werden. Darüber hinaus ist geplant, die Referenzschwelle für Filme mit besonders hohen Herstellungskosten anzuheben. „Damit wollen wir der oft beklagten Filmflut und der Zersplitterung der Förderung entgegenwirken“, begründete Neumann die angestrebten Änderungen.
Barrierefreie Filmfassungen
Auch die Teilhabe behinderter Menschen an den geförderten Filmen solle verbessert werden. Zukünftig müssten von allen durch die Filmförderungsanstalt (FFA) geförderten Filmen auch eine barrierefreie Filmfassung mit Audiodeskription für sehbehinderte Menschen und Untertiteln für hörgeschädigte Menschen hergestellt werden, so Neumann. Darüber hinaus sehe die Novelle eine Ausweitung der Filmabgabe auf Video-on-Demand-Anbieter mit Sitz im Ausland vor. „Derzeit besteht ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für Unternehmen mit Sitz in Deutschland gegenüber solchen mit Sitz im Ausland. Letztere müssen bislang keine Abgabe leisten, obwohl auch sie zahlreiche deutsche Kinofilme anbieten.“
„Durch die Aufnahme der ‚Digitalisierung des Filmerbes’ in den Aufgabenkatalog der FFA wollen wir schließlich sicherstellen, dass auch angesichts der zügig voranschreitenden Digitalisierung der Kinos unser nationales Filmerbe weiterhin wirtschaftlich ausgewertet und öffentlich zugänglich gemacht werden kann“, sagte der Staatsminister, bevor er sich den Fragen der Abgeordneten stellte.
Kritik am „Trend zum Konsenskino“
So wollte als erste Fragestellerin wollte Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) wissen, wie der Staatsminister den Erfolg der bisherigen Filmförderung einschätze. In den Feuilletons werde ein „Trend zum Konsenskino“ konstatiert und „heftig kritisiert“, so die Bundesvorsitzende der Grünen, die im Bundestag unter anderem Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien ist. „Deutsche Filme sind auf internationalen Filmfestivals kaum vertreten. Was läuft nicht gut? Liegt es an den Autoren, den Regisseuren – oder an der Förderung?“, erkundigte sich Roth.
„Diese Frage unterstellt, dass es mit dem Erfolg der deutschen Filmförderung nicht wie her ist – und dem widerspreche ich ausdrücklich“, entgegnete Neumann. Gerade die vergangenen Jahre hätten bewiesen, wie erfolgreich die Förderung sei. Deutsche Filme seien sehr wohl auf internationalen Festivals vertreten, auch habe es in der Vergangenheit mehr Nominierungen für Preise gegeben, so der Staatsminister. „Seit Schlöndorffs Blechtrommel hat es zwanzig Jahre keine Oscar-Nominierung gegeben, 2006 hat ,Das Leben der Anderen’ von Florian Henckel von Donnersmarck sogar einen Oscar gewonnen.“
Mehr „authentische“ Kinderfilme fördern
Wolfgang Börnsen (CDU/CSU) bestätigte diese Haltung: „Das Filmland Deutschland hat sich positioniert. Es findet gerade auch im europäischen Ausland viel Unterstützung“, sagte der Abgeordnete. Er erkundigte sich daraufhin zum einen nach den geplanten Neuerungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit. „Die war doch schon Gegenstand der letzten Novelle. Was ändert sich nun?“
Zudem fragte der Christdemokrat nach den Möglichkeiten, die Förderung von Kinderfilmen durch die FFA auszubauen. „Was können wir tun, dass künftig authentische Stoffe eine größere Rolle spielen als Märchen?“ Im Hinblick auf den Aspekt ‚Barrierefreiheit’ antwortete Neumann, bisher habe man nur an die Firmen „appelliert“, nun aber „verpflichte“ man sie, „barrierefreie Fassungen herzustellen“.
Den Bedarf für eine stärkere Förderung von neuen Kinderfilmen sah auch der Kulturstaatsminister. „Es kann nicht sein, dass wir immer wieder Filme wie das ,Fliegende Klassenzimmer’ im Fernsehen sehen. Es müssen auch mehr Filme mit neuen Stoffen produziert werden, die Bezug zum Alltag von Kindern haben.“
„Themen statt Einzelpersonen fördern“
Kathrin Senger-Schäfer, medienpolitische Sprecherin der Linksfraktion, interessierte sich insbesondere für die Zukunft der filmberuflichen Weiterbildung der FFA. „Herr Neumann, Sie haben zuvor von der Zersplitterung der Förderung gesprochen. Wo sehen Sie die Ursachen – und wie soll es mit der Weiterbildung weitergehen?“, wollte sie wissen.
Der Staatsminister erklärte, es habe in der Vergangenheit im Bereich der Weiterbildung zu viele Einzelmaßnahmen gegeben. „Das war ein zerfleddertes System ohne Schwerpunkt“, monierte er. Ziel sei es daher, künftig stärker Themen statt Einzelpersonen zu fördern. Als Beispiel dafür nannte Neumann den Talentcampus auf der Berlinale.
„Telekommunikationsunternehmen integrieren“
Burkhardt Müller-Sönksen, medienpolitischer Sprecher der FDP, fragte nach der geplanten Neuregelung des Abgabensystems nach dem Filmförderungsgesetz. Nachdem es nicht möglich gewesen sei, die Telekommunikationsunternehmen wie auch schon die Kinobetreiber, die Fernsehanstalten, Vermarkter von Pay-TV-Programmen und die Videowirtschaft zu einer Abgabe zu verpflichten, sei es begrüßenswert, dass die Abgabe zunächst auf zweieinhalb Jahre begrenzt sein solle.
Der Liberale wollte wissen, welche „Roadmap“ die Bundesregierung verfolge, um die Telekommunikationsunternehmen dennoch zu beteiligen. Neumann bedauerte, dass eine rechtliche Regelung gescheitert sei. „Die Unternehmen profitieren schließlich davon, dass sie sie die Filme durchleiten.“ Deshalb setze er weiterhin auf „Gespräche“, kündigte der Staatsminister an. „Ich hoffe, sie so zu einem freiwilligen Beitrag zu bewegen.“
Kreative in den FFA-Gremien
Marco Wanderwitz (CDU/CSU) erkundigte sich nach der Besetzung der Gremien innerhalb der FFA. „Wie gut funktionieren sie Ihrer Einschätzung nach? Und woher kommt die Motivation, mehr Kreative in die Gremien zu holen?“, wollte der Abgeordnete wissen.
Neumann lobte die Zusammensetzung der Gremien. In der Vergangenheit habe sich zwar die Mitgliederzahl zum Beispiel des Verwaltungsrats erhöht. Doch das sehe er positiv: „Hier ist nun die ganze Branche abgebildet.“ (sas/07.11.2012)