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Wirtschaftliche Zusammenarbeit

Kooperation von Lidl und GIZ in Bangladesch im Visier

Karin Roth ist Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Karin Roth ist Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. (DBT/Katrin Neuhauser)

Ausbau der Höchstspannungsnetze, Ankauf von Steuer-CDs, Menschenrechtsbeobachter in Mali – nur drei von vielen unterschiedlichen Themen, zu denen die Abgeordneten insgesamt 87 Fragen für Fragestunde des Bundestages (17/12162) am Mittwoch, 30. Januar 2013, um 14 Uhr eingereicht haben. Karin Roth (SPD), Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, will sich dann nach der Zusammenarbeit des Discounters Lidl und der bundeseigenen Entwicklungsorganisation Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Bangladesch erkundigen. Diese ist dort an zwei sozialen Projekten des Discounters beteiligt. Warum sie das skeptisch sieht, erklärt die Esslinger Bundestagsabgeordnete im Interview:


Frau Roth, Lidl wurde in der Vergangenheit oft kritisiert, weil er in Bangladesch unter miserablen Arbeitsbedingungen Textilien herstellen lässt. Heute finanziert der Discounter dort Trainingsmaßnahmen zur Wahrung von Arbeiterrechten sowie einen ärztlichen Dienst, der durch die GIZ angeboten wird. Das klingt doch gut– wieso ist das ein Thema für die Fragestunde?

Ganz einfach, weil ich überprüfen möchte, wie und ob der Einsatz öffentlicher Gelder Wirkung zeigt. Es ist ja nicht nur Lidl, sondern es sind auch viele andere Unternehmen, darunter Aldi und Kik, die in Bangladesch Textilien fertigen lassen. Wenn so ein Engagement wie von Lidl wirklich eine gute Sache ist, dann frage ich mich schon, warum das Unternehmen es nicht vollständig selbst finanziert, sondern dafür auch das Geld der Bundesregierung braucht – und damit das Geld der Steuerzahler.

Sie fragen konkret nach dem finanziellen Umfang des Projekts, der Kostenaufteilung zwischen GIZ und Lidl und wie viele Beschäftigte bislang geschult wurden. Ich höre Zweifel heraus: Sollte sich die GIZ Ihrer Meinung nach nicht mehr an solchen Unternehmensprojekten beteiligen?  

Selbstverständlich kann die GIZ mit Unternehmen kooperieren. Es spricht nichts dagegen, wenn sie beispielsweise die Unternehmen berät – die Frage ist nur, wer für die Projekte zahlt und welche Wirkung sie haben. Führen die Projekte dazu, dass die Menschen besser qualifiziert sind – und dadurch auch einen höheren Lohn bekommen? Ändern sich die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen? Unser Ziel ist, einen Prozess der Einhaltung von Menschenrechten zu fördern – dazu gehören auch Arbeitsbedingungen, die nicht gegen die ILO-Mindestnormen verstoßen.

Sie meinen die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, die unter anderem das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowie die Freiheit, Gewerkschaften zu gründen, umfassen.

Genau. Ich war selbst in Bangladesch und habe gesehen, dass in vielen Unternehmen keine Gewerkschaften zugelassen sind. Viele Gewerkschafter, die Mindestlöhne eingefordert haben, mussten sogar dafür mit ihrem Leben bezahlen.

Auch in den Unternehmen, in denen Lidl nähen lässt, scheinen die Arbeitsbedingungen sich noch nicht gravierend verändert zu haben. Kritiker nannten das Projekt eine „Alibimaßnahme“.  Fürchten Sie um den guten Ruf der GIZ?

Ich fürchte, dass wir keinen großen Durchbruch erzielen und mit den Beratungsleistungen letztlich ein Alibi organisieren. Deswegen auch meine Nachfrage: Es geht mir darum, dass sich die GIZ als Durchführungsorganisation im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit nicht hergibt für eine Sache, die am Ende nicht wirkt.

Was wäre denn wirkungsvoller?

Unternehmen wie Lidl, Aldi und Kik haben die Möglichkeit, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, wenn sie den Firmen, die sie dort beauftragen, Auflagen zu den Arbeitsbedingungen machen. Werden diese nicht erfüllt, werden die Aufträge storniert. So ein Vorgehen würde schnell Wirkung zeigen – und vor allem nicht nur in einem Unternehmen, sondern in der ganzen Industrie. Darum geht es doch: flächendeckende Wirkung statt einzelner Maßnahmen. Deshalb stelle ich auch die Frage, wie viele Menschen von dem Projekt profitieren. Wenn es nur ein paar Hundert sind – dann ist das gar nichts.

Was erwarten Sie von der Bundesregierung?

Ich erwarte, dass sie im Rahmen eines Dialogs über die soziale Verantwortung im Bereich der Bekleidungsindustrie Verabredungen und Vereinbarungen schließt, damit die Unternehmen aus deutscher oder europäischer Sicht Mindeststandards in der Produktion einfordern – als Teil einer sozialorientierten, menschenrechtsorientierten Menschenrechtspolitik.

(sas/29.01.2013)

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