„Die SPD plädiert für eine höhere Bankenabgabe“
Aus Sicht von Carsten Schneider muss die Bankenabgabe im Rahmen des Rettungsfonds SoFFin (Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung) höher ausfallen als von den Koalitionsfraktionen geplant. Nach dem Modell von Union und FDP kämen jährlich nur 500 Millionen Euro zusammen, die zur Abdeckung großer Verluste bei kriselnden Geldinstituten nicht ausreichten, so der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Interview. Am Freitag, 23. November 2012, stimmt das Plenum des Bundestages auf der Basis einer Vorlage der Koalitionsfraktionen (17/11138) über das dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz ab, mit dem der SoFFin bis Ende 2014 verlängert werden soll. Schneider ist Berichterstatter seiner Fraktion zu dem Gesetzentwurf. Das Interview im Wortlaut:
Herr Schneider, die Verlängerung des SoFFin erweckt den Eindruck, man müsse Gefahren abwenden, die den Kreditinstituten und damit deren Kunden drohen. Ist erneut und konkret mit Schieflagen bei Banken zu rechnen, auch mit Bad Banks?
Das ist eine berechtigte Frage, die ich meinerseits der Regierung gestellt habe. Schließlich haben Sachverständige gegenüber dem Haushaltsausschuss auf diese Gefahr hingewiesen. Die Regierung sieht jedoch keine konkreten Probleme, oder sie hat keine entsprechenden Erkenntnisse. Mir bereitet indes die kritische Lage einiger Landesbanken Sorgen.
Hilfen dürfen künftig nur noch Banken, nicht aber mehr Versicherungen erwarten. Ist die Versicherungsbranche so stabil, dass Risiken ausgeschlossen sind?
Das ist schwer zu beurteilen. Die Beschränkung von Unterstützungsmaßnahmen auf Banken begründet die Regierung mit dem Argument, bislang hätten nur Geldinstitute um SoFFin-Hilfen nachgesucht. Der Kreis der Antragsteller muss auch deshalb auf Kreditinstitute begrenzt werden, damit die Bankenabgabe zur Abdeckung von Verlusten ausreicht. Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, dass die von den Geldinstituten aufgebrachten Mittel nicht anderen Branchen wie der Versicherungswirtschaft zufließen dürfen. Ich fordere seit jeher die Haftung der Bankbranche für Verluste in diesem Sektor, weswegen ich der Beschränkung der SoFFin-Hilfen auf Kreditinstitute zustimme.
Wie bisher kann der SoFFin auch künftig Garantien von bis zu 400 Millionen Euro und Kredite von bis zu 80 Milliarden Euro gewähren. Ist dieser Finanzrahmen ausreichend? Oder könnte man diese Mittel reduzieren?
Würde man diese Summe ohne plausible Begründung reduzieren, wäre umgehend mit Spekulationen am Finanzmarkt zu rechnen. Da das Volumen des SoFFin in den Hochzeiten der Krise ausgereicht hat, sollte man es dabei belassen. Es handelt sich nur um einen Rahmen, der nicht ausgeschöpft werden muss und zunächst keine unmittelbaren Kosten für die Bundeskasse verursacht.
Nach dem neuen Gesetz soll die Geldbranche über die Bankenabgabe stärker zur Finanzierung von Rettungsmaßnahmen herangezogen werden, um die Steuerzahler zu entlasten. Dies erscheint sinnvoll. Trotzdem übt die SPD Kritik. Warum?
Zum einen gilt die Haftung der Banken über eine Abgabe nur für neue Risiken. Die alten Fälle, die den Steuerzahler enorm belasten, werden nicht erfasst. Die SPD hat schon 2008 eine Sonderabgabe für Kreditinstitute gefordert, damit die Branche selbst für Verlust einstehen muss, die sie einfährt. Die CDU hat das damals in der Großen Koalition verhindert. Zum anderen deckt die Haftung über eine Bankenabgabe gerade die teuersten Instrumente nicht ab, nämlich Rekapitalisierungsmaßnahmen oder Risikoübernahmen. Schließlich reicht die von der Regierung fehlerhaft konzipierte Bankenabgabe mit jährlich gerade einmal 500 Millionen Euro nicht aus, um große Verluste abzusichern. Die SPD plädiert für eine höhere Abgabe, vor allem durch jene Kreditinstitute, die hohe Risiken eingehen.
Anfang 2015 soll der SoFFin von einem EU-weiten Rettungssystem abgelöst werden. Warum eigentlich? Ist es nicht Aufgabe der einzelnen Staaten, eigenverantwortlich die eigenen Probleme zu lösen ohne das Geld anderer Länder in Anspruch zu nehmen?
Das Kernproblem sind Banken, die systemrelevant sind, also grenzüberschreitend tätig werden und enorme Risiken in ihren Bilanzen tragen. Bei den irischen und spanischen Banken hat sich gezeigt, dass nationale Regierungen nicht in der Lage sind, die Belastungen aus solchen Rettungsaktionen allein zu schultern. Es gilt, marode Banken so abzuwickeln, dass die Staaten und die Steuerzahler nicht belastet werden. Dazu ist ein EU-weites System nötig, und zwar schnellstmöglich. Die Verlängerung des SoFFin ist aber das Eingeständnis der Regierung, dass anders als vereinbart eine Einigung in Europa so schnell nicht möglich ist.
Kann der deutsche SoFFin ein Vorbild für ein EU-Modell zur Stützung kriselnder Staaten sein?
Die wichtigste Herausforderung ist die Schaffung eines europaweit einheitlichen Restrukturierungs- und Abwicklungsrechts für Banken. Der SoFFin soll mit seinen Rettungsmaßnahmen präventiv dramatische Crashs von Geldinstituten verhindern. Das ist in Krisenzeiten gerechtfertigt, aber auch nur dann. Ein dauerhaftes Instrument dürfen Hilfsmaßnahmen nach SoFFin-Muster nicht werden, da die Bankenrettung keine Staatsaufgabe ist. Deshalb lehnt es die SPD auch ab, den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM von einem Staatenrettungsfonds in einen Bankenrettungsfonds umzuwandeln. Das müssen die Kreditinstitute über einen Bankenhaftungsfonds selbst organisieren.
(kos/16.11.2012)